Mit dem 3:1-Sieg in Kapfenberg bleibt die SV Ried an der Spitze dran und schießt zugleich KSV-Trainer Werner Gregoritsch in die Arbeitslosigkeit. Der Tabellenvierte... Ried nach 3:1 in Kapfenberg beste Auswärtsmannschaft der Liga – und ein gutes Arbeitsvorbild für trainerlose Kapfenberger!

Mit dem 3:1-Sieg in Kapfenberg bleibt die SV Ried an der Spitze dran und schießt zugleich KSV-Trainer Werner Gregoritsch in die Arbeitslosigkeit. Der Tabellenvierte aus dem Innviertel ist mittlerweile seit sechs Pflichtspielen oder sieben Wochen ungeschlagen und ist angesichts der geringen Möglichkeiten getrost als österreichisches Fußballwunder zu bezeichnen.

Immer wieder wird der SV Ried vor einer neuen Saison ein Absturz prophezeit, immer wieder findet Trainer Paul Gludovatz Möglichkeiten das Optimum aus dem „Wirtschafts- und Improvisationswunder“ Ried herauszuholen. Wenn Leistungsträger aus dem Team fallen, springen sofort Neue in die Bresche. Statt Glasner etablierte sich bereits der 23-jährige Thomas Reifeltshammer als Abwehrchef und kaum unterschrieb Standard-Schütze Florian Mader, kam mit Marco Meilinger eine 20-jährige Red-Bull-Leihgabe, die bei Standardsituationen ähnlich, wenn nicht sogar mehr überzeugt. Zudem fiel der neunfache Torschütze der Vorsaison, der 26-jährige Spanier Guillem, in eine Formkrise und wurde umgehend von Nacho Casanova ersetzt, der auf einem guten Weg zu einer ähnlichen Saisonstatistik wie Guillem 2010/11 ist.

Konkurrenzkampf größer denn je

Weiterhin ist das 3-3-3-1 von Paul Gludovatz, das auf Basis großer Laufbereitschaft verschiedener taktischer Gruppen funktioniert, schwer ausrechenbar. Nicht von ungefähr kommen die zahlreichen Trainerbekundungen, dass Ried immer „schwer zu spielen“ sei. Was in der heurigen Saison noch hinzukommt, ist eine große Leistungsdichte im Kader, deren Resultat ein hitziger Konkurrenzkampf ist. Die Rieder Akteure sind allesamt unter großer Spannung, die Wenigsten können sich ihres Platzes in der Mannschaft sicher sein. Das jüngste Beispiel: Der Spanier Ivan Carril, wahrscheinlich der beste Fußballer in den Reihen der SV Ried, saß gegen Kapfenberg zunächst auf der Bank, wurde in der 62. Minute von Gludovatz eingewechselt und erzielte 13 Minuten später ein Traumtor zum 2:1 für die Gastmannschaft. Der Jubel inklusive „jetzt hab‘ ich’s dir gezeigt“-Geste in Richtung Gludovatz war unübersehbar.

No-Names werden zu wertvollen Taktikbausteinen

Paul Gludovatz profitiert in Ried von der großen Geduld in der Vereinsperipherie. Wo bei anderen Klubs ein Aufschrei der Fans und Medien unumgänglich wäre, macht der Ried-Trainer mit großer Ruhe und Konsequenz aus der Not eine Tugend. Die Verpflichtungen von No-Names wie Lukas Rotpuller, Jan-Marc Riegler oder dem vorhin beschriebenen Marco Meilinger werden nie in Frage gestellt – bei den „großen Vier“, in deren Mitte sich Ried über die letzten Jahre langsam aber sicher gebettet hat, ein undenkbares Szenario. Gludovatz coacht allerdings nach einem wichtigen Leitsatz, der seinen Ursprung in Norwegen hat: „Es ist besser einen schwachen Spieler aufzustellen, der sich taktisch richtig verhält, als einen starken Spieler, der sich taktisch falsch verhält.“ Denn nur wenn mannschaftstaktisch an einem Strang gezogen wird, kann man mit wenigen personellen Mitteln Qualität „erzeugen“.

Beste Auswärtsmannschaft der Liga

Das sichtbarste Resultat dieser hohen taktischen Flexibilität und Disziplin: Die SV Ried ist aktuell knapp vor dem FK Austria Wien das beste Auswärtsteam der heimischen Bundesliga. Doch die Stärken der Rieder beschränken sich nicht nur auf Auswärtsspiele, auch in der Heimtabelle liegt man auf einem soliden fünften Platz. Bis zum Winter haben die Innviertler noch drei Heimspiele gegen Wacker Innsbruck, Wiener Neustadt und Sturm Graz, die bisher zusammen erst drei Auswärtsspiele gewinnen konnten. Das zwischenzeitliche Auswärtsspiel bei der Admira ist bereits eine Art Schlüsselspiel für den etwaigen Verbleib in den oberen Tabellenregionen.

Gludovatz und das Luxus-Problem ohne Luxus

Vor dem Heimspiel gegen Wacker Innsbruck ist noch unklar, wen Paul Gludovatz beginnen lässt. Ivan Carril spielte sich mit seinem Supertor in Kapfenberg wieder ins Blickfeld des Trainers, nach blassen Leistungen von Casanova und Zulj, der zu viele Chancen vergibt, ist auch Guillem wieder ein Kandidat für die erste Elf. Möglich auch, dass Gludovatz seine Aufstellung an den Problemen der Innsbrucker anlehnt: Die müssen ohne den gesperrten Innenverteidiger Marco Kofler auskommen und auch die Einsatzfähigkeit von Abwehrchef Iñaki Bea Jauregi ist noch nicht bestätigt.

Ried als Vorbild für kurzfristig denkende Kapfenberger

Ebenso unsicher ist auch die nächste Aufstellung von Rieds letztem Gegner, dem Kapfenberger SV 1919. Dieser feuerte heute nämlich seinen Trainer Werner Gregoritsch und der billigste Kader der Liga ist am kommenden Wochenende zu Gast in Salzburg, das übrigens bereits ein Spiel länger sieglos ist als der Tabellenletzte aus der Obersteiermark. Fraglich nur, ob die Entscheidung von Präsident Erwin Fuchs den hitzigen Gregoritsch zu entlassen eine richtige war. Ein impulsiver Trainer kann für den Abstiegskampf Gold wert sein und es bleibt zu hinterfragen, ob in Kapfenberg nicht eher die personelle Qualität fehlt, um den Klassenerhalt anzupeilen. Ried ist ein gutes Beispiel, wie Kapfenberg seine mittel- und langfristige Zukunft anlegen könnte. Allerdings mutet der Rauswurf von Werner Gregoritsch, so er nicht selbst signalisierte den Verein verlassen zu wollen, als Kurzschlussreaktion des Vorstands an.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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