Ein Schritt zurück brachte schon so manch einen Kicker, dessen Karriere zu stocken drohte, wieder vorwärts. Bestes Beispiel aus österreichischer Sicht war zuletzt Marc... It’s Derby Time – Kann Andreas Weimann zu alter Stärke zurückfinden?

Andreas Weimann (Aston Villa)Ein Schritt zurück brachte schon so manch einen Kicker, dessen Karriere zu stocken drohte, wieder vorwärts. Bestes Beispiel aus österreichischer Sicht war zuletzt Marc Janko und dessen Australien-Abenteuer, das in Basel und somit in der Champions League endete. Auch Andreas „Andy“ Weimann wagte einen ähnlichen Schritt und stieg in die aus österreichischer Sicht eher wenig beachtete zweite englische Liga runter.

Andy Weimann und der „Rückschritt“

Der 24-jährige Wiener spielte sechs Saisonen in Birmingham bei Aston Villa und war in den letzten Jahren meist in der Stammformation gesetzt. Bis Februar diesen Jahres. Seit dem Trainer-Wechsel von Paul Lambert zu Tim Sherwood trieb sich der Stürmer meist nur mehr auf den Ersatzbänken Englands, statt im Strafraum herum. Mit dem Wechsel zu Derby, kann er sich nun bei einem offensivausgerichteten Aufstiegskandidaten der Championship neu beweisen. Dort sollte er wieder vermehrt Einsatzzeiten bekommen und während im Abstiegskampf die Tormöglichkeiten überschaubar waren, könnte er sich bei Derby seine Offensivstärken wieder ausspielen, wo man ja zwangsläufig zu deutlich mehr Torchancen kommen wird als bei Villa. In den letzten beiden Spielzeiten wurde die 80-Treffer-Marke vom Verein jeweils locker überschritten – wenn auch in einer Liga mit 46 Saisonpartien. Immerhin ist auch der Tapetenwechsel überschaubar. Sein neuer Klub liegt keine 50 Meilen von Birmingham entfernt.

Mit 24 Jahren steckte Weimann jetzt erstmals vor einer Karrierekreuzung. Gerade aus, weiter mit Aston Villa war der Weg unter Sherwood eher zu. So hieß es entweder Variante A, zu einem bekannten Namen zu wechseln. Ein 17-facher Premier-League-Torschütze hätte vielleicht auch in Deutschland oder bei einem anderen abstiegsbedrohten englischen Klub eine neue Arbeitsstelle gefunden. Was für den Fokus der Öffentlichkeit wohl die einfachere Entscheidung gewesen wäre.

Oder eben Variante B, einen Schritt zurück wagen, um der in den letzten Monaten ins Stocken geratenen Karriere wieder den nötigen Restart zu geben. So könnte er sich dort wieder in die Notizblöcke größerer Klubs spielen. Und gleichzeitig auch zum angestrebten Ziel in der 230.000 Einwohnerstadt – dem Aufstieg – maßgeblich beitragen.

Andererseits ist das Risiko hoch. Ein Selbstläufer wird auch das Abenteuer Derby nicht, zu stark ist die Konkurrenz im Angriff. Klappt es dort nicht nach Wunsch, wird er wohl langsam aber sicher – zumindest vorläufig – aus dem unmittelbaren Fokus der heimischen Fußballszene rutschen und so für einen Platz im Nationalteam – für die greifbare EM nächsten Sommer – nicht mehr in Frage kommen. Doch dieses Risiko ist kalkulierbar, spielte der Wiener auch als Stammspieler in der Premier League im Team nur eine untergeordnete Rolle.

Das ist Derby County

Kaum ein Verein auf der Insel bleibt so konstant hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurück wie Derby County. Das Pride Park Stadium fasst 33.600 Zuschauer und wurde kürzlich in iPro-Stadium umbenannt. Mit neuen amerikanischen Eigentümern soll der Weg zurück in die Premier League gelingen. Dort war man zuletzt 2008, wo man bei der Punktezahl einen neuen Negativrekord einstellte. Zweimal wurde die englische Meisterschaft geholt, zuletzt 1974/75, in den Vierzigern gewann man den bislang einzigen FA Cup. Das Wappentier ist ein Widder, weshalb sie auch „The Rams“ genannt werden.

In Derby herrscht Fußballeuphorie pur. Knapp 30.000 Zuschauer pilgern im Schnitt zu den Heimspielen – das ist Ligaspitze. Dazu hält man eine eigenwillige Tradition hoch: Es wurde seit 1884 ausnahmslos nur auf englische oder schottische Trainer gesetzt. Im Vorjahr vergeigten die Rams im letzten Spiel den sichergeglaubten Aufstiegs-Playoff-Platz. Besonders bitter: Noch im Februar lag das Team des damaligen Trainers und Ex-Teamchefs Steve McClaren sogar an der Tabellenspitze, mit zwei Siegen aus den letzten 13 Spielen wurde es dann aber doch nichts mit dem ersehnten Aufstieg. Ein Jahr zuvor scheiterte man als Favorit im Playoff.

Das erwartet Weimann jetzt

Der Klub stand zuletzt immer für ein gepflegtes Offensivspiel, was ob der großen Namen auch wenig verwundert. Im Vorjahr wirbelte Topscorer Chris Martin (18 Saisontore) in der Zentrale. Im Winter wurde nachgerüstet und mit Darren Bent ein Premier-League-erprobter Mittelstürmer auf Leihbasis von Aston Villa geholt. Mittlerweile wurde Weimanns Ex-Teamkollege fix verpflichtet. Ebenfalls im Winter dockte Tom Ince auf Leihbasis von Hull bei den Rams an, der Sohn von Stürmerlegende Paul Ince. Ob Derby die Kaufoption ziehen und kolportierte 4,75 Millionen Pfund für den Rechtsaußen überweisen wird, ist noch ungewiss. So steht auch ein Wechsel zu Newcastle im Raum.

Unter McLaren wurde bevorzugt mit einem echten Stürmer und zwei sehr offensiv ausgelegten Flügeln angegriffen. Dabei gab Bent (10 Tore in 15 Spielen) im Frühjahr den Mittelstürmer, über rechts kam Tom Ince (18 Spiele, 11 Tore) und über links meist Chris Martin. Doch vieles kann und wird im Herbst neu werden, zog es doch Coach McClaren nach Newcastle. Sein Nachfolger Paul Clement ist als Chefcoach noch ein unbeschriebenes Blatt, für Irlands U21-Nationalmannschaft zeigte er sich vor einigen Jahren verantwortlich. Doch Unerfahrenheit kann man dem 43-Jährigen bei Leibe nicht vorwerfen. Als Assistent von Carlo Ancelotti gewann er mit Real Madrid „La Decima“, mit dem Headcoach verabschiedete sich vor wenigen Wochen auch der Engländer von den Königlichen. Zuvor verdiente er sich seine Sporen unter anderem bei Chelsea und Paris SG.

Neben einem neuen Trainer wurde auch am Transfermarkt nachgerüstet. Neben den Aston-Villa-Stürmern Weimann und Bent wurde auch die Defensive prominent verstärkt. Die beiden Iren Alex Pearce (Reading, Innenverteidiger) und Chris Baird (West Brom, defensives Mittelfeld) bringen ebenso Premier-League-Erfahrung in die Truppe, wie Ex-Team-Goalie Scott Carson.

Playoff-Platz realistisch

Den Kader konnte man bislang mindestens im obersten Mittelfeld der Championship einstufen. Kann man die Leistungsträger der Vorsaison halten, wonach es momentan aussieht, sollte mit den Neuzugängen ein Play-Off-Platz mehr als realistisch sein. Wobei ob der großen Veränderungen beim Verein – in erster Linie auf der Trainerbank – und dem sich wild drehenden Transferkarussell in der Liga eine seriöse Prognose zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin maximal Kaffeesud-Lesen ist. Los geht’s am 8. August, wo Weimann und Co. in Bolton zu Gast sein werden.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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