Mit dem 2:2 gegen den direkten Tabellennachbarn VfL Wolfsburg zog Borussia Mönchengladbach am aktuellen Vizemeister Dortmund in der Tabelle der Bundesliga vorbei und schob... Teamporträt: Borussia Mönchengladbach (1) – Statistiken und der Spielaufbau aus der Abwehr heraus

Martin Stranzl (Borussia Mönchengladbach)Mit dem 2:2 gegen den direkten Tabellennachbarn VfL Wolfsburg zog Borussia Mönchengladbach am aktuellen Vizemeister Dortmund in der Tabelle der Bundesliga vorbei und schob sich am letzten Spieltag der Hinrunde noch auf Platz drei. Die Borussia, die unter Trainer Favre diese Saison alle Heimspiele  bis auf das jüngste Remis gegen Wolfsburg gewann, steht dabei für gut strukturierten und konstruktiven Ballbesitzfußball.

Galt Borussia Mönchengladbach in der Saison 2011/12 noch als reine Kontertruppe, steht sie heute für Ballbesitzfußball moderner Prägung. Mit Spielern wie Marco Reus, Dante und Roman Neustädter konnte man 2012, schon damals übrigens unter dem Schweizer Trainer Lucien Favre, hinter Schalke und vor Leverkusen den vierten Platz belegen. Nach den Abgängen der drei Topspieler –Reus zu Dortmund, Dante zu Bayern und Neustädter zu Schalke- tingelte die Borussia durch die anschließende Saison und wurde am Ende Achter. Mit neuem System und passendem Spielermaterial zeigte Gladbach dann diese Saison fast durchweg gute Leistungen. Entscheidend dafür ist vor allem, die im Sommer vorgenommene Neustrukturierung der Mannschaft, die Sportdirektor Max Eberl mit den Verpflichtungen von Max Kruse, Raffael und Christoph Kramer entscheidend vorantrieb.

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 Aufstellung von Borussia Mönchengladbach in den letzten Spielen der Hinrunde

Statistiken

Die These, dass Gladbach eine Ballbesitzmannschaft ist, bzw. wie eine solche agiert, untermauert ein Blick auf die Statistiken: Gladbach spielt 529 Kurzpässe pro Spiel, was 85%, der überhaupt gespielten Pässe entspricht. Entsprechend hoch ist die erfolgreich Passquote von  86%, der durchschnittliche Ballbesitz beträgt 56%.Der linke Flügel ist die Hauptangriffsseite, über die 41% der Angriffe vorgetragen werden. Grund dafür ist die leicht asymmetrische Spielweise der Borussia. Rechts agiert mit Herrmann ein sehr linearer Akteur, der immer wieder mit Tempo ins Zentrum geht. Auf links startet die Borussia hingegen immer wieder Überladungsversuche um spielerisch zu Torchancen zu kommen. Hier spielt auch Außenverteidiger Wendt deutlich offensiver, was sich in bereits drei erzielten Toren widerspiegelt.

Ein Blick auf die erzielten Tore zeigt, dass vor allem Herrmann, Raffael, Kruse und Arango das Offensivspiel der Borussia dominieren. Sie erzielten insgesamt 25 der 35 Gladbacher Tore. Interessant an den Toren ist, dass 26 aus dem offenen Spiel heraus fielen und nur einem Tor ein Konter vorherging. Doch nicht nur die Offensive der Borussia beeindruckt. Auch der Speilaufbau ist qualitativ auf sehr hohem Niveau.

Gladbachs Spielaufbau

Eines der prägenden Stilmittel ist das pendelnde Verhalten der beiden Sechser Xhaka und Kramer. Einer der beiden lässt sich immer wieder nach hinten, zwischen die Innenverteidiger fallen, während der andere eine Position in den Halbräumen einnimmt, in der er formative Lücken der gegnerischen Formation besetzt. Für diesen Fall der Positionierung findet die Spieleröffnung dann oft über die hohen Außenverteidiger statt, oder aber eben über den im Halbraum stehenden verbleibenden Sechser.

2Kramer kippt heraus: Kramer stellt durch seine Positionierung eine Überzahlsituation (linker Innenverteidiger plus Außenverteidiger und Kramer selbst, gegen den rechten Mittelfeldspieler von Blau und den rechten Stürmer) im linken defensiven Halbraum der Borussia her und zwingt den nahen Sechser, der hier eine Mannorientierung gegen Kramer spielt zum Nachrücken. Damit der Passkanal durch die beiden Stürmer (rotes Dreieck) geschlossen bleibt, muss der zweite Sechser nachschieben, genauso wie der linke Außenspieler (schwarze Pfeile). Durch das Einrücken der blauen Mannschaft, kann Gladbach hier über den freien grünen Raum durch einen aufrückenden Innenverteidiger nach vorne kommen. Geschieht dieses Einrücken von Blau nicht, kann Kramer weiter in den Halbraum oder sogar nach Außen driften, um sich von seinem Gegenspieler zu befreien und die Borussia kann dann diese Staffelung durchspielen.

Neben dieser Variante rücken die Innenverteidiger Stranzl und Jantschke gerne mit Ball am Fuß auf und zwar vor allem dann, wenn einer der Sechser abgekippt ist. Um Räume zu öffnen, in die die beiden Innenverteidiger dribbeln können, geht dann meist Kramer mehr ins Zentrum und bietet sich auf eine der zentralen Schnittstellen an (beim 4-4-2 die Schnittstelle zwischen den Stürmern), um die erste Pressinglinie des Gegner zusammenzuziehen. Will diese die zentrale Schnittstelle verteidigen, dann dürfen die einzelnen Spieler (im Beispiel die beiden Stürmer) nicht zu weit auseinander stehen. Um dieses Verhalten zu provozieren spielt Xhaka oftmals Kramer zwischen den Linien an, der den Ball in der Mehrzahl der Fälle einfach tropfen lässt, damit aber die gegnerischen Spieler im Pressing zwingt weiter einzurücken. So wird der Raum für die Innenverteidiger geschaffen, die in ihrem Aufrücken durch den abgekippten Sechser, dann auch entsprechend abgesichert sind.

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Möglicher Ablauf, wenn Kramer zentral bleibt: Kramer bietet sich auf die Schnittstelle zwischen den beiden Innenverteidigern an, bekommt von Xhaka, den Ball und kann keine Aktionen nach vorne starten, weil er sofort Druck von den einrückenden Stürmern bekommt. Deshalb lässt er den Ball einfach tropfen, Xhaka kann die Verlagerung auf einen der beiden Innenverteidiger spielen und die erste Pressinglinie ist überspielt, indem der Innenverteidiger mit Ball am Fuß aufrückt.

Diese Mechanismen und auch einfach die guten Leistungen von Xhaka, der erst seit der letzten Rückrunde so richtig aufblüht, und dem nur ausgeliehenen Kramer, sind einer der Hauptgründe, warum das Gladbacher Spiel so gut funktioniert, und die Grundvoraussetzung um die guten Strukturen der Offensive bespielen zu können. Vor allem Kramer hat ein sehr gutes Gespür dafür, wann er abkippen muss, und wann es sinnvoller ist im Halbraum zu bleiben oder nach vorne zu schieben.

Im zweiten Teil werden wir uns die Rollen der Stürmer und Außenverteidiger ansehen.

Tobias Robl, www.abseits.at

Tobias Robl

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