Am 29.11.2010 kam es im Camp Nou zu einer weiteren Auflage des El Clásico, dem ewig jungen Duell zwischen dem FC Barcelona und Real... Retro-Analyse: Als Barcelona die Königlichen aus Madrid demütigte

Am 29.11.2010 kam es im Camp Nou zu einer weiteren Auflage des El Clásico, dem ewig jungen Duell zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid. Es war das erste Aufeinandertreffen der beiden Trainer Pep Guardiola und José Mourinho, seitdem Letzterer den Trainerposten in der spanischen Hauptstadt übernommen hat. Dieses erste Aufeinandertreffen der beiden Trainergurus in La Liga war der Startschuss für eine der legendärsten und prägendsten Rivalitäten der Fußballgeschichte. An diesem Abend sollten es die Katalanen sein, die mit einem furiosen 5:0-Kantersieg die Oberhand behielten. Doch vor allem die Art und Weise wie dieser Sieg zustandekam, kann in die Kategorie ‚Machtdemonstration‘ eingeordnet werden.

Barca dominiert das Spiel in der gegnerischen Hälfte – Real mit wenig Entlastung

Guardiola schickte sein Team in Barcas traditioneller 4-3-3-Grundformation in die Partie. Der Fokus lag auf dem Spiel durch das Zentrum. Sergio Busquets agierte als sogenannter Ankersechser vor den beiden Innenverteidigern Carles Puyol und Gerard Piqué. Die beiden Spanier Xavi (im rechten Halbraum) und Andres Iniesta (im linken Halbraum) agierten auf den Achter-Positionen. Um eine numerische Überlegenheit im Zentrum gegen Reals 4-2-3-1 herstellen zu können war die nominell einzige Spitze Lionel Messi von entscheidender Bedeutung: In seiner unter Guardiola etablierten Rolle als Falsche Neun kippte der Argentinier permanent ins Mittelfeld ab um mit Busquets, Xavi und Iniesta eine 4-gegen-3-Überzahl im Zentrum gegen Reals Mesut Özil, Sami Khedira und Xabi Alonso herzustellen.

Für den Fall, dass sich einer der beiden gegnerischer Innenverteidiger – Pepe oder Ricardo Carvalho – dazu entscheiden sollte, Messis ins Mittelfeld zu folgen, öffneten sich hinter der letzten Verteidigungslinie der Madrilenen Räume, die von den nominellen Flügelstürmern David Villa und Pedro mit Tiefenläufen angegriffen wurden. Sollten die Innenverteidiger die Höhe seiner Abwehrkollegen halten, konnten die Katalanen die Überzahl im Zentrum mit Hilfe von permanenten Positionsrotationen ausspielen. So kam es des Öfteren vor, dass Messi gar auf Höhe des Sechsers Busquets oder in einem der beiden Achterräume auftauchte, manchmal sogar am Flügel.

Durch das permanente Scannen des Spielfeldes wussten speziell die vier genannten zentralen Spieler Barcas zu jeder Zeit, wo sich die Mit- und Gegenspieler befanden bzw. wo sich dadurch Räume ergaben. Anhand dieser Erkenntnisse wurden die Räume permanent dynamisch besetzt und die Grundordnung des Gegners durcheinandergebracht. Vor allem Xabi Alonso und Sami Khedira waren oft unsicher, welcher Raum oder Gegenspieler attackiert werden sollte.

Die Entstehung des 1:0 in der 10. Minute sollte aus einer solchen Positionsrotation entstehen: Messi kippte auf die rechte Achterposition ab, Xavi rückte dadurch ins Zentrum, der rechte Flügelspieler Pedro war plötzlich auf der Position des Mittelstürmers zu finden. Messi verlagerte das Spiel in den linken Halbraum auf Iniesta. Dieser konnte die beiden gegnerischen Sechser dank seiner klugen Positionierung außerhalb deren Deckungsschatten mit dem ersten Kontakt überwinden und nun Richtung Abwehrkette dribbeln. Dies lockte Innenverteidiger Pepe aus seiner Position, um den Ballführenden zu attackieren. Die Lücke dahinter wurde vom temporären Neuner Pedro angegriffen, was wiederum Carvalho dazu zwang, das Laufduell aufzunehmen und die Schnittstelle hinter sich zu seinem Außenverteidiger Marcelo zu öffnen. Diesen Raum erkannte der zentral positionierte Xavi und griff diesen mit einem Tiefenlauf aus der Etappe an. Iniesta setzte ihn mustergültig in Szene und weder Marcelo noch Schlussmann Iker Casillas konnten Xavi daran hindern, das 1:0 zu erzielen.

Das Dribbling von Iniesta (8) und der Tiefenlauf von Pedro (17) reißen Lücken in die Viererkette Reals. Eine davon kann Xavi (6) nützen, um das 1:0 für den FC Barcelona zu erzielen.

Eines der Prinzipien in Guardiolas Positionsspiel besagt, dass pro Seite nur ein Spieler als Breitengeber (sprich ein Spieler, der sich am Flügel positioniert) agieren soll. Es gibt keine fixen Vorgaben, ob es sich dabei um den Außenverteidiger oder den Flügelstürmer handeln muss. So kann dem Gegner ein Pressingtrigger genommen werden, indem der lange Ball des Außenverteidigers auf den Flügelspieler in geschlossener Körperstellung schon von der Grundpositionierung her nicht möglich ist.

Barca agierte in Sachen Flügelbesetzung mit einer Asymmetrie. Auf der linken Seite war es Flügelstürmer David Villa, der als Breitengeber auf Höhe der gegnerischen Verteidigungslinie agierte. Linksverteidiger Eric Abidal passte seine Höhe an jene der Innenverteidiger an, um mit eben jenen einen Dreieraufbau zu bilden. Abidal agierte dabei im linken Halbraum, Puyol im Zentrum und Piqué im rechten Halbraum.

Auf der rechten Seite war es Außenverteidiger Dani Alves, der das Pendant zu Villa auf der linken Seite gab, indem er die Flügelzone auf Höhe der Verteidigungslinie Reals besetzte. Diese Positionierung hatte einen essenziellen Effekt auf die Defensivorganisation Reals. Alves‘ direkter Gegenspieler Angel Di Maria ging den Weg von Barcas Rechtsverteidiger permanent mit, wodurch sich bei den Gästen eine Fünferkette bildete. Dies wiederum ermöglichte es den Katalanen das Spiel über den rechten Halbraum über Piqué und Xavi aufzubauen, da dieser Raum durch die hohe Positionierung Alves‘ und das Begleiten von Di Maria stets bespielbar war.

Dies geschah primär durch Zuspiele von Piqué auf Xavi. Das eine oder andere Mal war es der Innenverteidiger selbst, der den Raum mittels Andribbeln attackierte. In diesem Fall bewegte sich Xavi so, dass er stets als ‚Stepback-Player‘ zu Verfügung stand, sprich als Anspielstation nach hinten, für den Fall, dass die progressive Spielfortsetzung nicht möglich war. Dies wiederum war ein Trigger für Messi, sich aus seiner Grundpositionierung als Neuner zu lösen und den Raum, der durch Xavis eben beschriebene Bewegung frei wurde, zu besetzen.

Flügelstürmer Pedro rückte in den Halbraum ein und positionierte sich immer wieder geschickt zwischen Innen- und Außenverteidiger des Gegners. Dies hatte Zuordnungsprobleme bei Real zur Folge, da sich Carvalho und Marcelo des Öfteren nicht einig waren, wer für Pedro zuständig ist.

Als zentrales Element im Positionsspiel gilt es, stets diagonale Passlinien zueinander herzustellen. Die Spieler sollen mit ihrer Positionierung stets Dreiecke, im Idealfall Rauten bilden, wodurch ein imaginäres Netz um den Gegner gespannt wird. Durch kurzes, schnelles Passspiel soll der Gegner ins Pressing gelockt und gleichzeitig die Räume hinter den attackierenden Gegenspielern genutzt werden. Die Abstände zueinander sollten nicht zu groß sein und die positionelle Verbindung zwischen den Spielern stets gehalten werden. Für den Fall eines Ballverlustes ist man somit auch sofort bereit, den Ball mittels Gegenpressing zurückzuerobern, was den Katalanen nicht nur in diesem Spiel gut gelang.

So entstand das Bild einer dominanten Barcelona-Elf, die den Gegner größtenteils in dessen eigener Hälfte einschnürte und durch die engen Positionierungen zueinander eine potenzielle Kontergefahr meist im Keim ersticken konnte. Im Vorfeld des Treffers zum 2:0 durch Pedro waren die Katalanen eine Minute und zwanzig Sekunden durchgehend am Ball. Doch dazu später mehr.

Reals Probleme im Pressing trotz physischer Überlegenheit

José Mourinho entschied sich in diesem Spiel für ein 4-2-3-1-System und suchte sein Heil im Mittelfeldpressing. Die beiden Innenverteidiger Barcas sollten im Aufbau nicht großartig attackiert werden, solange sie nicht in die Pressingzone eindrangen. Diese Zone begann etwa auf Höhe des Mittelkreises in der gegnerischen Hälfte. Stürmer Karim Benzema und Zehner Mesut Özil agierten dabei mit Mannorientierungen auf Busquets und Xavi, entweder durch Zustellen oder mittels Aufnahme des Gegenspielers in den eigenen Deckungsschatten. Vor allem Xavi gelang es durch kluge Bewegungen im Rücken des Gegners, sich permanent aus dem Deckungsschatten zu lösen und eine Passlinie für den Ballführenden anzubieten. Durch das Abkippen Messis bzw. durch die Freilaufbewegung Busquets‘ im Rücken des direkten Bewachers wurde eine Überzahl hergestellt, welche es Sechser Xabi Alonso erschwerte, Druck auf Xavi auszuüben, sobald dieser an den Ball kam. Ein zu forsches Attackieren hätte Räume hinter ihm geöffnet, die Barca durch seine dynamische Positionierung problemlos hätte bespielen können. So hatte Xavi oftmals genügend Zeit, um sich in offener Körperstellung zu positionieren und das Spiel nach Belieben fortzusetzen.

Die beiden Flügelspieler Cristiano Ronaldo und Angel Di Maria agierten ebenfalls mannorientiert. Dies hatte zur Folge, dass Barca die 4-2-3-1-Grundformation der Königlichen so manipulierte, dass daraus ein 5-2-3 wurde. Di Maria begleitete Alves auf Höhe der eigenen Verteidigungslinie, Ronaldo agierte auf der gleichen Höhe wie Benzema und Özil.

Di Maria (22 – rot) agierte mannorientiert gegen den stets hochschiebenden Alves (2 – blau), wodurch sich eine situative Fünferkette bei Real ergab. Ronaldo (7) spielte gegen den Ball ebenfalls mannorientiert gegen Abidal (22). Benzema (9) und Özil (23) versuchten Busquets (16) und Xavi (6) in den Deckungsschatten zu stellen. Mit den dahinter sichernden Sechsern Khedira (24) und Xabi Alonso (14) ergab sich oft ein 5-2-3 gegen den Ball.

Barcas Herzstück war zweifelsohne das Zentrum und Mourinho wollte den kleingewachsenen Xavi, Iniesta und Messi mit physischer Überlegenheit in Person von Xabi Alonso, Sami Khedira sowie den beiden Innenverteidigern Pepe und Carvalho entgegenwirken. Durch die bereits genannten Positionsrotationen gab es allerdings große Zuordnungsprobleme bei den Hauptstädtern. Sie sahen sich stets einer Unterzahl ausgesetzt und konnten so überhaupt keinen Zugriff herstellen.

Barca eröffnete eine Vielzahl seiner Angriffe über die rechte Seite bzw. den rechten Halbraum. Vor allem jener Raum, in dem sich Messi aufhielt, erwies sich als entscheidend für den jeweiligen Ballvortrag. Real ließ sich durch Barcas oftmaliges Überladen des rechten Flügels auf die ballstarke Seite locken, was definitiv zum Plan der Katalanen gehörte. Iniesta rückte als linker Achter maximal bis in das Zentrum ein, um im richtigen Moment als Verlagerungsspieler zu dienen oder, wie bei der Entstehung zum 2:0 in der 18. Minute, einen sogenannten ‚Dummyrun‘ in die Schnittstelle zwischen den rechten Innenverteidiger Pepe und Rechtsverteidiger Sergio Ramos zu starten. Dummyrun deshalb, da Iniesta mit diesem Tiefenlauf die Aufmerksamkeit Ramos‘ auf sich zog und somit David Villa am ballfernen Flügel von seinem direkten Gegenspieler isolierte.

Durch den Laufweg wurde somit der Diagonalball von Xavi auf Villa ermöglicht, Iniesta selbst kam in dieser Situation allerdings gar nicht an den Ball. Villa hatte nun genügend Zeit, um Xavis Ball unter Kontrolle zu bringen und sich auf das Eins-gegen-Eins am Flügel gegen Ramos vorzubereiten, welches er letztendlich auch für sich entscheiden konnte. Das Prinzip Overload to Isolate spielte in der Entstehung dieses Treffers also eine zentrale Rolle. Vom nun ballfernen rechten Flügel startete Pedro einen Blindsiderun im Rücken Marcelos Richtung Tor, um die Hereingabe von Villa zum 2:0 zu verwerten.

Im eigenen Spielaufbau bemühte sich Real Madrid erst gar nicht, den kontinuierlichen Spielaufbau aus der Abwehr heraus zu forcieren. In jenen Momenten, in denen Barca nicht im Ballbesitz war, hatten die Spieler der Blaugrana den Auftrag, das Spielgerät schnellstmöglich zurückzuerobern. Dazu formierten sich die Katalanen in einer 4-4-2-Formation und stellten den Gegner in deren Aufbaudrittel zu.

Torhüter Casillas ging kein Risiko ein und schlug den Ball lang auf den Flügel in Richtung des kopfballstarken Cristiano Ronaldo. Benzema sollte antizipieren, wo der zweite Ball ankommen würde und passte seine Freilaufbewegung dementsprechend an. Wenn Ronaldo den Ball mit dem Kopf verlängerte, hatten Barcas Innenverteidiger meist keine Probleme den zweiten Ball abzulaufen und einen neuen Angriff ihrerseits vorzubereiten. Wenn Ronaldo den Ball ablegte, konnte der zweite Ball meist gesichert, aber in weiterer Folge wenig Kapital daraus geschlagen werden.

Wenn es zu einer Eins-gegen-Eins-Situation am Flügel kam, war an den Barca-Verteidigern oftmals kein Vorbeikommen. Das eine oder andere Mal kamen die Madrilenen dann doch zum Flanken, die Katalanen waren dann allerdings durch die gute Besetzung des eigenen Strafraums in der Lage, den Ball zu klären.

Der Durchbruch über die Flügel war für Ronaldo und Di Maria allerdings prinzipiell eher selten möglich. Barca war stets bemüht, Überzahl in Ballnähe herzustellen, auch in Phasen, in denen der Gegner das Spielgerät hatte. Es folgte der Ballverlust der Madrilenen nach Sichern des zweiten Balles oder die Rezirkulation über die eigenen Innenverteidiger. Sobald diese an den Ball kamen, wurde der lange Diagonalball auf den ballfernen Flügelspieler geschlagen. Hier ergab sich dasselbe Bild – Barca rückte, im Gegensatz zu den Königlichen, konsequent nach, was eine permanente Unterzahl für die Hauptstädter in unmittelbarer Ballnähe nach sich zog. Der Ballverlust war somit vorprogrammiert.

Wenn Real zu Abschlüssen kam geschah dies ausschließlich durch Fernschüsse, die Barcas Schlussmann Victor Valdes stets entschärfen konnte. Angriffe über das Zentrum waren nicht möglich, da die beiden Sechser Xabi Alonso und Sami Khedira meist auf der gleichen horizontalen Linie vor den beiden Innenverteidigern standen. Darüber hinaus positionierten sich Zehner Özil und Stürmer Benzema beide auf Höhe der gegnerischen Verteidigungslinie, womit der Abstand zu den Sechsern zu groß für eine kontinuierliche Spielfortsetzung über das Zentrum oder die Halbräume war. Reals Angriffsversuche über die Flügel verpufften und so ging es mit einer 2:0-Führung für die Hausherren in die Kabine.

Reals Umstellungen zeigen keine Wirkung – Doppelschlag sorgt für die Entscheidung

Zu Beginn der zweiten Halbzeit nahm Mourinho einen Spielerwechsel vor: Für Mesut Özil kam Lassana Diarra in die Partie. Dieser Wechsel war auch mit einer Systemänderung verbunden: Die 4-2-3-1-Grundordnung aus der ersten Halbzeit wurde aufgegeben und in ein 4-3-3 umgewandelt – mit Ronaldo, Benzema und Di Maria in der Spitze sowie Diarra, Khedira und Xabi Alonso als zentrale Mittelfeldspieler dahinter. Darüber hinaus gingen die Madrilenen in ein fixes Angriffspressing über, das Mittelfeldpressing aus der ersten Halbzeit war ebenso Geschichte.

Mourinhos Hintergedanke war es wohl, die Grundordnung Barcas zu spiegeln und vor allem die drei Aufbauspieler – Abidal, Puyol und Piqué – Mann gegen Mann in deren Aufbaudrittel aggressiv zu pressen. Zu Beginn hatte dies auch einen leicht positiven Effekt, Barca beging in der einen oder anderen Situation Fehler in der Spieleröffnung, die allerdings wohl eher auf die unsaubere Besetzung der Räume in den jeweiligen Aktionen zurückzuführen sind.

Gut erkennbar war auch, dass Guardiola auf die taktische Umstellung seines Kontrahenten reagierte, indem er die Positionierung der beiden Außenverteidiger Dani Alves und Eric Abidal adaptierte. Die Asymmetrie aus dem ersten Durchgang wurde nicht mehr praktiziert. Alves postierte sich tiefer, was einer für einen Außenverteidiger etwas konventionelleren Positionierung gleichkam.

Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich Eric Abidal auf etwa der gleichen horizontalen Linie wie sein Pendant auf der rechten Seite. Die drei Stürmer Reals hatten die klare Anweisung, Angriffspressing zu spielen und auch Tormann Valdes aggressiv anzulaufen. Alves und Abidal standen somit höher als die drei Angreifer Reals. Durch die klugen Bewegungen der zentralen Mittelfeldspieler inkl. Messi sowie jene der Außenverteidiger konnte so die breiten Räume hinter der ersten Pressinglinie hervorragend genützt werden, um eben jene zu brechen und den Angriff ins Mitteldrittel weiterzutragen.

Variante A (blaue Pfeile): Linksverteidiger Abidal (22) löst sich aus dem Deckungsschatten des Flügelspielers Di Maria (22), der Innenverteidiger Piqué (3) anpresst. Dadurch kann Abidal eine direkte Passlinie Richtung Flügelzone anbieten und die erste Pressinglinie ist gebrochen.
Variante B (weiße Pfeile): Der etwas höher im linken Halbraum positionierte Iniesta (8) bewegt sich in Richtung Piqué, sobald dieser am Ball ist. Via Prinzip des 3.Mannes kann Iniesta auf Abidal klatschen lassen und somit das Angriffspressing Reals ausspielen.

Trotz der Umstellungen beider Mannschaften sollte sich an der Charakteristik des Spieles nicht viel ändern. Barca dominierte weiterhin nach Belieben und schnürte den Gegner größtenteils in deren eigener Hälfte ein. Die Umstellung Mourinhos auf drei echte zentrale Mittelfeldspieler hatte keinen Effekt, da Messi nach wie vor immer wieder aus seiner Neuner-Position abkippte, um eine 4-gegen-3- Überzahl herzustellen. Oberflächlich betrachtet war es wohl eine der eher unauffälligeren Partien von La Pulga.

In der 55. Minute allerdings hatte der kleine Argentinier einen entscheidenden Anteil an der Vorentscheidung in diesem Spiel: Der Ball kam zu Pedro auf den rechten Flügel, der im Anschluss nach innen dribbelte. Messi kippte einmal mehr in den Zwischenlinienraum zwischen gegnerischer Viererkette und den zentralen Mittelfeldspielern ab, um das horizontale Zuspiel Pedros in offener Stellung annehmen zu können. Die offene Stellung war mit Blickrichtung gegnerisches Tor war deshalb möglich, weil kein Gegenspieler aus der Viererkette Druck auf ihn ausübte. David Villa war klug im Rücken das ballfernen Innenverteidigers Pepe positioniert, um einen Blindsiderun in die Schnittstelle zu starten, sobald Messi sein Dribbling in Richtung der Abwehrkette startete. Messi setzte Villa via Schnittstellenpass in Szene, der nun allein vor Casillas stand und keine Mühe hatte, zum 3:0 zu vollenden.

Nur drei Minuten später war es erneut Messi, der nach einem Ballgewinn Xavis in der eigenen Hälfte mit einem Dribbling zwei Gegenspieler stehen ließ, um dann wieder den Schnittstellenpass, dieses mal zwischen ballfernen Innen- und Außenverteidiger, Richtung David Villa zu spielen. Dieses Mal positionierte sich Barcas Nummer Sieben im Rücken des Außenverteidigers Ramos, um den Tiefenlauf wieder in dessen Rücken starten zu können. So war er von der hochstehenden Viererkette Madrids nicht mehr aufzuhalten und vollendete zum 4:0. Der FC Barcelona war also auch im offensiven Umschaltspiel eine Klasse für sich. Dieser Doppelschlag bedeutete den endgültigen K.O. für die Mourinho-Elf.

Barca hatte Real mit den beiden Treffern den letzten Nerv gezogen und ließ den Gegner nun durch die weitere konsequente Umsetzung ihrer Prinzipien im Ballbesitz sowie unmittelbar nach Ballverlust, keine Luft zum Atmen. Der Frust bei den Hauptstädtern stieg mit Fortdauer der zweiten Halbzeit an, was sich in einigen überharten Fouls wiederspiegelte und zu Rudelbildungen führte.
Nach dem 5:0 in der Nachspielzeit durch den eingewechselten Jeffren war es Sergio Ramos, der Lionel Messi mit einem bösen Tritt ohne Chance auf den Ball niederstreckte und dafür zu Recht die Rote Karte sah. Ein unrühmlicher Schlusspunkt eines denkwürdigen Clásicos.

Fazit

Der FC Barcelona lieferte eine absolute Gala im ersten La-Liga-Duell zwischen Pep Guardiola und José Mourinho, an die sich wohl alle Culés bis heute gerne erinnern werden. Busquets, Xavi, Iniesta und Messi – das Herzstück der damaligen Barca-Mannschaft – waren mit ihrem klugen Positionsspiel sowie permanenten Rotationen ein entscheidender Faktor. So konnte der Erzrivale vor große Probleme in der Defensive gestellt werden, was sich auch im Endergebnis wiederspiegelte. Eine derbe Niederlage für Mourinho und Real, die allerdings erst der Startschuss zu einer der atemberaubendsten Rivalitäten der Fußballgeschichte sein sollte.

Mario Töpel, abseits.at

Mario Töpel