Seit 2013 wurden in England vier verschiedene Mannschaften Meister. Bei zwei ehemaligen Titelträgern klafft aktuell – wieder einmal – eine Kluft zwischen Anspruch und... Lampard und Solskjaer: Mit den Vereinslegenden zurück zu alter Glory?

Seit 2013 wurden in England vier verschiedene Mannschaften Meister. Bei zwei ehemaligen Titelträgern klafft aktuell – wieder einmal – eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Da Rekordmeister Manchester United, dort der amtierende Europa League Gewinner Chelsea London. Beide haben eines gemeinsam: Eine ehemalige Vereinslegende soll den Ruhm aus Spielertagen nun als Manager zum Klub zurückbringen. Doch da wie dort wird man schon etwas nervös. Die Ergebnisse und in der Folge die Tabellenposition geben Anlass dafür. Dazu wirkt die direkte Konkurrenz besser, zumindest prominenter aufgestellt. Kein leichtes Unterfangen für die „Trainerlehrbuben“ die in den qualitativ besetzten Coachingzonen ehest bald ihr Meisterstück ablegen sollen.

8 Punkte aus 6 Partien – Ein durchwachsener Saisonstart

Manchester United und Chelsea London stehen mit acht Punkten aus sechs Partien im Mittelfeld der Tabelle. Die Bilanz von je zwei Siegen, Unentschieden und auch schon Niederlagen hätte man sich anders vorgestellt. Nach dem durchwachsenen Saisonstart samt zu oft wenig inspirierender Leistungen wird man vor allem in Manchester schon etwas unruhig.

Die nötige Qualität der beiden Trainer wird angezweifelt oder zumindest kritisch beäugt. Frank Lampard und Ole Gunnar Solskjaer genießen ob der glorreichen Vergangenheit samt deren Verdienste im Vereinstrikot das Privileg des Legendenbonus. Doch stellt der gerade in heutigen millionenschweren Zeiten nur mehr ein bedingt gültiges Jobbehalte-Argument dar. Vor allem wenn das Ziel wankt, die zur Champions League befähigenden Plätze eins bis vier in die Ferne rücken, könnte schnell die Reißleine gezogen werden.

Was kann man Ole Gunnar Solskjaer ankreiden?

Die „Red Devils“ schaffen es zu selten, aktiv einen Gegner ihr Spiel aufzuzwingen oder zumindest mit dem ureigenen Killerinstinkt, enge Spiele mit der schier eigenen „Manchester-Gefälligkeit“ doch zu gewinnen. Der Motor des Rekordmeisters stottert, man jagt den eigenen, hohen Erwartungen hinterher. Nach dem Mourinho-Kater brachte die Klubikone zwar neuen Schwung ins „Theater der Träume“, doch kritische Stimmen werden dieser Tage immer lauter. So steht man jetzt erst bei zwei Liga-Siegen, Niederlagen gegen West Ham und Crystal Palace passen nicht ins eigene Selbstverständnis.

Dabei muss der aktuelle Übungsleiter viel mehr strategische Fehler in der Kaderzusammenstellung ausbaden. Dieser wirkt nämlich nach wie vor wie ein unstimmiges Mosaik aus den Präferenzen der unterschiedlichen Spielphilosophien der (gescheiterten) Ferguson-Nachfolger Moyes/vanGaal/Mourinho. Auch wurde im Sommer wieder um hundert Millionen nachgerüstet, vor allem um die Defensive mit Aaron Wan-Bissaka und Harry Maguire zu stabilisieren. Nicht zuletzt bedingt durch einiger Verletzungen wirkt die Mannschaft am Platz auch dieser Tage weiterhin wenig harmonisch.

Dazu wird dem 46-Jährigen vor allem die mangelnde Erfahrung auf internationalem Top-Niveau angekreidet. Bei Molde stand er in 241 Partien an der Seitenlinie, dabei brachte er die zwei norwegischen Meistertitel und einen Pokalsieg als Referenz ins Bewerbungsschreiben. Bei Cardiff wurde Solskjaer nach dreißig Spielen, inklusive eines Abstiegs samt verkorkstem Saisonstart in der Championship entlassen. Jetzt hält er bei Manchester nach 37 Partien bei 1,72 Punkten je Spiel, was den schlechtesten Wert in der Pre-Ferguson-Ära darstellt. Wobei der Wert seit der offiziellen Vertragsverlängerung auf 1,11 in den letzten 18 Partien radikal gesunken ist. Dazu hat er bei den „Red Devils“ aus 37 Spielen schon 11 Partien verloren. Die Spielerkarriere beendete er 2007, in 235 Partien erzielte er 92 Tore für die Ferguson-Mannschaft.

Was wirft man Frank Lampard vor?

Eigentlich weniger, man hat Verständnis und hofft, dass die positiven Ansätze Früchte tragen. Denn durch den Transfer-Bann und dem Abgang von Topstar Eden Hazard, genießt der bestehende, zwangsläufig auch verjüngte Kader einen Bonus im Umfeld des Vereins. Gerade das könnte auch eine Chance für den Klub sein, die oft zu spät angegangene Verjüngungskur eines Kaders in Angriff zu nehmen. Frank Lampard passt da wohl ideal ins Anforderungsschema, stellte er den erfolgreichen Umgang mit jüngeren Spielern bereits bei Derby County unter Beweis, die er als Sechster bis ins Play-Off-Finale und da fast in die Premier League führte. Auch in der neuen Saison macht er aus der Not eine Tugend und vertraut seinen Youngsters. Mit Tammy Abraham (7) hält man den zweitbesten Torschützen der Liga. Auch Mason Mount und Fikayo Tomori legten schon erste Reifeprüfungen in der Kampfmannschaft ab, die verletzten Ruben Loftus-Cheek oder Callum Hudson-Odoi werden bei den „Blues“ auch bald ihre Rolle spielen.

(Noch) leise Kritiker sehen aber neben der Tabellenposition samt den erst zwei eingefahrenen Siegen, die vielen Gegentore. Deren 13 sind es bislang und damit die drittmeisten der Liga kassierte man schon in der neuen Spielzeit, wohlgleich das Auftaktprogramm eines der schwereren Sorte war. Dazu ist Lampards Trainer-Erfahrung mit erst einer Saison Championship überschaubar. In den Duellen mit der Creme de la Creme des internationalen Trainermarkts, die sich in den englischen Coaching Zonen tummelt, wird ihm der Mangel an Erfahrung angelastet. Trotz alledem sitzt Chelseas Rekordtorschütze derzeit noch komfortabel im Trainerstuhl, der Verein möchte mit der Ikone den Umbruch vollziehen. Die bis 2014 absolvierten 429 Spiele inklusive der 147 Treffer sind auch dem jüngeren Fan noch ein Begriff und dementsprechend ein härteres Jobargument als zum Beispiel bei Solskjaer.

Der Kampf ums Minimalziel „Champions League Plätze“

Um das Ziel Champions League zu erreichen, könnte die fehlende Erfahrung der beiden Trainer schlussendlich die entscheidenden Punkte kosten. Die vier anderen Manager bei den ersten Anwärtern um die Top-Vier-Plätze sind mit Pep Guardiola, Jürgen Klopp, Mauricio Pochettino und Unai Emery deutlich erfahrener, weil entsprechend länger im Geschäft. Und als ob die Sache mit der Lotterie „vier aus sechs“ nicht schon kompliziert genug zu seien scheint, mischen Leicester mit Brendan Rodgers genauso wie West Ham mit Manuel Pellegrini oder sogar Bournemouth mit der heißesten englischen Traineraktie – Eddie Howe – auch noch vorne mit.

Die nächste Gelegenheit um mit Punkten Werbung in eigener Sache zu machen, gibt es am Wochenende. Frank Lampard empfängt am Samstag Brighton, während Ole Gunnar Solskjaer in einem Monday-Night-Game den direkten Konkurrenten Arsenal begrüßt.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner