So mancher schämte sich einst fremd, als der damalige Rapidtrainer Mike (!) Büskens seine Spieler in der Öffentlichkeit immer mit verkürzten Namen nannte: „Schneck“... G’schichterln ums runde Leder (5) – Hi! My name is…. Fußballer und ihre Spitznamen

So mancher schämte sich einst fremd, als der damalige Rapidtrainer Mike (!) Büskens seine Spieler in der Öffentlichkeit immer mit verkürzten Namen nannte: „Schneck“ und „Steff“ hier, „Maxi“, „Schwabi“ und „Sonni“ da. Es gibt aber auch Kicker, die ihre Spitznamen zur Marke machen konnten. Schließlich weiß heute jeder, wer mit CR7, Zizou oder Becks gemeint ist. Nicht immer steckt eine Story hinter diesen Abkürzungen. Wie es zu so mancher Neu-Taufe kam, ist dennoch erzählenswert. Hier eine Auswahl:

Zu viele Stefans

Für Briten waren deutsche Männer lange Zeit „Fritz“. Türken wurden diskriminierend „Ali“ gerufen.  In Berlin, wo Stefan Beinlich 1972 geboren wurde, nennt man sich in gewissen Kreisen „Atze“. Doch die Verballhornung eines Vornamens (ob es sich bei diesem um Alexander, Mathias, Andreas oder Arthur handelt, ist etymologisch noch ungeklärt) hat den Mittelfeldspieler nie gestört. Der dreifache Ligapokalsieger und Zweitligameister bekam als Jugendspieler kurzerhand einen anderen gewöhnlichen deutschen Vornamen als Spitznamen verpasst, der dazuführte, dass ein Großteil der Fußballkonsumenten annahm, Beinlich heiße tatsächlich so.

Seine Karriere begann der spätere Nationalspieler beim legendären Ost-Klub BFC Dynamo. Dort „taufte“ ihn sein Jugendtrainer auf den Namen „Paule“. Beinlichs Eltern hatten ihrem Sohn zwar die Vornamen Stefan Kurt Martin gegeben, doch es war dem Coach einfach lästig: Immer, wenn er nach Stefan rief, drehten sich mehrere Buben um. Einen Paul gab es in der BFC-Jugend nicht. „So hieß keiner – vor allem nicht in der DDR“, erinnert sich der spätere Englandlegionär. Die DDR war schon in seinem ersten Profijahr Geschichte, der Name „Paule“ blieb. „Paule“ Beinlich spielte bei Aston Villa, Hansa Rostock, Bayer Leverkusen, Hertha und dem HSV und beendete seine Karriere beim SV Warnemünde. Der Berliner war für seine gefährlichen Freistöße bekannt und trug fünfmal das deutsche Nationalmannschaftstrikot. Nach dem verletzungsbedingten Ende seiner Karriere war er administrativ bei Hansa Rostock und einem hiesigen Leichtathletikverein aktiv. Heute lebt Beinlich mit seiner Familie in Rostock. Einzig bei ihnen blieb er der Stefan: „Mein Vater hat mal versucht, den Paule auch zu Hause zu etablieren, aber darauf habe ich nicht reagiert.“

Die bessere Hälfte

Kurt Jara hat eine hervorragende Spielerkarriere hingelegt. Der gebürtige Innsbrucker spielte zunächst bei Wacker, wechselte dann zum FC Valencia, ehe er in der deutschen Bundesliga bei Duisburg und Schalke spielte. Seine Karriere beendete er nach 111 Spielen für Grasshoppers Zürich. Als Trainer war der Österreicher auch auf Wanderschaft: Er coachte Vereine in der Schweiz, Griechenland, Deutschland und beendete seine Karriere bei Red Bull Salzburg.

In Duisburg nannte man den Supertechniker ehrfurchtsvoll „Karajan von der Wedau“. Doch Jara trug auch einen anderen Spitznamen, der sich etablieren sollte: Jolanda – nach seiner Ehefrau. Jene Jolanda traf Kurt in blauen Latzhosen. Er lernte seine Zukünftige in einem Innsbrucker Autohaus kennen, wo er eine Lehre zum Mechaniker absolvierte. Jolanda arbeitete im Verkauf. Es war Liebe auf den ersten Blick und der angehende Profi machte seiner Angebeteten rasch klar, dass er einmal erfolgreich Fußballspielen würde. Aus Jolanda wurde schließlich Frau Jara und Mutter des gemeinsamen Sohnes Martin. Zu dritt ging man auf die Reise durch die europäischen Topligen. Jolanda hielt ihrem Mann stets den Rücken frei. Später gestand der 59-fache Nationalspieler: „Zu Hause bin ich Macho, da mach ich gar nichts. Ich finde nicht einmal den Knopf der Kaffeemaschine.“ Während Jara also zuhause mit dem Häferl in der Hand hilferufend „Jolanda“ krächzte, musste er sich von seinen Mitspielern in kritischen Moment selbst so nennen lassen.

Ein Hund, der bellt und beißt

Die Erkennungsmerkmale des holländischen Spielers waren seine Brille und seine Dreadlocks. Der 26-jähriger Edgar Davids musste sich einst einer Operation unterziehen und konnte seinen Beruf danach nur mehr mit orangegetönten Augengläsern ausüben. Als er die Brille nicht mehr zum Schutz seiner Sehkraft benötigte, behielt er sie kurzerhand und sie wurde zu seinem Markenzeichen. Die langen Dreads rundeten das Bild des kräftigen Mittelfeldspielers ab. Davids war allerdings nicht nur deshalb eine Erscheinung auf dem Platz.

Geboren wurde der spätere Profi in Surinam. Als Kleinkind wanderte er mit seinen Eltern in die Niederlande aus. Im Alter von 12 Jahren begann er seine fußballerische Laufbahn bei Ajax Amsterdam. Die Verantwortlichen hatten ihn vorher zweimal abgelehnt: Was für ein Fehler! Davids war schnell, stark, ehrgeizig, kreativ und hatte eine fabelhafte Technik. Seine Freunde riefen ihn „König der Straße“, doch Ajax-Coach Louis van Gaal nannte ihn „Pitbull“. Der bissige Hund zeigte allerdings nicht nur auf dem Feld seine Zähne: Davids legte sich mit Trainern und Kollegen an. Er wurde von Guus Hiddink aus dem Teamcamp geworfen und warf van Basten Inkompetenz vor. Die Presse taufte ihn deshalb auch „Piranha“ oder „Tubarão“ (portugiesisch für Hai).

Davids war sicher kein Unschuldslamm und hatte einiges auf dem Kerbholz. Unrühmlich war es etwa, als er einst positiv auf anabole Steroide getestet wurde. Allerdings sprechen auch seine Erfolge für sich: Der Mittelfeldspieler gewann den UEFA-Pokal und die Championsleague, wurde in Italien und den Niederlanden Meister und Pokalsieger. Davids – ein Hund mit vielen Pokalen.

Roquestar mit Babyface

Roque Santa Cruz spielt immer noch Fußball. Der mittlerweile 37-jährige ist heute in seiner Heimat Paraguay aktiv. Club Olimpia war schon als Kind seine zweite Station, ehe er als 17-jähriger zu Bayern München wechselte. Der Verein sagte dem Angreifer eine glänzende Karriere voraus: Roque sollte der beste Stürmer der Welt werden. Allein – daraus wurde nichts. Der Südamerikaner schoss zwar 31 Pflichtspieltore für die Roten, Verletzungen verhinderten jedoch eine absolute Spitzenlaufbahn. Besonders das Sprunggelenk und das Innenband im Knie machten dem Legionär zu schaffen. Er wechselte schließlich zu den Blackburn Rovers, wo er kurzzeitig aufblühte. Über Manchester City kam Santa Cruz nach Spanien und weiter nach Mexiko, ehe er seit 2016 wieder zuhause kickt.

Mit seinem Namen wird für immer der Deutschrockhit: „Ich Roque!“ verbunden bleiben. Die Sportfreunde Stiller widmeten das Lied dem jungen Bayernstürmer und der ließ es sich im Gegenzug nicht nehmen beim Refrain mitzuwirken. Den Kontakt mit den musizierenden Fußballfans hatte Kollege Mehmet Scholl vermittelt.

Santa Cruz hatte viele Spitznamen: „Babygol“, „Santagol“, „Rocket Santa Cruz“. „Babygol“ verpasste man ihm als er er im Alter von 16 Jahren in der Primera División de Paraguay, der ersten Liga Paraguays, debütierte und Tore wie am Fließband erzielte. Roque behielt sein jugendliches Aussehen auch als Legionär in Europa. Das einstige „Babygol“ hat mittlerweile selbst vier Babys, die schon zu Kindern herangewachsen sind. Der fünffache deutsche Meister scheint aber in den Jungbrunnen gefallen zu sein: Obwohl die Jahre ins Land gezogen sind, sieht Roque immer noch wie ein niño aus und ist torgefährlich wie eh und je: „Babygol“ trifft (es)!

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert