Red Bull Salzburg besiegt in der ersten Runde des Meisterplayoff den SK Rapid mit 2:0, nachdem die Partie für die Gäste einerseits sehr unglücklich... Taktikanalyse: Pragmatische, fitte Salzburger kicken Rapid aus Titelrennen

Red Bull Salzburg besiegt in der ersten Runde des Meisterplayoff den SK Rapid mit 2:0, nachdem die Partie für die Gäste einerseits sehr unglücklich verlief und andererseits ein deutlicher Klasse- und Physisunterschied zwischen den beiden Teams auszumachen war.

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Dem zu erwartenden 4-4-2 der Salzburger setzte Rapid-Trainer Didi Kühbauer eine Art Hybridformation entgegen. Prinzipiell handelte es sich um ein 3-4-2-1-System, in dem man allerdings defensiv immer wieder mit einer pendelnden Viererkette agierte. In Ballbesitz versuchte man diese pendelnde Viererkette aufrechtzuerhalten und vor allem Stojkovic bewegte sich häufig auf die Außenverteidigerposition. Das Mittelfeld Rapids war dabei von Beginn an sehr asymmetrisch: Ljubicic und Petrovic gaben die Doppelsechs und Arase klebte rechts auf der Linie. Interessanter waren die Positionen von Knasmüllner und Schwab, die zugleich auch zwei der dauerhaften Offensivprobleme Rapids darstellten.

Knasmüllner auf verlorenem Posten

Knasmüllner rückte bei gegnerischem Aufbau eine Reihe weiter nach vorne und presste knapp hinter Fountas in einer 3-4-1-2-ähnlichen Pressingformation. In diesen Fällen ließ sich Schwab zurückfallen, um das Zentrum zu verdichten. Bei grün-weißem Ballbesitz waren die Positionierungen der beiden Schlüsselspieler allerdings problematischer: Knasmüllner sollte im Zwischenlinienraum als Anspielstation dienen und zudem situativ nach außen pendeln, um an den Flügeln Grüppchen zu bilden. Der Spielmacher brachte aber überhaupt keinen Zug in seine Aktionen und wurde weitgehend recht einfach gepresst oder abgelaufen. Sicher wäre Knasmüllner als zentraler Angelpunkt für Spielverlagerungen gedacht gewesen, aber im Umfeld von Majeed Ashimeru kam es praktisch nie zu derartigen Verlagerungsaktionen. Die einzige nennenswerte Aktion dieser Art – hier verlagerte Knasmüllner auf Arase – führte auch zur einzigen echten Torchance Rapids.

Schwabs Ausrichtung entblößt linke Offensivseite

Schwab wiederum wurde etatmäßig im linken Mittelfeld aufgeboten, wobei aber klar war, dass es ihn immer wieder in die Mitte ziehen würde und Ullmann das Pensum am linken Flügel niemals alleine abspulen könnte. Die zentralen Überladungsversuche Rapids sorgten zwar phasenweise (zumindest in der ersten Halbzeit) für Stabilität und auch die eine oder andere Passstafette, dafür wurde die linke Seite vollkommen vernachlässigt. Hier spulte Ullmann einsame Kilometer ab, hatte kaum Mitspieler zur Entlastung um sich. Auch in einigen halbwegs gut gespielten Aktionen über rechts, wurde die total ausgedünnte linke Seite ebenfalls zum Verhängnis für Rapid, weil es schlichtweg keine einrückenden Flügelspieler gab, die von der ballfernen Seite zur Mitte stechen konnten. Die Strafraumbesetzung war damit wieder auf wenige, zentral agierende Akteure verteilt, die aber Mann-gegen-Mann relativ einfach zu verteidigen waren.

Zu rechtslastiges Rapid-Spiel

Rapid hatte demnach nur „einseitige Breite“ im Spiel, worauf sich Salzburg auch recht gut einstellen konnte. Dass man gerade die linke Offensivseite, wo man mit Albert Vallci den vermeintlich fehleranfälligeren Außenverteidiger der Salzburger bespielen hätte können, so offenließ, war ein Kardinalsfehler, der durch das massivere Zentrum schlichtweg nicht ausgeglichen werden konnte.

Aufbauprobleme auf allen Seiten und zentral

Salzburg hielt sich dadurch mit hohem Pressing auch weitgehend zurück und suchte seine Pressingmomente im zweiten Drittel und zentral. Wenn Rapid durch die Mitte aufbaute, gab es schon im Passspiel der Grün-Weißen zahlreiche unerzwungene Schnittbälle, die potentiell zum Bumerang werden konnten. So wirkte Rapids Aufbau fast sicherer, wenn Salzburg die Grün-Weißen auf die Seite lenkte. Dort war die Gefahr von Fehlern, die Salzburg unmittelbar ausnützen könnte zwar geringer, allerdings waren Stojkovic und Ullmann auf zahlreiche lange Bälle, die Linie entlang angewiesen. Der häufiger nach außen pendelnde Stojkovic hatte hier wenigstens Arase als potentiellen Abnehmer, lange Bälle über links durch Ullmann erforderten aber praktisch immer komplizierte Ausweichbewegungen von Fountas oder anderen Spielern in der Umgebung. Rapid konnte demnach das Spiel praktisch nie systematisch aufbauen und durch die insgesamt recht großen Abstände bei den Salzburgern kam es auch kaum zu ernsthaften Kontersituationen mit viel Platz für Rapid.

Dibons Ausfall als mentaler Nackenschlag

Dass sich Christopher Dibon bereits nach wenigen Minuten offenbar schwer am Knie verletzte, war der erste Nackenschlag für Grün-Weiß in diesem Spiel. Formativ war der Ausfall nicht grundlegend problematisch, da Kühbauer Sonnleitner direkt auf Dibons Position stellen konnte. Dass dieser aber praktisch unaufgewärmt und sehr früh ins Spiel musste, machte seine Muskelverletzung nach einer knappen halben Stunde nicht verwunderlich. Dass Rapid innerhalb von 20 Minuten zwei Führungsspieler verlor, machte die Sache zur extremen mentalen Herausforderung für die Hütteldorfer, die ohnehin bereits seit sehr langer Zeit Probleme mit Eigeninitiative haben und nun noch zwei „Sprachrohre“ verloren.

Ljubicic eröffnet Fehlerkette vor 0:1

Dejan Ljubicic rückte später in die Innenverteidigung und leistete dort gute Arbeit. Zuvor hatte ein Fehler Ljubicic‘ allerdings den Führungstreffer Salzburger eingeleitet. Eine viel zu ungenaue Spielverlagerung des etatmäßigen Sechsers wurde von Ulmer locker abgefangen. Der einmal mehr nur joggende Knasmüllner übte trotz Ballnähe keinen Druck auf Ulmer aus, der völlig ungestört das markanteste Stilmittel des Salzburger Matchplans auspacken konnte.

Chipbälle mit System

Die Salzburger entschieden sich für zahlreiche, systematische Chipbälle hinter die Abwehr der Hütteldorfer. Dabei versuchte man diese Bälle möglichst zentral zu spielen, um potentielle Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Rapid-Innenverteidigern zu erzwingen. Tatsächlich taten sich die Wiener bei diesen Bällen sehr schwer und dass vor dem 0:1 auch noch Strebinger patzte und die falsche Entscheidung traf, passte ins Bild. Jesse Marsch und sein Team haben die Probleme Rapids mit diesen weiten Bällen offenbar in der Vorabanalyse richtig erkannt und perfekt bespielt. Alleine in der ersten Hälfte versuchten die Salzburger fünfmal mit einem solchen Chip hinter die Abwehr zu kommen. Wenn Rapid den entscheidenden Kopfball gewann, ging Salzburg sofort konsequent, wenn auch nicht mit explosiver Dynamik auf den zweiten Ball und zwang Rapid zu „klein-klein“-Spiel, das zumeist in die Breite geschleppt wurde oder in einem Ballverlust oder Fehlpass in die Tiefe mündete.

„Spiel in den Griff bekommen“

Nach dem 0:1 konnte Rapid sich ein wenig fangen. Kapitän Stefan Schwab konstatierte nach dem Spiel, dass man Salzburg in dieser Phase im Griff hatte und fußballerisch eine starke Leistung ablieferte. Hier handelte es sich allerdings eher um die Realitätsverweigerung, die man aus Spielen Rapids zur Genüge kennt. Man antwortete schlichtweg mit einer guten Aktion, im Zuge derer Fountas die einzige Chance auf den Ausgleich vorfand. Zudem war die Passsicherheit Rapids in der Zentrale über eine längere Phase etwas höher und man kam recht gut in die Zweikämpfe. Aber Gefahr oder gar „spielerische Überlegenheit“ konnte Rapid praktisch nie ausstrahlen.

Salzburg antwortet mit sauberem Spiel im Raum gegen den Ball

Pässe in die Tiefe kamen durch die Bank zu ungenau und die extreme Asymmetrie der offensiven Mittelfeld- und Flügelspieler machten die Raumgewinne Rapids zu einfach zu verteidigen. Alles ging über rechts oder über viel zu viele Pässe durch die Zentrale. Salzburg konnte sich darauf einstellen und musste gegen den Ball schlichtweg auf seine räumliche Stabilität achten. Die 1-2-Formation in der Zentrale genügte Salzburg, um die wichtigen Zweikämpfe für sich zu entscheiden und Bälle zu guten Zeitpunkten zu erobern. Ashimeru spielte dabei den defensiveren Part vor Junuzovic und einem ballnah einrückenden Außenspieler (Szoboszlai oder Mwepu), der bei gegnerischem Ballbesitz zentral aushalf.

Dreifachwechsel als letzter Mosaikstein einer „Pechpartie“

In der zweiten Hälfte gewann Salzburg deutlich an Dominanz hinzu und Rapid gingen nach und nach die Ideen und die Kraft aus. Als Kühbauer mit einem Dreifachwechsel reagieren wollte, kam das letzte Mosaik im grün-weißen Pechspiel hinzu. Thomas Murg verletzte sich in seiner ersten Ballaktion und Rapid war fortan nur noch zu zehnt. In Unterzahl zeigten sich die Cleverness und die physische Überlegenheit Salzburgs noch einmal deutlicher. Salzburg ließ die Hütteldorfer nur noch nachlaufen, denen ging wiederum recht schnell die Puste aus.

Salzburg fährt Intensität in Überzahl locker hoch

Das späte 2:0 für Salzburg fiel exemplarisch: Nach einem Spielaufbau Rapids durch die Mitte wurde Schwab – der bis dahin schon über 20 Zweikämpfe führen musste – problemlos von Wöber angepresst und es folgte prompt der Chipball in die Spitze. Dort setzte sich Adeyemi im Eins-gegen-Eins durch und in der Mitte sagte Noah Okafor „danke“. Bereits in den 20 Minuten davor zeigte Salzburg, wie deutlich man den Rapidlern auf körperlicher Ebene überlegen ist. Außerdem wurde sichtbar, dass Salzburg auch in der Meistergruppe problemlos dazu imstande ist, spät im Spiel einen Gang raufzuschalten, während Rapid zu dieser Zeit bereits alles heraushaute was drin war, aber dennoch nur einem ernstzunehmenden Torabschluss kam.

Pragmatische, gut ausbalancierte Salzburger

Salzburg spielte keine besondere Partie, zündete weder ein Pressingfeuerwerk, noch waren spielerische Genieblitze für den Sieg verantwortlich. Salzburg spielte schlichtweg pragmatisch, hielt sich sehr strikt an den Matchplan und organisierte die langewährende Führung auf eine reife Art und Weise.

Rapid nicht mutig genug und durch formative Fehler gehemmt

Rapid schaffte es etwa eine halbe Stunde lang kämpferisch dagegenzuhalten, blieb aber weitgehend mut- und zahnlos. Im Offensivspiel bzw. im letzten Drittel fehlte es an Physis und Ideen, die massive Asymmetrie im Rapid-Spiel war zudem mehr Hemmschuh als Vorteil. Von einem „spielerisch guten Spiel“, von dem in Interviews die Rede war, waren die Hütteldorfer aber meilenweit entfernt. Man konnte lediglich gegen einen qualitativ überlegenen Gegner einige wenige Phasen offen gestalten. Der Anspruch des Rekordmeisters sollte aber ein anderer sein und bei nur einem gefährlichen Abschluss in 90 Minuten würden wohl auch kleinere Klubs von einer enttäuschenden Leistung sprechen. Exemplarisch für den fehlenden Nachdruck: Nach 62 Minuten kam Rapid zur Chance auf eine gefährliche Freistoßflanke. Den Freistoß führte mit Schwab aber einer der wenigen gefährlichen Kopfballspieler der Hütteldorfer aus…

Die markante körperliche Komponente

Dennoch darf man das Spielpech Rapids nicht außer Acht lassen. Die Verletzungen von drei potentiellen Schlüssel- bzw. Führungsspielern stecken wohl die wenigsten so einfach weg. Angesichts der Verletzungshistorie ist es aber auch kaum verwunderlich, dass ausgerechnet Rapid dieses Pech widerfährt. Es sind aber weniger die Verletzungen, sondern eher der eklatante körperliche Unterschied zu den Salzburgern über die gesamte zweite Hälfte, der die Athletik- und Regenerationsarbeit in Frage stellen sollte. Natürlich hat der Serienmeister ganz andere Möglichkeiten als Rapid, aber davon, die Schere zu den stärkeren Teams im körperlichen Bereich zu schließen, ist Rapid noch sehr weit entfernt – was aber auch an dem einen oder anderen oft etwas zu bequemen „Jogger“ im Team von Didi Kühbauer liegt. Für ganz oben fehlen Rapid eben weiterhin die „Monster“, in fast jederlei Hinsicht.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen