Zeitvertreib auf Flug- und Busreisen ist in erfolgreichen Profifußballmannschaften immer gefragt, doch die traditionelle Würfelpokerrunde ist mittlerweile der Digitalisierung zum Opfer gefallen. Heute zocken... Anekdote zum Sonntag (156) – „Tut mir leid, Herr Inspektor, aber …“

Zeitvertreib auf Flug- und Busreisen ist in erfolgreichen Profifußballmannschaften immer gefragt, doch die traditionelle Würfelpokerrunde ist mittlerweile der Digitalisierung zum Opfer gefallen. Heute zocken die Spieler virtuell, schauen ins Tablett oder Handy. Wenn einer von ihnen in einer Zeitschrift blättert, ist das schon eine Rarität. Früher – als die Reiseprozedur noch nicht so durchgetaktet und medial beäugt wurde – fanden die Spaßvögel der Mannschaft auch immer zusätzliche Wege damit kein Lagerkoller aufkommt. Jedes Team hatte einen Typen, der als Scherzkeks die anderen zum Lachen brachte. Bei der Wiener Austria der 70er war dieser Typ Hans Pirkner.

Der 1946 geborene Wiener schnürte seine ersten Profischuhe für den FAC. 1969 wechselte er zu Schalke 04 und wurde dort unrühmlicherweise für seine Beteiligung um die Verschiebung eines Spieles gegen Arminia Bielefeld vom DFB für zwei Jahre gesperrt. Schon nach zehn Monaten wurde der Stürmer jedoch begnadigt und kam über Donawitz zur Wiener Austria, wo er seine beste Zeit haben sollte: Neben Prohaska, den Sara-Brüdern, Parits und Co. spielte sich Pirkner bis ins Europacupfinale, wurde Meister und Cupsieger und gehörte zum WM-Kader ’78. Nur knapp verpasste er damals Platz 1 der Torschützenliste. Nach zwei Jahren bei der Vienna beendete „Sweety“, wie Pirkner auch gerufen wurde, 1980 seine Karriere. Seine Mitspieler vermissten danach nicht nur seine Tore, sondern auch Streiche und Kindereien.

Ein bestimmter Gag wurde zu Hans‘ Markenzeichen, den er immer auspackte, wenn er und seine Teamkameraden einmal wieder an öffentlichen Orten Däumchen drehen mussten. Robert Sara erinnert sich: „Er bat uns oft nahe des von ihm auserwählten Opfers ‚die Mauer zu machen‘“, während er – auf allen Vieren – mit einem Taschenkamm dieser Person auf die Schuhspitzen klopfte. Sobald das Opfer etwas fühlte und sich umdrehte, sollten wir gesammelt erschreckt zum Plafond starren, als ob etwas von dort heruntergefallen sei.“ Im Nachhinein lachten sich Pirkner und seine Komplizen regelmäßig schief, wenn der/die Unschuldige rätselte, was nun gerade passiert sei.

Eines Tages, am Flughafen von Mailand, wurde der Witzbold jedoch übermütig und probierte seinen Lieblingsstreich an einem waschechten italienischen Polizisten aus. Der Carabiniere suchte – wie üblich – zwar zunächst Decke und Boden der Wartehalle ab, um sich die Begegnung der dritten Art zu erklären, sein Blick fiel letztendlich aber auf den Austria-Offensiven, der sein Kichern nicht verbergen konnte. Der Polizist fixierte Hansi daraufhin und ging langsam auf ihn zu. Pirkner konnte den stechenden Augen des Uniformierten nicht standhalten und machte sich verdächtig. Der Carabiniere stellte ihn schließlich zur Rede, doch Hans hatte Glück im Unglück, denn der Uniformierte wollte nur wissen, ob auch er etwas von der Decke fallen bemerkt habe.

Pirkner ergriff die Chance beim Schopf und klärte den Polizisten über seinen Gag auf: „Scusi, Herr Inspektor!“ Er hatte ein zweites Mal mehr Glück als Verstand, denn der Carabiniere verfügte über eine ausreichende Portion Humor und lachte letztendlich mit. Pirkner fiel ein Stein vom Herzen – kurz hatte er sich schon in einer Mailänder Arrestzelle gesehen. Schwamm drüber und beim nächsten Flug hielt „Sweety“ in der Wartehalle bereits nach seinem nächsten Opfer Ausschau.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag