Wir werfen für euch einen Blick auf die Umstände der Heynckes-Verpflichtung, dessen taktische Ausrichtung im Triple-Jahr sowie die Rolle von Uli Hoeneß. Es gibt... Die Rückkehr von Jupp Heynckes: Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit

Wir werfen für euch einen Blick auf die Umstände der Heynckes-Verpflichtung, dessen taktische Ausrichtung im Triple-Jahr sowie die Rolle von Uli Hoeneß.

Es gibt Meldungen, die einen zunächst überraschen, gleichzeitig aber absolut folgerichtig wirken. Die Entscheidung des FC Bayern, ihren ehemaligen Trainer Jupp Heynckes aus seinem wohlverdienten Ruhestand zu holen, ist so eine. Erst glaubt man seinen Augen nicht zu trauen: Schon wieder Heynckes? Sind die Bayern wirklich so einfallslos oder gar verzweifelt? Denn einen 72-Jährigen zu reaktivieren wirkt zunächst wie eine Verzweiflungstat. Dann folgt plötzlich die Einsicht: Stimmt, wenn man die gewohnten Bayern-Parameter anlegt – wer hätte es sonst werden sollen, außer „Don Jupp“, der die Münchner 2013 zum Triple, und damit zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte führte.

Ähnliche Erfolge werden von Heynckes nun natürlich nicht erwartet. Vielmehr lautet sein kurzfristiger Auftrag, die atmosphärischen Risse zu kitten, die sich durch den Kader des deutschen Rekordmeisters ziehen. Die Absicht der Bayern ist klar: Heynckes soll mit seiner Art der Führung, die  zuletzt für ihre Wärme und Menschlichkeit bekannt war – das war übrigens nicht immer so -, das schlingernde Team wieder auf Kurs bringen. Etwaige Titel werden dabei natürlich gerne mitgenommen. Ab dem Sommer 2018 soll dann Julian Nagelsmann dem FC Bayern ein jugendliches und innovatives Image verpassen.

Die Entscheidung für Heynckes ist aber auch eine nostalgische. Sie steht für die Sehnsucht nach der guten alten Zeit. Bereits die Zeit unter Pep Guardiola war dem familiären Teil der Bayernseele ein Dorn im Auge, zu technokratisch und perfektionistisch zeigte sich der Katalane bei seinen Entscheidungen. Die Verpflichtung von Carlo Ancelotti sollte dem Verein wieder ein warmes und menschliches Antlitz geben. Sportlich hat es nicht gepasst: Ancelotti wurde nach einem Meistertitel in der letzten Saison heuer bekanntlich zu einem so frühen Zeitpunkt entlassen, wie noch kein Bayerntrainer vor ihm. Nun soll es also der ultimative emotionale Heizstrahler Heynckes richten, der wie wenige andere Trainer die vermeintlichen rot-weißen Tugenden verkörpert.

Einem Thomas Tuchel haben die Bayern es scheinbar nicht zugetraut, die gewünscht Herzenswärme zu entfachen, die die akuten Probleme rasch lösen soll. Auch wenn beide Parteien sich angeblich ausgetauscht haben, kam man nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Dabei wäre Karl-Heinz Rummenigge der Lösung Tuchel wohl nicht abgeneigt gewesen. Glaubt man diversen Einschätzungen der deutschen Presse, konnte sich aber vor allem Uli Hoeneß nicht für den als menschlich schwierig geltenden ehemaligen Trainer von Borussia Dortmund erwärmen. Es wird bereits von einem Riss im Verein gesprochen, der nicht nur durch die Mannschaft, sondern mittlerweile auch durch Führungsetage geht. Mit der Installierung seines Freundes Heynckes setzte nämlich eben Hoeneß seinen Willen durch – wie so oft nach seiner zunächst viel umjubelten Rückkehr als Präsident.

Hoeneß wirkt dabei wie ein Priester, der versucht seine Gemeinde in einer Welt, die vom schnöden Mammon regiert ist, auf Kurs zu halten. Mantra-artig predigt er dabei, die jüngsten turbokapitalistischen Entwicklungen in Fußball nicht mitmachen zu wollen. Dabei war er einst selbst einer der ersten Turbokapitalist im deutschen Profifußball. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Das Erscheinen von neureichen Playern, wie Paris St. Germain oder Manchester City, hat Hoeneß` Weltbild scheinbar nachhaltig irritiert. Es hat schon fast etwas kindlich naives, wenn Hoeneß sagt, die Investoren werden schon bald von selbst verschwinden, wenn sich für ihre Vereine nicht der gewünschte Erfolg einstellt. Auf Grundlage dieser und ähnlichen Aussagen, liegt der Schluss nahe: hier hat jemand eventuell den Anschluss an den modernen Fußball verloren.

Als Medizin gegen die jüngsten Auswüchse des Geschäfts, versucht Hoeneß offensichtlich so viele Menschen mit einer Bayern-Vergangenheit in den Verein zu holen, wie nur möglich. Beispiele wären die Einstellung von Hasan Salihamdizic und Willy Sagnol als Sportdirektor respektive Assistenztrainer. Auf Fachkompetenz wird dabei erst mit den zweiten Blick geachtet. Gerade die Jobbeschreibung von Salihamidzic wirkt dabei eher wie die eines Animateurs einer spanischen Ferienanlage – er soll vor allem für eine gute Stimmung in der Kabine sorgen. Jemanden, der einen langfristigen sportlichen Plan entwickelt, den braucht Hoeneß nicht. Denn Uli Hoeneß traut das immer noch vorwiegend einem Menschen zu: Uli Hoeneß.

Aber: Es ist dabei natürlich nicht ausgeschlossen, dass Jupp Heynckes genau der richtige Mann, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort ist. Er hat schon des Öfteren bewiesen, schwierige Mannschaften zu einen, und so zum Erfolg zu führen. Heynckes nur auf den menschlichen Aspekt zu reduzieren, würde seiner Eigenschaft als Fußballfachmann aber nicht gerecht werden. Auf dem Höhepunkt 2013 ließ er auch mit 69 Jahren einen Fußball spielen, der absolut State of the Art war. In der Defensive fiel der FC Bayern durch intelligentes Pressing – etwas, dass unter Ancelloti vernachlässigt wurde – und  durch die Fähigkeit, die gegnerischen Passoptionen zu minimieren auf. Vor allem die Doppelsechs bestehend aus Javi Martinez und Bastian Schweinsteiger leistete hier wertvolle Arbeit. Heynckes adaptierte dabei die taktische Arbeit, die sein Vorgänger Louis van Gaal bereits geleistet hatte. Inspiriert von Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp, implementierte Heynckes auch ein effektives Gegenpressing, wobei den Außenverteidigern Philipp Lahm und David Alaba wichtige Rollen zukamen. Das Spiel der Bayern unter Heynckes zeichnete sich zudem durch eine hohe taktische, wie spielerische Flexibilität aus. In der Bundesliga war das Team in der Lage, den Gegner durch Ballbesitz zu dominieren; während man in der Champions League gegen sehr starke Gegner situationsbedingt Konterfußball betrieb.

Es wird interessant zu sehen sein, ob Heynckes es noch einmal schafft, die Bayern spielerisch und taktisch voranzubringen. Die Gefahr, sein Lebenswerk mit einem insgesamt schlechten Abschneiden zu ruinieren, besteht für Heynckes jedenfalls nicht. Dafür hat er mit dem Triple eine viel zu große Benchmark in der Bayerngeschichte gesetzt. Falls der Plan mit Heynckes jedoch aufgeht, dann wird sich Hoeneß wieder in seinem Handeln bestätigt sehen. Ob dies so vorteilhaft für die weitere Entwicklung des Vereins wäre, sei einmal dahin gestellt.

Ral, abseits.at

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