Neben der heimischen tipico-Bundesliga und der deutschen Eliteliga ist wohl keine Spielklasse für Marcel Koller derart interessant wie die 2. deutsche Bundesliga. Schließlich tummeln... „Löwen“ zähmen leicht gemacht – Fortuna siegt ohne Probleme bei 1860

Fortuna DüsseldorfNeben der heimischen tipico-Bundesliga und der deutschen Eliteliga ist wohl keine Spielklasse für Marcel Koller derart interessant wie die 2. deutsche Bundesliga. Schließlich tummeln sich dort in zahlreichen Klubs (potentielle) Nationalteamakteure, denen es genau auf die Beine zu schauen gilt. Auch in der 41. Saison reißt der Boom rund um die Liga nicht ab, die extrem ausgeprägte Ausgeglichenheit der. deutschen Bundesliga ihren Reiz.

Reck durch Verletzungen zu Umstellungen gezwungen

Oliver Reck war am Montagabend definitiv nicht um seinen Job zu beneiden. Neben Adam Bodzek musste er auch noch Sergio Pinto und Lukas Schmitz vorgeben. Letzterer hatte sich einen Zehenbruch zugezogen. So agierte Routinier Bellinghausen auf der für ihn ungewohnten Position des Linksverteidigers. Bedingt durch die Ausfälle in der Zentrale, feierte Urgestein Andreas „Lumpi“ Lambertz nach langer Verletzungspause sein Startelf-Comeback. Die Verletzung von Sergio Pinto, war auch gleichbedeutend mit einer neuerlichen Chance für ÖFB-Legionär Gartner, der zuletzt oftmals nur die zweite Geige spielte. An vorderster Front erhielt Edeljoker Pohjanpalo den Vorzug gegenüber Erwin Hoffer. Im 4-3-2-1 System der Fortunen kam Gartner auf der rechten Position der Dreierkette vor der Abwehrreihe zum Einsatz.

Markus von Ahlen hingegen schickte beinahe dieselbe Elf auf den Rasen, die in der Vorwoche überraschenderweise den VfL Bochum bezwungen hatte. Tomasov sprang kurzfristig für Valdet Rama in die Bresche. Moniz‘ Lieblingsschüler Leonardo erhielt erstmals nach dem Rauswurf des Niederländers eine Chance, stand im Kader, wenngleich er vorerst nur auf der Ersatzbank Platz nahm.

„Löwen“ erwischen einen echten Kaltstart

Zugegeben, die Hausherren legten einen kapitalen Fehlstart hin. Bereits nach dem ersten Corner von Gartner musste Schlussmann Ortega das Leder aus dem Netz holen. Okotie verlängerte die Hereingabe unglücklich mit dem Kopf an den zweiten Pfosten, wo Soares mit grenzwertigen Mitteln das Kopfballduell gegen Schindler für sich entschied. In weiterer Folge der ersten Hälfte, wussten die „Sechzger“ lange nicht wie Ihnen geschah, die Gäste drängten mit Nachdruck auf das vorentscheidende 2:0. Die Fortunen spielten die Hausherren in den ersten 20 Minuten förmlich an die Wand, die „Löwen“ brachten keinerlei Entlastung zu Stande.

Passstatistik LiendlMit einer neuerlich guten Leistung, was sowohl Pass-als auch Zweikampfwerte anbelangt, machte Michael Liendl von sich reden. Vor 56 Pässen fanden 44 ihr Ziel, dies ist mit einer guten Quote von 80,4% gelungenen Zuspielen gleichzusetzen. Die Grafik verdeutlicht, dass der Steirer nicht nur einfache Pässe schlug, sondern auch oftmals welche hinter die Abwehr bzw. in die Schnittstellen riskierte. Die Intention dieser teils riskanten Zuspiele lag natürlich darin, den schnellen Pohjanpalo In Szene zu setzen. Dieses Unterfangen war vor allem in der Anfangsphase auch das eine oder andere Mal von Erfolg gekrönt, in diesen Situationen wurde Liendls tolles Gefühl im Fuß immer wieder augenscheinlich. Zu einem wirklich gefährlichen Abschluss reichte es für den finnischen Nationalspieler jedoch nicht.

Passstatistik GartnerChristian Gartner bot ebenso eine grundsolide, bemühte Vorstellung. Der Ex-Mattersburger präsentierte sich robust in den Zweikämpfen und entschied 66,7 % seiner Duelle für sich. Rückkehrer Andreas Lambertz spulte ein beachtliches Laufpensum von 12,5 km ab und bewies, dass Urgesteine nicht zwangsläufig zu bröckeln beginnen müssen. Lambertz ging voran und füllte die Kapitänsrolle wie in guten alten Zeiten aus. Zudem hatte er großes Pech, als nach Liendl-Maßflanke in den Rücken der Abwehr seine Abnahme nur an die Latte klatschte.

1860 wählt das falsche Konzept

Der Matchplan der „Sechzger“ sah offenbar vor, die rechte Seite zu überladen und gegen Aushilfslinksverteidger Bellinghausen zum Erfolg zu kommen. Der Routniner stand im Duell mit dem schnellen, agilen und vor allem ausdauernden Martin Angha seinen Mann und gewann 48,6 % seiner Zweikämpfe. Der 31-Jährige, der für gewöhnlich das Spiel der Fortunen im Mittelfeld ankurbelt, ist nach Sebastian Polter jener Akteur, der am häufigsten sprintet. Er zündete auch in der Allianz-Arena starke 30-mal den Turbo. Angha lief zwar unermüdlich an, sich aber auch immer wieder fest. Nach Ballverlusten des ehemaligen Nürnbergers schaltete sich Bellinghausen seinerseits in die Offensivbemühungen ein.

Heatmap: Angha vs. Wittek

Heatmap: Angha vs. Wittek

Die Hausherren waren für die Reck-Schützlinge auch deshalb leicht auszurechnen, weil sie bis Mitte der zweiten Halbzeit die linke Seite völlig verhungern ließen, sich über rechts aber immerfort die Zähne ausbissen. Die Präferenz für den rechten Flügel zeigt nicht nur die Grafik, sie schlägt sich auch deutlich in den statistischen Werten der beiden Außenspieler im hellblauen Trikot nieder. Während Jungspund Maximilian Wittek nur 55-mal den Ball am Fuß führte, kam sein Pendant auf der anderen Seite auf stolze 90 Ballkontakte und spielte 43 Passes. Jedoch konnten nur schwache 62,8 % auch tatsächlich von einem seiner Mitstreiter entsprechend weiterverarbeitet werden. Dieser Umstand erklärt sich auch ein Stück weit aufgrund der eintönig und einfältig wirkenden Spielanlage der Münchner. Angha schien an diesem Abend die einzige Trumpfkarte zu sein, Adlung der das Spiel im Mittelfeld lenken und tragen sollte, präsentierte sich zwar durchaus umtriebig, allerdings gelang es ihm nicht, den Angriffen der „Löwen“ ein überraschendes Element hinzuzufügen, für unerwartete Lösungen zu sorgen.

Matchplan der Von Ahlen-Truppe und das sture Festhalten daran werfen Fragen auf

Okoties Kopfbälle

Okoties Kopfbälle

Angha, der das gesamte Spiel hindurch gesucht und gefunden wurde, sollte in der Mitte Sturmspitze Rubin Okotie mit Bällen füttern. Der Schweizer schlug auch ungeachtet seiner vielen vereitelten Versuche starke fünf Flanken, doch der Österreicher stand gegen das großgewachsene Innenverteidigerduo Tah und Soares von Anpfiff weg auf total verlorenem Posten. Dies ist aufgrund der Gardemaße und der Kopfballstärke des Duos nicht weiter verwunderlich. Erst als der Druck des Aufstiegskandidaten Mitte der ersten Halbzeit ein wenig abflaute, starteten die Giesinger erste zaghafte Versuche das Mittelfeld spielerisch zu überbrücken. Bis dahin und mehr oder minder auch die gesamte zweite Hälfte hindurch hatten die Hausherren den langen hohen Ball in die Spitze als Mittel ihrer Wahl für die Spieleröffnung auserkoren, wie die nebenstehende Grafik verdeutlicht.

Die Kopfbälle der Düsseldorf-Verteidiger Soares und Tah

Die Kopfbälle der Düsseldorf-Verteidiger Soares und Tah

Dieses Mittel erwies sich allerdings in keiner Phase als wirklich probat, die beiden Innenverteidiger hatten leichtes Spiel gegen einen sich aufreibenden Okotie. Dienst nach Vorschrift reichte absolut aus, um jegliche Gefahr vom eigenen Tor fernzuhalten. Die Lebensversicherung der „Löwen“ konnte aufgrund der mangelnden Unterstützung aus dem Mittelfeld ihre Gefährlichkeit nie entfalten, für ein derart staubtrocken agierendes Innenverteidigergespann war die Spielanlage der Münchner wie gemalt. Youngster Tah, der vom HSV ausgeliehen ist, behielt in 80 % seiner Zweikämpfe die Oberhand, Soares erwies sich zwar als nicht ganz so kompromisslos, ließ aber ebenso nie wirklich etwas anbrennen.

1860 brachte nur eine Flanke an den Mann...

1860 brachte nur eine Flanke an den Mann…

Die Wahl des Mittels um zum Erfolg zu gelangen, wird aus Sicht der „Löwen“ noch unverständlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass nur eine einzige Flanke erfolgreich an den Mann gebracht wurde. Unsere Grafik belegt dieses Dilemma. Okotie konnte nur einen einzigen Torabschluss verbuchen, nach schöner Ballannahme scheiterte er aus der Drehung mit einem letztlich ungefährlichen Versuch an Rensing – eindeutiger Nachweis dafür, wie es um die Qualität der Offensivaktionen der „Sechzger“ bestellt war. Da seine Mitspieler keine wirkliche Gefahr ausstrahlten und Kombinationen kaum fruchteten, konnte sich der Defensivverbund der Rheinländer voll und ganz auf den 27-Jährigen, aktuell Toptorjäger, fokussieren.

Fortuna überlässt 1860 das Feld – Leonardo kann keine entscheidenden Impulse mehr setzen

Bei so manchem Zuschauer in der Allianz-Arena werden wohl die Alarmglocken geschrillt haben. Selbst als die Fortuna einen Gang zurückschaltete, die Kontrolle und den Zugriff im Mittelfeld verlor, vermochten Adlung und Co. nicht mehr zuzusetzen. Die Spielanteile erhöhen sich zwar gegen Ende der Partie merklich, das verzweifelte Anrennen wirkte jedoch planlos und unkoordiniert. Bis zuletzt rückten die „Löwen“ nicht vom Plan ab, mittels Flankenbällen das Glück zu erzwingen. Die Hausherren verstanden es jedoch nicht, die Düsseldorfer ins Laufen zu bringen, das Leder kontrolliert in den eigenen Reihen laufen zu lassen, um so Lücken in die Hintermannschaft zu reißen. Das statische, monotone und behäbige Spiel der „Sechzger“ brache Rensings Vorderleute nie in echte Verlegenheit, die Reck-Elf kontrollierte nach Belieben und hatte das Match stets fest im Griff.

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Die Fortuna tat jedoch nicht mehr als nötig, beschränkte sich vornehmlich darauf, die Angriffsbemühungen des Gegners zu unterbinden. Gartner, Avevor und Lambertz fielen nach der Pause etwas ab, da Liendl und Benschop, die hinter Pohjanpalo agierten, den Gegner nicht mehr so konsequent und aggressiv in seinem Aufbauspiel störten. Zum Lancieren eigener gefährlicher Konter reichte es angesichts aufkommender Ungenauigkeiten im Passspiel nicht mehr, in der Endphase entwickelte sich mehr und mehr eine Pattstellung im Mittelfeld. Die Fortuna wollte und musste nicht, die Münchner konnten schlicht und einfach nicht. Bei den Hausherren konnte auch der eingewechselte Leonardo nicht mehr die Wende herbeiführen, der Brasilianer vermochte keine entscheidenden Impulse zu setzen, er fügte sich ins uninspirierte Spiel der „Sechzger“ ein.

Fazit

Ideenlose „Löwen“ scheitern nicht nur an Düsseldorf, sondern auch an sich selbst. Die Rheinländer legten los wie die Feuerwehr und belohnten sich früh. Das überfällige 2:0 fiel nicht, sodass schwache Münchner stets im Spiel blieben. In Hälfte zwei agierte die Reck-Elf im Stile einer Spitzenmannschaft, feierte ohne sich zu verausgaben einen verdienten und nie gefährdeten Auswärtserfolg. Die Hellblauen ließen neben Variantenreichtum auch die nötige Qualität vermissen, um nach dem Seitenwechsel aus dem gewährten Raum entsprechend Kapital schlagen zu können.

Der TSV 1860 München verpasste so den zweiten Heimsieg der Saison, die „Löwenbändiger“ hingegen verkürzten mit einem weiteren Auswärtssieg den Abstand zu Leader Ingolstadt.

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David Kühhas

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