Der Ruhm des ehrwürdigen Duells zwischen den beiden Clubs aus Mailand ist etwas verblasst. Was einst das Spiel um die Vorherrschaft Italiens war, ist... Das Mailänder Derby – Inter wird für den längeren Atem belohnt

Inter MailandDer Ruhm des ehrwürdigen Duells zwischen den beiden Clubs aus Mailand ist etwas verblasst. Was einst das Spiel um die Vorherrschaft Italiens war, ist nun das Duell des Sechsten mit dem Dreizehnten. In einem defensiv geprägten Derby setzte sich diesmal Inter knapp durch.

Inter trat in einer eher defensiven 3-5-1-1-Grundordnung an. Vor Handanovic bildeten Campagnaro, Rolando und Juan die Innenverteidigung. Die Flügelspieler hießen Nagatomo und Jonathan, das Zentrum besetzten Zanetti, Cambiasso und Taider. Palacio, die einzige Spitze, wurde von Guarin unterstützt.

Allegri setzte auf eine 4-3-2-1-Formation mit Abbiati im Tor. Die Innenverteidigung, Bonera und Zapata, flankierten Constant und De Sciglio. Im zentralen Mittelfeld tummelten sich Muntari, De Jong und Poli, davor kamen Kaka und der junge Saponara zum Einsatz. Balotelli postierte sich natürlich im Sturm.

Der AC Mailand presste mit weit eingerückten Flügelspielern, um die Verbindung der Innenverteidiger Inters zu den Flügeln zu kappen. Das verlangsamte ihr Aufbauspiel, da ihnen im engen Mittelfeldzentrum mit sechs Spielern Milans keine Freiheiten gewährt wurden. Wenn der Ball dann doch zu Jonathan oder Nagatomo gelangte, waren sie von den Zentrumsakteuren isoliert, weshalb ihre Passpräzision in der ersten Halbzeit nur 67% (Jonathan) beziehungsweise 72% (Nagatomo) betrug. Auf diese Weise blockierte Milan die Spielfeldmitte, so dass Inter keine Torchancen erspielte. Da das Pressing Milans ziemlich passiv war, erlitten sie trotzdem keine Ballverluste in tiefen Zonen, weshalb sie wenige Probleme mit Kontern bekamen. Aus seiner tiefen Stellung konnte Inter aber ebenfalls keine Konter setzen.

Inter formierte sich sehr tief, auch wenn sie situativ höher aufrückten. Dabei liefen Palacio und Guarin frontal die Innenverteidiger an, während entweder einer der Flügelspieler oder ein zentraler Mittelfeldspieler die Außenverteidiger bedrängte. Da Guarin in diesen Situationen seine Deckung auf De Jong aufgeben musste, konnte Milan sich aber häufig über den Niederländer befreien. Inter verteidigte die tiefen Räume sehr kompakt, während es Milan an Breite mangelte. Obwohl besonders De Sciglio relativ hoch schob, weil er vom herauskippenden Poli abgesichert wurde, war das Flügelspiel ineffektiv. Die Außenverteidiger erhielten keine passenden Zuspiele in den Lauf, da das Timing nicht stimmte. Zudem wurden sie von Inters Wing-Backs bewacht. Kaka und Saponara kombinierten in den Halbräumen vor Inters Defensivblock, sie schafften es aber nicht, die gefährlichen Räume zu erobern, auch weil Inters Innenverteidiger klug herausrückten, wenn sie im Zwischenlinienraum angespielt worden waren. Eine Gefahrenquelle war hingegen Handanovic, der bei Flanken äußerst unsicher wirkte.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde Milan, das bereits vorher den Ballbesitzvorteil hatte, etwas druckvoller. In der 53. Minute ereignete sich die erste Torchance nach einem Pass durch die Schnittstellen der Abwehrkette, vorher hatten die tiefen Defensivblöcke das nicht zugelassen. Insgesamt erhöhte Milan die Fluidität der Offensive. In der 64. Minute gab es zum Beispiel eine Szene, wo Kaka rechts außen den Ball führte und von Poli hinterlaufen wurde, während Muntari den Strafraum besetzte. In der ersten Hälfte gab es solche dynamischen Rochaden kaum. Ein weiterer Grund für die Verbesserung war die Leistungssteigerung Balotellis, dem es nun öfter glückte, Bälle in der Spitze zu behaupten.

Da das Spiel an Tempo zunahm, wurde dann auch Inter gefährlicher. Um die Hektik zu befeuern, agierten sie nun mit mehr langen Pässen und Diagonalbällen auf Nagatomo. In diesen dynamischeren Situationen schafften sie es eher, ihn in Szene zu setzen. Ihre Chancen entstanden dadurch, dass die Wing-Backs wiederum zurück an den Strafraum flankten.

Die Partie wurde wohl erheblich von den Wechseln mitentschieden. Mazzari brachte Kovacic für Taider, der die Ballzirkulation mit seiner Technik verbesserte. Allegri hingegen beschloss, Saponara mit Matri zu tauschen. Was er damit beabsichtigte, ist unklar. Matri war als Zuarbeiter von Balotelli verloren, da er nicht über die Ballbeherrschung Saponaras verfügt. Frappierender war allerdings, dass er es auch an defensivem Engagement vermissen ließ. Nachdem Palacio mit einem genialen Ferserl die Führung besorgt hatte, warf Milan mit Pazzini, Matri und Balotelli alles nach vorne, was jedoch nicht von Erfolg gekrönt wurde.

Fazit: In einem von Defensive geprägten Derby war der AC Mailand über weite Strecken die optisch überlegene Mannschaft, die aber dennoch nicht viel Torgefahr erzeugte. Beide Seiten beließen viele Akteure hinter dem Ball und verteidigten nicht besonders offensiv. Erst spät wurde die Partie offener, wobei Inter in der Schlussphase wegen der Einwechslungen die Dominanz erlangte.

Leonard Dung, abseits.at

Leonard Dung

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