Während der Ball in den europäischen Topligen auch weiterhin ruht, gibt es fast täglich Wasserstandsmeldungen darüber, wie es in den nächsten Wochen und Monaten... Wiederbeginn der Top-Ligen in Mai oder Juni: Kritik an möglichem „Frühstart“

Während der Ball in den europäischen Topligen auch weiterhin ruht, gibt es fast täglich Wasserstandsmeldungen darüber, wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergehen könnte. Oder eben nicht. Dieses Mal mit Updates aus Italien, Deutschland und England

Serie A, Italien

Massimo Cellino ist ein Mann der klaren Worte. „Ich werde meine Spieler keiner noch so geringen Gefahr aussetzen und den Klub diesen Sommer nicht antreten lassen. Da können sie mir eine Million Strafpunkte aufbrummen“ polterte der Präsident von Brescia Calcio vor einer Woche. Seine Ansichten zu einer Fortsetzung der unterbrochenen Serie-A-Saison haben sich derweil nicht geändert. „Ligachef [Luigi] De Siervo rief an und fragte mich, ob wir bereit seien, auf neutralem Rasen zu spielen“, sagte Cellino gegenüber Tuttosport.

Die schroffe Replik des 63-jährigen: „Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht bereit bin, irgendwo zu spielen. Die Saison wird hier enden, und wir können sicherlich nicht über den 30. Juni hinausgehen. Ich höre, dass von September oder Oktober geredet wird, es ist Wahnsinn.“ Die Stadt Brescia war in Italien mit am Heftigsten von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen.

Verbandspräsident Gabriele Gravina sagte laut italienischen Medien über die Debatte um eine mögliche Fortsetzung: „Es gibt zwei Philosophien: Einige denken, dass man den gesamten Sport stoppen muss. Die anderen meinen, dass man die Saison fortsetzen sollte. Ich will nicht zum Totengräber des italienischen Fußballs werden. Ich habe die Pflicht, die Fußballwelt zu verteidigen.“ Nach eigener Aussage habe Gravina der italienischen Regierung ein Protokoll vorgelegt, die die Klubs zum Schutz ihrer Fußballer einhalten wollen. „Wenn der Fußball nicht neu startet, wird dies gravierende negative Auswirkungen für seine Zukunft haben.“

Der italienische Gesundheitsminister Roberto Speranza sagte in einem Interview mit Radio Capital zwar, er wäre „ein großer Fußballfan“, jedoch: „Mit mehr als 400 Todesopfern in Italien pro Tag ist Fußball ehrlich gesagt das letzte Problem, um das wir uns kümmern sollen. Das sage ich mit großem Respekt. Ich liebe den Fußball, doch das Leben der Menschen hat Vorrang.“ Eine Wiederaufnahme der Meisterschaft ist wohl für Ende Mai geplant.

Bundesliga, Deutschland

Auch in den deutschen Profiligen soll der Ball im Mai wieder rollen. Dieser Plan trifft in Teilen der Fanszene auf Unverständnis. Mit dem Aufruf „Quarantäne für den Fußball – Geisterspiele sind keine Lösung“ sprechen sich über 70 Ultragruppierungen gegen eine baldige Fortsetzung der Saison aus. Einer ihrer Vertreter sagte im Spiegel: „Wir erleben massive Grundrechtseinschränkungen, jeden Tag sterben Menschen, Atemschutzmasken sind ein rares Gut, die Wirtschaft liegt brach. Da können jetzt nicht 36 Konzerne, die finanziert werden wollen, so tun, als gälten für sie andere Regeln.“

Der frühere deutsche Box-Weltmeister Jürgen Brähmer behauptete gegenüber der Bild, der Fußball würde im Vergleich zu anderen Sportarten bevorzugt werden. „Dass die Fußballer schon trainieren dürfen, finde ich gegenüber anderen Sportarten sehr ungerecht.“ Brähmer weiter: „Was für den Fußball erlaubt ist, sollte für alle Sportarten und Olympiastützpunkte gelten. Das sind insbesondere die Institutionen und Vereine, die keine Millionenbudgets und gut dotierte TV-Verträge im Rücken haben.“

DFB-Präsident Fritz Keller meinte im Kicker hingegen, der Fußball würde „keine Sonderrolle“ beanspruchen: „Wir wissen ganz genau, wo derzeit die Prioritäten liegen. Deshalb haben wir so schnell gehandelt und den Spielbetrieb bis auf Weiteres eingestellt.“ Das Gesundheitssystem würde laut Keller nicht durch eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs belastet werden. „Es werden keine Testkapazitäten für Sportlerinnen und Sportler beansprucht, die an anderer Stelle fehlen würden.“

Genau das hatte zuletzt u.a. der SPD-Politiker Karl Lauterbach kritisiert: „Es ist falsch, zehntausende Tests für Geisterspiele zu verbrauchen, während in den Pflegeheimen und bei den Lehrern noch nicht ausreichend getestet werden kann“, so der Gesundheitsexperte via Twitter.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) berät am Donnerstag über die Wiederaufnahme des Spielbetriebs.

Premier League, England

In England möchte man mit 13. Juni die Premier League wieder starten. Ob das jedoch möglich sein wird, weiß im Moment niemand genau. Chelsea-Profi Wilian machte seine Skepsis über einen baldigen Start per Videobotschaft öffentlich: „Wenn wir auf dem Spielfeld Kontakt haben, würden wir vielleicht das Virus weitergeben. Ich könnte meine Frau und meine Töchter anstecken. Wir müssen vorsichtig sein.“

Auch Karren Brady, Geschäftsführerin von West Ham United, äußerte Bedenken. „Wie fit werden die Spieler im Juni sein? Was ist mit Polizeiressourcen, die auch bei Geisterspielen in Anspruch genommen werden? In welche Krankenhäuser sollen verletzte Spieler?“