Am Dienstag kommt es im Viertelfinale der Champions League zum Aufeinandertreffen zwischen Manchester United und dem FC Bayern München, in das die Bayern als... So spielt Manchester United: Die Stärken und Schwächen der Red Devils

Manchester United Wappen LogoAm Dienstag kommt es im Viertelfinale der Champions League zum Aufeinandertreffen zwischen Manchester United und dem FC Bayern München, in das die Bayern als klarer Favorit gehen. Zur Einstimmung auf das Spiel haben wir Manchester United einmal genauer beobachtet und analysieren die Spielweise der Red Devils. Darüber hinaus gibt es einen Ausblick, welche Schwächen der Mannschaft von David Moyes die Bayern bespielen könnten – aber auch, wo die Stärken des Teams liegen.

Die Engländer, die vom Schotten David Moyes trainiert werden, durchleben gerade schwierige Wochen. Das Team befindet sich im Jahr eins nach dem Abschied von Trainerlegende Sir Alex Ferguson im Umbruch, auch wenn es personell keine wirklich großen Veränderungen gab. Ohne Paul Scholes, dafür mit Fellaini und Juan Mata, der aber gegen die Bayern nicht spielberechtigt ist, steht man in der Liga auf Platz sieben und hinkt ohne Aussicht auf die erneute Qualifikation für die Champions League den eigenen Ansprüchen weit hinterher. Neben den klaren Niederlagen gegen Liverpool und Manchester City (jeweils 0:3) verloren die Red Devils auch das Achtelfinalhinspiel gegen Olympiakos Piräus mit 0:2. Immerhin wurde das Rückspiel dank Stürmerstar Robin van Persie, der dreimal erfolgreich war, gewonnen und der Aufstieg in die nächste Runde fixiert. Auch im letzten Liga-Spiel gegen Aston Villa konnte man einen 4:1-Erfolg im eigenen Stadion feiern.

Die Rolle des zurückfallenden Stürmers

1Durch den Ausfall von van Persie rückte in den vergangenen Spielen Wayne Rooney vom Platz hinter der Spitze in die vorderste Linie. Der englische Nationalspieler interpretiert seine Position dahingehend, dass er situativ auf die Flügel ausweicht, sich ansonsten aber eher in der Mitte des Spielfeldes aufhält und oft aus der Spitze nach hinten ins Mittelfeld fällt, wenn das Sturmzentrum von einem anderen Spieler übernommen wird.

Im Spiel gegen Manchester City zog z.B. Welbeck immer wieder vom linken Flügel in die Sturmmitte, wobei gleichzeitig Außenverteidiger Patrice Evra nach vorne schob und für Breite im mittleren Drittel sorgte. Den entstehenden Raum nutzte Rooney, um zurückzufallen. Die Idee hinter dieser Rochade: Anspiele in den Zwischenlinienraum auf den für diese Art von Situationen geeigneteren Spielertypen Rooney (vgl. Abbildung oben).

Asymmetrische Flügelspieler

In fast jedem Spiel passt David Moyes das Verhalten seiner Flügelspieler an die gegnerische Mannschaft an. Dabei gibt es in der Regel auf der einen Seite des Spielfeldes andere Angriffsmuster als auf der anderen.

Im Stadtderby gegen City gab es auf dem linken Flügel des Öfteren die von Rooney angestoßene Rochade mit Welbeck, die Fellaini, nominell als zentraler Mittelfeldspieler gestartet, ausbalancierte und absicherte, indem er sich im späteren Angriffsverlauf dort hinter dem aufgerückten Evra postierte und in seiner Funktion vor allem als Verbindungsspieler agierte.

Auf rechts war der eigentlich auf dem Flügel agierende Mata fast nur im Zentrum wiederzufinden, um dieses zu überladen und dort seine spielerischen und raumöffnenden Qualitäten ins Spiel bringen zu können. So hatte er eine ähnliche Rolle wie Rooney auf der anderen Seite inne und sollte sich auf eine der beiden linken Schnittstellen des defensiven 4-1-4-1 der Citizens klemmen, um dort aus der Innenverteidigung aus angespielt zu werden (vgl. Abbildung unten). Ziel war auch hier, dass Mata spieloffen im Zwischenlinienraum an den Ball kommen sollte. Um die Mitte dann nicht zu eng zu gestalten, balancierte einer der beiden Sechser, in der Regel vor allem Cleverley ,Matas Einrücken aus, indem er selbst auf den Flügel schob und bei Ballverlusten dort auch erst einmal blieb.

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Im Gegensatz dazu bot Moyes beim Sieg gegen Aston Villa auf rechts Young auf. Der Engländer blieb fast das komplette Spiel seiner breiten Rolle treu und öffnete Raum für die vertikalen Bewegungen des diesmal auf der Zehn spielenden Mata. Dieser pendelte nämlich immer wieder zwischen der Spitze und dem Zehner- oder Achterraum; und das gegenläufig zu Rooneys oder Kagawas Bewegungen.

Auch hier ist die Asymmetrie wieder klar zu erkennen: Young agierte breit und raumöffnend, sollte bei Kontern seine Schnelligkeit ausspielen und nach Verlagerungen freigespielt werden. Anders Kagawa, der von seiner Position weit in die Mitte schob, hier Überladungen schuf und sich an den gegenläufigen vertikalen Bewegungen in der Spielfeldmitte beteiligte.

Unterschiedliches Außenverteidigerverhalten

Entsprechend dem Verhalten der Flügelspieler passt sich natürlich auch das Verhalten der Außenverteidiger an. Agiert ein Flügelspieler breit und soll z.B. nach Verlagerungen angespielt werden, wie Young gegen Aston Villa, hat der Außenverteidiger eher eine absichernde Rolle im Halbraum, aus der er situativ den Flügelspieler vorderlaufen kann, aber hauptsächlich als Rückpassoption dient, damit sein Vordermann nicht einfach isoliert werden kann.

Um eine Verschiebebewegung des Gegners zu provozieren, gegen die dann die Verlagerung gespielt werden kann, agierte Büttner auf der linken Außenverteidigerposition weiter nach vorne geschoben, als sein Pendant Rafael auf der rechten Seite. Er ermöglichte es Kagawa durch Hinterlaufen viel in die Mitte einzurücken bzw. in das ein oder andere Dribbling zu gehen, nach dem dann die Verlagerung gespielt werden konnte.

Das zentrale Mittelfeld: Abkippende Bewegungen, Balancieren und Unterstützung des Sturmzentrums

Als Prototyp für einen Mittelfeldspieler bei den Red Devils kann Marouane Fellaini gelten. Er verkörpert während eines Spiels, bzw. von Spiel zu Spiel, immer wieder andere Rollen.

Gegen Manchester City z.B. fiel er oftmals zwischen die beiden Innenverteidiger zurück und erzeugte in letzter Linie eine Überzahl gegen die Angreifer von City. Das ermöglichte es den Innenverteidiger Jones und Ferdinand mit Ball am Fuß ins Mittelfeld zu rücken und von dort ihre Pässe in den Zwischenlinienraum zu spielen.

Geht es darum, dass nicht die Innenverteidiger vertikale Pässe in die gegnerische Formation spielen, sondern diese Pässe diagonal sein sollen, kippt Fellaini, genauso wie Carrick, gegen den FC Liverpool bei der 0:3-Heimniederlage hinter Außenverteidiger Rafael heraus und holt sich dort die Bälle.

Gegen Aston Villa wurde dieses Mittel, das Herauskippen zur Seite, noch zu einem anderen Zweck und in einer etwas anderen Art und Weise genutzt: Hier kippte Fletcher zwar auch hinter Rafael heraus, tat das aber nicht vor der Innenverteidigung, sondern ließ sich bis auf deren Höhe fallen. Für Aston Villa ergab sich daraus folgendes Dilemma: Verfolgte man Fletcher nicht, konnte er neben den beiden Stürmern (Villa spielte ein 4-4-2 gegen den Ball) vielleicht spieloffen angespielt werden, andererseits bestand aber ansonsten die Gefahr eines Schnittstellenpasses von Jones durch die beiden Stürmer und die Mittelfeldkette hindurch in den Zwischenlinienraum.

Darüber hinaus schiebt Fellaini in vielen Spielen, oft dann, wenn er nominell auf der Zehn spielt, weit in die Spitze, um dort als Zielspieler für lange Bälle zu agieren und seine Kopfballstärke auszuspielen. Wegen seiner Größe und vergleichsweise großen Unbeweglichkeit ist er als Zwischenlinienspieler eher ungeeignet und man beraubt ihn zweier Stärken: dem Passspiel und dem Gespür für den defensiven Umschaltmoment. Damit diese Stärken zum Tragen kommen, zieht es den Belgier immer wieder in die Halbräume, vor allem den linken, wo er wie bereits beschrieben absichernd und verbindend agieren bzw. einrückende Bewegungen seiner Kollegen ausgleichen kann.

Den abkippenden Part im Mittelfeld übernimmt für diese Spielweise von Fellaini zumeist Carrick, wobei die beschriebenen Mechanismen nicht zu sehr an einzelnen Namen ausgemacht werden sollten.

Die Probleme mit dem Zwischenlinienraum

Seit der Verletzung von van Persie fehlt Rooney vor allem im Zehnerraum, der in vielen Spielen relativ verwaist ist. Weil die im oberen Teil beschriebenen Mechanismen zum Öffnen des Zwischenlinienraums in der Theorie zwar gut zu den Spielern passen, praktisch aber nicht gut genug umgesetzt werden, muss vor allem Mata viel und weit zurückfallen, um das Spiel vom ersten in das zweite Drittel zu bringen. Hier steht er oft viel zu weit hinten, sodass er sich schon gar nicht mehr im Zwischenlinienraum befindet und dort ein riesiges Loch entsteht.

Und genau an dieser Stelle liegen im Moment die größten Probleme der Mannschaft von David Moyes. Ein geschicktes und kollektives Aufrücken nach vorne, das diese Probleme beheben könnte, findet nicht statt. Stattdessen hat United in vielen Spielen zwar einiges an Ballbesitz, allerdings viel in ungefährlichen Zonen und muss somit viele Angriffe über den Flügel vortragen.

In der Regel spielt United dann um den gegnerischen Defensivblock herum und kaum in diesen hinein. Die Folge sind viele Flanken, die aber oft nicht effektiv sind. Dabei muss jedoch betont werden, dass das Spiel der Red Devils keineswegs kopflos oder nicht strukturiert ist. Es gelingt ihnen jedoch nicht, die hergestellten Strukturen variabel und konstant gut zu bespielen. Moyes legt hier wohl den Fokus in dieser Saison auf eine konstante Weiterentwicklung der Mannschaft und nicht auf den kurzfristigen Erfolg.

Das 4-4-2 gegen den Ball: mal mit mehr und mal mit weniger Mannorientierungen

Gegen den Ball agiert Manchester mit einem 4-4-1-1-Mittelfeldpressing, wobei der hängende Stürmer, meistens Mata, auch immer wieder in 4-4-2-Stellungen schiebt, wenn das Pressing in höheren Zonen nach leitendem Anlaufen Rooneys konkreter wird. Dabei stehen die Stürmer nicht maximal eng zusammen, aber auch nicht weit voneinander entfernt. Die Schnittstelle zwischen beiden sichert einer der zentralen Mittelfeldspieler ab, der auch ein Abkippen des gegnerischen Sechsers verfolgt, woraus sich 4-3-3-Stellungen ergeben können.

Eine weitere Variante, wie sie u.a. gegen den FC Bayern München eingesetzt werden könnte und gegen Manchester City eingesetzt wurde, besteht darin, dass 4-4-1-1 als 4-5-1 zu interpretieren, wobei hier der Fokus auf positionsbezogenen, klaren Mannorientierungen im Mittelfeld liegt.

Im Spiel gegen die Mannschaft von Trainer Pellegrini kümmerte sich Fellaini immer wieder hervorragend um Yaya Toure, indem er sich stets nahe bei diesem befand und ihn auch oft durch die Nutzung seines Deckungsschattens aus dem Spiel nahm. So konnte er aus der Formation herausstechen und Druck auf den ballführenden Spieler bei City machen, ohne dass Toure anspielbar wurde. Druck auf die Aufbauspieler Citys im Halbraum war so prinzipiell immer gegeben und einfache Pässe ins Mittelfeld wurden zugestellt.

Ein weiteres großes Charakteristikum des Spiels gegen den Ball von Manchester ist die stark mannorientierte Spielweise der Außenverteidiger, die ihre Gegenspieler teilweise sogar bis in die gegnerische Hälfte verfolgen, wenn diese im Spielaufbau zurückfallen. Erfolgt diese Verfolgung von Flügelspielern ins Zentrum, im Stadtderby z.B. von Nasri durch Rafael, wird die Defensivstruktur asymmetrisch, weil der entsprechende Flügelspieler weiter nach hinten rückt, um gegebenenfalls in die Abwehrkette mit einrücken zu können.

Fehlende Absicherung des Rückraums durch Mannorientierungen

3Ein großes Problem, das sich durch die stark mannorientierte Spielweise ergibt, ist eine fehlende Absicherung des Rückraums in vielen Situationen. So werden nämlich auch aufrückende Achter oder Zehner, die in die vorderste Reihe schieben, mannorientiert aufgenommen.

So lässt sich Carrick immer wieder zwischen die beiden Innenverteidiger fallen und sichert damit ihr weites Verschieben zu den Flügeln ab – eine Möglichkeit, um dort in 2 gegen 1-, oder zumindest 2 gegen 2-Situationen (bei hinterlaufenden Außenverteidigern) zu kommen. Weiterhin vorteilhaft ist die Gleichzahl im Zentrum gegen zwei Spitzen und einer anschließenden Flanke; außerdem werden die Schnittstellen zwischen den Spielern und damit die Gefahr für Schnittstellenpässe kleiner. Problematisch sind allerdings Querpässe in den Rückraum. Hier fehlt der zweite Sechser, der auf dort an den Ball kommende Spieler heraustreten kann, um diese am Schussversuch zu hindern (Abbildung auf der rechten Seite).

In Bezug auf das Bayern-Spiel wird sicherlich interessant sein, wie United darauf reagieren wird, wenn die Münchner neben den beiden Außenverteidigern auch noch einen Achter in die vorderste Linie schieben werden, um für Distanzschütze von Kroos Raum zu schaffen. Wer verfolgt die Außenverteidiger? Und vor allem: wie wird die Mannschaft auf die vielen Offensivrochaden der Bayern reagieren?

Fazit & Ausblick

Was gut gegen die Bayern funktionieren könnte, sind die zonalen und positionsspezifischen Mannorientierungen, wenn sich die Münchner im Aufbauspiel befinden. Hier sollte Manchester allerdings nicht den Fehler machen und zu forsch pressen, denn es besteht die Gefahr, dass die Mannschaft von Pep Guardiola so unter Einbezug des Torhüters Manuel Neuer das Pressing gut und konstruktiv überspielen könnte.

Für die Münchner könnten ebenfalls Probleme entstehen, wenn Manchester z.B. über Young schnelle Konter über den Flügel vortragen kann, bei denen sich die Bayern diese Saison schon das eine oder andere Mal anfällig gezeigt haben. Schafft es Manchester zudem, den Zwischenlinienraum gut zu verschließen, im einfachsten Falle einfach durch eine sehr tiefe Verteidigungslinie, könnte das Spiel für Bayern durchaus unangenehm werden.

Im Normalfall ist der neue Meister der deutschen Bundesliga jedoch der klare Favorit, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit, wie sie die Ergebnisse der beiden Mannschaften in den letzten Wochen sprechen. Moyes wird sich vor allem in der Defensive einiges überlegen müssen, wobei ein tiefes und mannorientiertes Mittelfeldpressing – richtig gespielt – gar nicht der schlechteste Ansatz sein.

Tobias Robl, www.abseits.at

Tobias Robl

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