Was will Bayern mit Robert Lewandowski? Seit Tagen und Wochen halten sich die Gerüchte, dass der BVB-Starstürmer zum FC Bayern wechseln könnte. Manche Experten... Der FC Bayern München und Robert Lewandowski (1) – Echte Verstärkung oder Luxus-Ergänzungsspieler?

Bayern MünchenWas will Bayern mit Robert Lewandowski? Seit Tagen und Wochen halten sich die Gerüchte, dass der BVB-Starstürmer zum FC Bayern wechseln könnte. Manche Experten sprechen von einem tollen Transfer, falls er denn stattfindet. Lewandowski gilt für viele als hervorragender Mittelstürmer, der auf höchstem Niveau den Unterschied ausmachen kann. Außerdem soll er ideal zur Spielphilosophie Josep Guardiolas passen, wie mancher Experte, wie zum Beispiel Thomas Berthold, unlängst erklärte. Mario Gomez beispielsweise soll technisch zu schwach dafür sein.

Andere wiederum halten den Wechsel für unsinnig. Mats Hummels deutete an, es wären nur Gerüchte, die vor dem DFB-Pokalspiel verunsichern sollen und sich danach legen würden. Die meisten Kritiker sehen nicht einmal eine signifikante Verbesserung durch Lewandowski gegenüber Gomez. Beide sind wie Mario Mandzukic eher klassische Mittelstürmer, während Guardiola eher einen quirligen, kreativen Akteur à la Lionel Messi haben wollen würde; hier wären eher die Gerüchte um Luis Suarez vom FC Liverpool oder dem brasilianischen Jungstar Neymar vom FC Santos interessant.

Der Unterschied ist bei ihnen aber klar. Wir widmen uns also lieber der Frage – wieso Lewandowski? Wir vergleichen ihn dabei mit den zwei aktuellen Stammstürmern des FC Bayern und auch mit einem Akteur aus der englischen Premier League, der bei den Bayern im Gespräch war und nun als potenzieller Nachfolger von Lewandowski gilt: Edin Dzeko. In der folgenden Betrachtung vergleichen wir ihre Fähigkeiten.

Eigenschaft 1: Pressing

Vielerorts gilt sie bereits als wichtigste Eigenschaft des modernen Fußballs. Wie stark ist ein Spieler im Pressing, wie laufstark und geschickt agiert er in den Zweikämpfen? Dies ist ein Aspekt, der an Mario Gomez beispielsweise mehrmals kritisiert  wurde. Dabei war der Bayer unter Louis van Gaal enorm stark in dieser Beziehung; seine Stärken liegen dabei im sogenannten „Rückwärtspressing“. Gomez erkennt Situationen sehr gut, in denen er mit seiner körperlichen Stärke und Geschwindigkeit einen der zentralen Mittelfeldspieler des Gegners attackieren kann.

Der Unterschied zu Lewandowski besteht dabei in der Art dieses Pressings. Lewandowski und auch Mandzukic sind im Rückwärtspressing vielleicht sogar unterlegen, aber diese Art von Pressing wird bei ballbesitzorientierten Mannschaften gar nicht so gefragt. Mandzukic schaltet zum Beispiel im Gegenpressing – dem Attackieren des Gegners nach Ballverlusten – schneller als Gomez und attackiert dabei die Räume sehr gut. Im normalen Pressing dürfte aber Lewandowski der stärkste sein.

Der Pole wurde in dieser Beziehung von Jürgen Klopp und dem Dortmunder Spielsystem in den letzten Jahren hervorragend geschult. Er stellt während des Anlaufens des ballführenden Gegenspielers sehr gut die Anspielstationen für ihn zu und nutzt seinen Deckungsschatten wohl am Effektivsten. Dabei ist es nicht nur eine Frage des Talents; einigen Fußballern ist dieser Aspekt vermutlich nicht einmal bewusst, weil er bislang in ihren Mannschaften nicht gefragt war.

Edin Dzeko ist vermutlich auch deswegen in sämtlichen Kategorien der Schwächste dieser vier. Mandzukic würde vermutlich sehr knapp hinter Lewandowski landen. Der „Top-Spieler“ in dieser Kategorie zeigt aber auch, dass es wohl kein allzu großes Problem sein dürfte – es geht eher um die individualtaktische Schulung in diesem Bereich, das taktische Eintrainieren seiner Rolle im kollektiven Pressing und die nötigen mentalen wie körperlichen Voraussetzungen in diesem Bereich.

Auch wenn Dzeko wohl nie so spritzig wie Mandzukic, so bullig und athletisch wie Gomez oder so geschickt und robust wie Lewandowski werden wird, hat er physisch und psychisch keine größeren Nachteile, die ihm ein Pressingspiel auf hohem Niveau verwehren würden. Als Ersatz für Lewandowski könnte er somit zwar Umstellungsprobleme haben, aber relativ schnell ein akzeptables Niveau mitbringen – auch wenn er das Niveau des Polen wohl kaum erreichen können wird.

Eigenschaft 2: Das Öffnen von Räumen

Ein nächster wichtiger Aspekt im Kollektivspiel ist das Öffnen von Räumen für die Mitspieler. Der Mittelstürmer trägt heutzutage zwar nach wie vor in den meisten Topmannschaften die Hauptlast beim Abschluss von Angriffen, doch um die Torausbeute der Mannschaft zu maximieren und die Torgefahr der vielen inversen und diagonalen Flügelstürmer zu nutzen, soll er flexibel sein. Ein starrer Strafraumstürmer ist nicht mehr gefragt.

Bestes Beispiel ist dafür wohl Mario Mandzukic. Der Kroate zieht im Spiel der Bayern sehr häufig aus seiner Position in der Mitte auf die Flügel und übernimmt dort die Rolle der eigentlichen Flügelstürmer. Gleichzeitig zieht er die Innenverteidiger mit auf die Seite und ermöglicht Lücken, sodass Flügelspieler wie Franck Ribery abschließen können.

Besonders hilfreich waren seine Läufe für Thomas Müller. Dieser infiltrierte diese Lücken und konnte mehrmals Flanken oder Pässe aus der Tiefe, beispielsweise von Toni Kroos oder dem schon erwähnten inversen Ribéry, verwerten. Müllers Torausbeute ist nicht nur auf seinen Abschluss und seine herausragende Spielintelligenz zurückzuführen, sondern fußt auch auf der intelligenten Laufarbeit Mandzukics.

Ähnliches kann man beim BVB und Robert Lewandowski beobachten, wenn auch nicht so extrem. Lewandowskis ausweichende Horizontalbewegungen finden meistens im Umschaltspiel statt, um eine gute Position zu erlangen, was seine Anspielbarkeit erhöht. Gelegentlich gibt es sie aber auch im Positionsspiel, wo er dann Räume für die beweglichen Flügelstürmer öffnet. Bei den Dortmundern gehen die Außenstürmer, insbesondere natürlich Marco Reus oder auch Jakub Blaszczykowski, viel in die Halbräume oder gar in die Mitte. Dort suchen sie dann den Weg für Sprints in die Tiefe oder versuchen sich anspielbereit zu machen; dabei hilft ihnen Lewandowski.

Abermals fallen hier Mario Gomez und Edin Dzeko ab. Bei beiden ist aber nicht klar, ob sie es nicht könnten – Dzeko erledigte diese Aufgaben im Wolfsburger Trikot durchaus auf hohem Niveau für Sturmpartner Grafitè und machte die Pässe von Zvijezdan Misimovic auf diesen möglich. Auch Gomez ist hierbei nicht schwach, war früher wie schon im Pressing noch bewegungsintensiver – momentan sieht man dies jedoch aufgrund der taktischen Ausrichtung der Mannschaft seltener.

Spielt Gomez, wird das Bayern-Spiel etwas stärker auf ihn ausgerichtet. Desweiteren ist Gomez zwar kein Raumöffner wie Mandzukic, aber kann dem Spiel fast schon unnachahmlich viel Tiefe geben. Immer wieder drängt er Innenverteidiger noch den einen oder anderen Schritt zurück, setzt seinen Körper gut ein und bewegt sich in Schnittstellen – was letztlich auch Räume im Zwischenlinienraum für dribbelnde Akteure wie Robben  eröffnet. Aktuell ist es wohl hier ebenfalls Dzeko, der am schwächsten einzustufen ist; aber es ist schwierig zu beurteilen, wie seine Rolle in einem anders ausgelegten System aussehen würde. Potenziell dürfte er in dieser Kategorie überaus stark sein.

René Maric, www.abseits.at

Rene Maric

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