In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht... Toranalyse zur 32. Runde der tipp3-Bundesliga | Madl (ET), Kainz, Royer

Florian Kainz (SK Sturm Graz)In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 32. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Michael Madl (Sturm Graz/Eigentor), Florian Kainz (Sturm Graz) und Daniel Royer (Austria Wien) unter die Lupe.

Red Bull Salzburg – SK Sturm Graz 1:0, Michael Madl (19. Minute/Eigentor)

Nachdem Red Bull Salzburg bereits vor drei Wochen den Gewinn der Meisterschaft fixiert hat und in der letzten der ersehnte 100. Saisontor gelang, scheint es so, als ob man den Fuß vom Gas genommen hat. Gegen Sturm Graz setzte es am vergangenen Wochenende sogar die erste Heimniederlage seit 32 Spielen. Dabei ging man standesgemäß in Führung, bei der jedoch der Gegner durchaus mithalf – nicht nur, weil es letztlich als Eigentor in die Wertung ging.

Salzburg nimmt im Spielaufbau wie gewohnt eine Dreierkette ein indem ein Sechser sich nach hinten fallen lässt. Sturm ist offensichtlich nicht darauf aus hoch zu pressen, was man an den Bewegungen der beiden Angreifer in diesem Bild erkennt. Sie orientieren sich nach hinten und sind darauf bedacht die Passwege ins Zentrum zu schließen. Das gibt dem Ballführenden die Möglichkeit nach vorne zu gehen. Erst auf Höhe der Mittellinie wird er attackiert und das Spiel somit auf einen der beiden Innenverteidiger geleitet.

Diese positionieren sich sehr breit, sodass die Stürmer im Allgemeinen weite Wege gehen müssen. Auch hier rückt der ballnahe Grazer heraus, kommt allerdings gegen Salzburgs rechten Innenverteidiger zu spät und kann den langen Ball nicht verhindern. An und für sich gilt ein solcher als Erfolg für die pressende Mannschaft, allerdings nutzt Salzburg lange Bälle auch bewusst im Angriffsspiel – so auch hier.

Der hohe Ball nach vorne landet zwar nicht bei einem Mitspieler, sondern kann von Sturms Abwehr abgewehrt werden. Allerdings setzt in diesem Moment das Gegenpressing der Salzburger ein. Genau genommen orientieren sich die entsprechenden Spieler sogar schon während der Flugphase des Balls in die das mögliche Zielgebiet eines unsauberen Klärungsversuchs.

Sturm hingegen reagiert erst einen Schritt später, als erst klar ist, dass der Ball nicht in den eigenen Reihen bleiben würde. Wie man im obenstehenden Bild erkennt ist das allerdings viel zu spät, denn gleich drei Bullen finden zwischen den Linien Platz und können in der Folge das Tempo schlagartig erhöhen. Einen wichtigen Part übernimmt dabei Florian Klein (blau).

Der Rechtsverteidiger bekommt den Ball und kann nach vorne dribbeln. Da das Tempo in dieser Aktion hoch ist und sich das Spiel auf das Tor der Grazer zubewegt, orientieren sich diese naturgemäß nach hinten. Das gibt Klein die Möglichkeit mit einem Haken nach hinten in die Mitte vor die Abwehrkette zu ziehen, was Nikola Vujadinovic (schwarz) eigentlich gut antizipiert. Allerdings ist das Herausrücken des Montenegriners nicht abgestimmt mit dem Verhalten der restlichen Verteidiger.

Vujadinovic kommt nicht in den Zweikampf und Michael Madl (rot) steht aufgrund des Herausrückens seines Nebenmanns im Zentrum alleine gegen zwei Salzburger. Da der linke Außenverteidiger von Salzburgs rechtem Flügel nach außen gezogen wurde, kann auch er das entstehende Loch nicht stopfen. Madl versucht zwar den angespielten Robert Zulj (gelb) ins Abseits zu stellen, was aber misslingt, da Klein im richtigen Moment abspielt. Die Art und Weise wie der Ball schließlich im Netz landet ist zwar unglücklich, jedoch wäre hinter dem Eigentorschützen ohnehin ein Salzburger freigestanden.

Red Bull Salzburg – SK Sturm Graz 1:2, Florian Kainz (73. Minute)

Dass die Grazer die Partie doch noch gedreht hat, lag vor allem an starken Einzelaktionen. Beim Ausgleich setzte sich Marco Djuricin im Strafraum gegen drei Gegenspieler gut durch und das 2:1 erzielte Florian Kainz mit einem Weitschuss, der so wohl auch nicht jedes Mal ins Netz geht. Interessanter war beim Siegtreffer jedoch die Entstehung.

Der Druck, den Salzburg über das Pressing auf Sturm ausübt, ist in dieser Aktion durchwegs sehr groß, aber Tobias Kainz (gelb) schafft es den Ball zu behaupten. Hier wird er schon während des Zuspiels von einem Gegenspieler attackiert, er muss daher mit dem ersten Ballkontakt in den Raum hinter den attackierenden Salzburger kommen. Aufgrund dessen, dass dessen Körperhaltung nach vorne geneigt ist, gibt Kainz das kurzzeitg relativ viel Platz, wodurch die Vorlage in den freien Raum nicht perfekt gespielt werden muss.

Dennoch ist der Druck weiterhin enorm groß, wie man im obigen Bild erkennt. Die Salzburger haben sich enger zusammengezogen und Kainz muss erneut mit dem ersten Ballkontakt die richtige Entscheidung treffen. Erneut macht er das Richtige und geht entgegen der Bewegung des attackierenden Gegenspielers an diesem vorbei.

Einen Haken später steht Kainz ein weiteres Mal vor demselben Problem und löst es auf bewährte Weise. Der Druck wurde zwar wieder gesteigert, aber der Sturm-Akteur behält die Übersicht und setzt den Haken entgegen der Körperhaltung seines Gegenspielers. Nachdem sich Kainz vom Druck Modric-like gelöst hat, kann Sturm die gegenüberliegende Seite überladen, die Salzburg aufgrund der hohen ballseitigen Kompaktheit preisgibt.

SC Wiener Neustadt – FK Austria Wien 0:1, Daniel Royer (64. Minute)

Zum Abschluss dieser Toranalyse blicken wir auf die Sonntagspartie zwischen dem SC Wiener Neustadt und Austria Wien. Lange kamen die Veilchen gegen die Niederösterreicher nicht durch, erst ein schön herausgespieltes Tor nach etwas mehr als einer Stunde ebnete den Weg zum 2:0-Sieg.

Die entscheidende Rolle in der Entstehung dieses Tors spielt aber nicht etwa der Torschütze oder Vorbereiter. Es ist ein Spieler, der in dieser Szene noch nicht mal den Ball berührt: Rechtsverteidiger Fabian Koch (schwarz). Er positioniert sich auf seiner Seite extrem breit, was dazu führt, dass sein nomineller Gegenspieler Lukas Denner (weiß) ebenfalls nach außen drängt.

Im ersten Moment scheint dies auch nachvollziehbar und richtig zu sein, schließlich hat Koch viel Platz und könnte flanken. Allerdings ermöglicht das Herausrücken von Denner einen Pass in den Zwischenlinienraum, was aufgrund der vier-gegen-vier-Stellung dort viel gefährlicher ist. Diesen Vorteil spielt die Austria mit ihren individuell besseren Einzelspielern in der Folge ohne Probleme aus.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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