Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (11) – Liebe FC Vatikan-Frauen!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag adressieren wir unseren Brief wieder einmal an einen Verein.

Liebe Vatikan-Frauen!

Das ist wirklich bitter! Da wird man zu einem 20-Jahr-Jubiläum nach Wien eingeladen, reist an, zieht sich um, wärmt sich auf, läuft ein und dann?! Man wird von den eigenen Leuten zurückgerufen. Abbruch vor dem Ankick. Abfahrt anstatt Anpfiff. Und wieder sind es die Männer, die entscheiden: Gesetzte Herren im Dreiteiler mit Stirnglatze. „Das Spiel wurde abgesagt, weil wir wegen des Sportes hier sind und nicht wegen politischer Botschaften.“, so hat es euer Pressesprecher erklärt. Er hat sich mit dem päpstlichen Nuntius Erzbischof Petro Lopez Quintana abgesprochen.

Keine Frage, ein Sportplatz ist nicht gerade der passende Ort für ideologische Grabenkämpfe. Fußball ist Sport. Fußball ist aber auch Teil unserer Gesellschaft, deren pluralistische Vorstellungen von Politik sich auch auf dem Rasen zeigen (können). Fußball ist deswegen politisch: Bei manchen drückt sich das schon durch die Wahl ihres Lieblingsvereins aus, andere leben ihre Attitüde neben dem Platz. Aber niemand, der den Rasen betritt legt seine Geisteshaltung vorher ab.

Die vatikanische Frauenorganisation DiVA hat die Vorfälle „hässlich“ genannt und von „inopportunen und bedauernswerten“ Provokationen gesprochen. Natürlich ist es nicht angenehm, zu wissen, dass hier fundamental gegensätzliche Meinungen aufeinandertreffen. Aber, wer die Bilder gesehen hat, weiß, dass Instrumentalisierung anders aussieht. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass Frauenvereine aller Art vermehrt linkes Gedankengut leben. Homophobie oder Rassismus sind für Fußballerinnen meist kein Thema. Der Verein des Stadtstaates hätte es besser wissen müssen.

Was ist überhaupt passiert? Harmlose Regenbogenfahnen im Publikum und zwei Spielerinnen, die während der Hymne aufgemalte „Pro-Choice-Botschaften“ auf ihren Bäuchen zeigten. Niemand ist vorgeführt oder beleidigt worden. Dieser Protest war nicht laut, aber wichtig. Ihr verfolgt doch sicher auch die Medienberichterstattung, wisst was in der Welt passiert. Und in Zeiten, in denen eine afroamerikanische Frau, die ihr Kind bei einer Schießerei verliert wegen Totschlags angeklagt wird, ja, in solchen Zeiten, muss man eine derartige stille Meinungsmanifestation schon mal aushalten. Das gehört sich einfach.

Ihr, liebe Vatikan-Spielerinnen, seid für den Abbruch und die Verweigerung der Toleranz nicht verantwortlich. Ein Problem damit hatten nur „eure“ Männer. Vielleicht könnt ihr euch jetzt vorstellen, wie es ist, wenn Fremde über eure Körper entscheiden. Ob in Alabama oder eben beim Gastspiel in Wien.

Nur das Beste für eure Zukunft wünscht euch jedenfalls

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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