Rapid konnte mit dem 4:0-Sieg gegen die WSG Tirol, beim gleichzeitigen Sieg des SK Sturm Graz gegen den LASK, einen großen Schritt in Richtung... Rapid steht in Tirol vor einer „Pressingaufgabe“

Rapid konnte mit dem 4:0-Sieg gegen die WSG Tirol, beim gleichzeitigen Sieg des SK Sturm Graz gegen den LASK, einen großen Schritt in Richtung Vizemeistertitel machen. Nun geht es im Rückspiel in Innsbruck fast schon um eine Vorentscheidung.

Die Hütteldorfer haderten zuletzt mit zu vielen vergebenen Chancen bzw. auch mit zu wenig herausgespielten Tormöglichkeiten. So verzeichnete die Kühbauer-Elf gegen Salzburg und Sturm keine Schüsse direkt aufs Tor, wurde dann gegen den LASK wieder etwas zwingender und schoss sich gegen die WSG Tirol in der Rapid-Viertelstunde den Frust von der Seele.

Staubtrockene Leistung im Heimspiel

Bis dahin war das Spiel gegen das Überraschungsteam aus Wattens allerdings Schonkost. Richard Strebinger vereitelte eine Großchance für Nikolai Baden Fredriksen in der Anfangsphase, danach verwaltete Rapid das Geschehen und baute Feldüberlegenheit auf. Die großen Highlights blieben allerdings aus und Rapid spielte aus einer kontrollierten Defensive heraus, geduldig auf den Führungstreffer.

Suche nach mehr spielerischen Lösungen

Zwar operierte man wieder vermehrt mit langen Bällen aus der Innenverteidigung heraus, aber das Spiel war nicht so stark darauf fokussiert, Ercan Kara in direkte Duelle mit den Innenverteidigern zu verwickeln. Der Angreifer kam damit auf 23 Duelle, was für seine Verhältnisse ein relativ niedriger Wert ist. Dass Rapid gegen Wattens vor allem spielerische Lösungen suchte, zeigte auch, dass Kara seine beiden Assists nach Aktionen im Laufspiel fixierte.

Unentschlossener Tiroler Spielaufbau, beginnend beim Keeper

Die gefährlichsten Angriffe der Hütteldorfer resultierten diesmal (bis zu Demirs 2:0) aus Pressingsituationen. Der Spielaufbau der WSG Tirol war am vergangenen Sonntag absolut unzureichend und begann mit Unsicherheiten bei Keeper Benjamin Ozegovic, der den verletzten Ferdinand Oswald ersetzte. Ozegovic zeichnete sich zwar zuletzt mit guten Paraden aus, etwa beim überraschenden 3:2-Sieg über Salzburg, aber mit dem Ball am Fuß war er gerade gegen Rapid unentschlossen und unpräzise.

Passiv in der vordersten Reihe, intensiver beim Pass ins Mittelfeld

Auch die Innenverteidigung mit Gugganig und Behounek, die eigentlich für sauberes und progressives Aufbauspiel stehen, ließ sich anstecken und so konnte Rapid trotz Passivität im hohen Pressing immer wieder gefährliche zweite Bälle gewinnen. Der Pressingauslöser war dabei vor allem der Pass der Wattener ins zweite Drittel, wo Rapid etwas intensiver presste und damit nach Ballgewinnen die vorderste Pressingreihe in Szene setzen wollte.

Wattener Sechser unterdurchschnittlich in der Weiterverarbeitung

Ebendiese vorderste Reihe stellte die Tiroler im Aufbau lediglich, attackierte kaum aktiv. Dieses leichte Unterdrucksetzen stresste die Gäste aber bereits ausreichend. Zudem ließen am Sonntag mit Nemanja Celic und Thanos Petsos auch die beiden Sechser aus, was Ballsicherungen und Weiterverarbeitungen betraf. Speziell die Passsicherheit und -qualität der beiden, wenn es zum Übergang in die gegnerische Hälfte ging, waren nicht stark genug und auch wenn beide positive Zweikampfbilanzen aufwiesen, gingen die entscheidenden Duelle verloren.

Tirol muss die Viererkette umbauen

Im „Rückspiel“ heute Abend steht die WSG vor einer noch schwierigeren Aufgabe, was den Spielaufbau betrifft. Mit Raffael Behounek fehlt eine Konstante im Aufbau aufgrund einer Gelbsperre, Routinier Fabian Koch könnte aufgrund seiner Gehirnerschütterung ebenfalls ausfallen. Kochs Ausfall würde mindestens genauso schwer wiegen, zumal der erfahrene Rechtsverteidiger ein recht sicherer Passhafen ist, wenn die WSG durch das gegnerische Pressing schon nach außen geleitet wird. Diese Situationen stehen zwar nicht für einen sauberen Aufbau, allerdings löst Koch derartige Aktionen recht pragmatisch und ohne großes Risiko.

Wenige schlüssige Optionen für Silberberger

Die Tiroler müssen ihre Viererkette somit grundlegend umstellen, wofür es aber nur recht wenige Optionen gibt. Der Slowene Zan Rogelj könnte statt Koch in die Viererkette rutschen, was gegen Rapid aber eine sehr offensive Herangehensweise wäre. Florian Buchacher ist eine weitere Alternative, allerdings eher eine für die linke Seite. David Schnegg wird man gegen Rapid aber nicht zweckentfremden. Zudem stellt sich die Frage nach dem Behounek-Ersatz. Logisch wäre ein Einsatz von Bruno Soares, der für Passsicherheit sorgen kann und auch Ercan Kara physisch fordern könnte, dafür aber Tempodefizite mitbringt. Grob gesagt wäre Soares gegen eine in Normalform spielende Rapid-Elf von Beginn an ein Kandidat für Karten…

„Stressende“ Rapid-Pressingspieler gefragt

Rapid wiederum könnte aus den Aufbauschwächen des Gegners im Sonntagsspiel und den Ausfällen in der gegnerischen Abwehr für das Auswärtsspiel einige wertvolle Schlüsse ziehen. Speziell die schnellsten Rapid-Offensivspieler könnten am Tivoli gefragt sein – konkret ginge es um Taxiarchis Fountas und Kelvin Arase. Die Silberberger-Elf ließ sich schon in Bestbesetzung von relativ statischem Offensivpressing – ohne Fountas und Arase – massiv aus der Ruhe bringen. Wenn eine ersatzgeschwächte Abwehrkette nun aktiver angelaufen wird und auch Keeper Ozegovic wieder vor Stresssituationen gestellt werden kann, müsste Rapid alleine durch konsequentes Pressing zu mehreren Chancen kommen. Auch wenn am kommenden Wochenende aufgrund des Cup-Finales für Rapid spielfrei ist, könnte es also in Tirol wieder zu taktikbedingten Rotationen kommen, um die Kette des Gegners besser anlaufen zu können.

Rapid vor der Vorentscheidung im Kampf um Platz zwei

Das Spiel könnte für Rapid vorentscheidenden Charakter haben. Da sich die beiden Verfolger der Wiener, Sturm und der LASK, wieder gegenseitig Punkte wegnehmen werden, könnte Rapid den Vorsprung auf den dritten Platz mit einem Sieg in Innsbruck auf bis zu sechs Punkte ausbauen. Bei Punktegleichheit würde Rapid zudem vorgereiht werden. In diesem Fall wäre den Hütteldorfern der zweite Platz wohl kaum noch zu nehmen und könnte dann theoretisch sogar schon vier Runden vor Schluss im Heimspiel gegen Wolfsberg fixiert werden. Vorsicht und Demut sind dennoch geboten, denn Rapid gewann von den letzten sechs Bundesligaspielen nur zwei – eine kleine Serie würde nun zu einem guten Zeitpunkt kommen.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen