Die „Socceroos“ sind mittlerweile ein Dauergast bei Weltmeisterschaften und qualifizierten sich für die letzten drei Turniere hintereinander. Das ist zweifellos eine beachtliche Leistung, auch... WM-Analyse Australien: Viele Punkte werden’s auch heuer nicht

Die „Socceroos“ sind mittlerweile ein Dauergast bei Weltmeisterschaften und qualifizierten sich für die letzten drei Turniere hintereinander. Das ist zweifellos eine beachtliche Leistung, auch wenn man bei der letzten WM in Brasilien mit drei Niederlagen am Stück bereits in der Vorrunde als Gruppenletzter die Segel streichen musste. Man wird jedoch mit einem neuen Trainer in das Turnier gehen, denn bei den Australiern trat mit Ange Postecoglou jener Mann überraschend zurück, der die „Socceroos“ zur WM führte.

Postecoglou war für seine offensive Ausrichtung auf der internationalen Bühne bekannt, wurde jedoch von den heimischen Medien für seine zu riskante Spielweise immer wieder kritisiert, weshalb er letztendlich auch seinen Hut nahm. So kam es zu der merkwürdigen Konstellation, dass sein Nachfolger Bert van Marwijk sich zwar mit Saudi-Arabien für die WM qualifizierte, nach Unstimmigkeiten mit dem Verband jedoch ebenfalls seine Sachen packte und nun bei Australien anheuerte. Dieses Engagement ist jedoch ebenfalls nur von kurzer Dauer, denn bereits vor dem Turnier steht fest, dass der Niederländer nach der WM ersetzt und nur eine kurze Amtszeit ableisten wird.

Die Mannschaft der Australier ist von den Namen her eher unterdurchschnittlich besetzt. So ist der mittlerweile 38-jährige Tim Cahill nach wie vor Bestandteil seines Teams, da von unten zu wenig nachkommt und es an Qualität fehlt, auch wenn er nur noch zweite Wahl ist. Bert van Marwijk schickt seine Mannschaft in einem 4-2-3-1 aufs Feld, in welchem man über eine gesicherte Defensive und mit einem Mittelfeldpressing das Heil im schnellen Umschaltspiel nach vorne sucht. Die ersten Auftritte unter dem neuen Trainer waren jedoch nicht wirklich berauschend und daher wäre der Aufstieg eine große Überraschung.

Ein spielstarker Torhüter für die Socceroos

Mit Matt Ryan vom Premier-League-Verein Brighton steht den Australiern ein sicherer Rückhalt zur Verfügung. Der Torhüter konnte sich in der englischen Topliga einen Stammplatz erarbeiten und ist ein guter Schlussmann, der mit starken Reflexen ausgestattet ist und das Spiel mit dem Ball ebenfalls beherrscht. Vor wenigen Jahren noch wurde Ryan eine noch wesentlich größere Zukunft prophezeit. Mit Brad Jones und Danny Vukovic stehen jedoch zwei nur eher unterdurchschnittliche Torhüter als Ersatz bereit, die bei ihren Vereinen nicht gesetzt sind.

Notlösung in der Abwehrzentrale

Klingende Namen sind in der Abwehr der Australier ebenfalls nicht zu finden. In der Innenverteidigung dürfte das Duo Trent Sainsbury (Grasshoppers) und Mark Milligan (Al-Ahli/SAU) zum Einsatz kommen. Sainsbury ist ein spielerisch starker Abwehrspieler, der fortlaufend offensiv denkt und mit viel Mut ausgestattet ist. Milligan ist nominell auf der Sechser-Position beheimatet, rückt unter dem neuen Trainer jedoch aufgrund mangelnder Optionen eine Etappe zurück, da er spielerisch die bessere Alternative ist. Mit Degenek und Jurman stehen zwei Alternativen bereit, die beide in Asien spielen, jedoch klar unter ihre Kontrahenten zu stellen sind.

Dünn besetzte Außenverteidiger-Position

Auf der linken Seite ist mit Azir Behich der Türkei-Legionär von Bursaspor gesetzt, der vor allem dank seiner Ballsicherheit ein wichtiges Element im Aufbauspiel der Australier ist. Sein Pendant auf der gegenüberliegenden Seite ist der solide Joshua Ridson, der noch in der Heimat bei den Western Sydney Wanderers engagiert ist und die rechte Seite beackern soll. Mit Karacic (Lok Zagreb/CRO) und Meredith (Millwall) sind zwei nicht weiter erwähnenswerte Verteidiger als Ergänzung dabei, die im Normalfall weit von Einsatzminuten entfernt sind.

Im Zentrum steht ein englisches Pärchen

In dieser Region sind die „Socceroos“ noch am besten besetzt. Im neuen System ist auf der Doppelsechs das Duo Mooy von Huddersfield  und Kapitän Jedinak von Aston Villa gesetzt. Beide sind in England tätig und bilden ein erfahrenes und gutes Zweiergespann, das der Mannschaft Stabilität verleihen soll. Dahinter stehen als Ersatz mit Irvine (Hull City) und Luongo (QPR) solide Ergänzungen zur Verfügung, die im Notfall als passabler Ersatz fungieren können. Aus diesem Grund hat auch der Österreich-Legionär James Jeggo den Sprung in den Kader trotz guter Leistungen nicht geschafft. Mit Tom Rogic von Celtic steht auf der Zehn ein eleganter Dribbler zur Verfügung, der Situationen dank seiner technischen Klasse auflösen kann.

Die Sprintrakete der Hertha

In der offensiven Dreierreihe gilt Mathew Leckie von Hertha BSC als gesetzt. Mit ihm haben die Aussies eine dynamische Offensivwaffe in den eigenen Reihen, die viel Power und Tempo in das Angriffsspiel bringt. Auf der linken Seite gibt es noch keinen klaren Stammspieler, weshalb sich Robbie Kruse (Bochum) und Dimitri Petratos (Newcastle Jets/AUS) noch um einen Platz in der ersten Elf duellieren. Als Ergänzung stehen mit Nabbout (Urawa/JAP)und Arzani (Melbourne) weitere Ersatzleute bereit. Schlüsselspieler in der offensiven Mittelfeldzentrale ist aber der bereits erwähnte Tom Rogic, der nicht nur technische Stärke, sondern auch große Torgefahr mitbringt. Er gilt als starker Distanzschütze und hat zudem ein gutes Auge für seine Mitspieler.

Kaum Alternativen und eine alternde Legende

Die Position ganz vorne ist bei den Australiern auch alles andere als gut besetzt. Die besten Karten dürfte der Luzern-Stürmer Tomi Juric haben, der mit seiner Physis und Kopfballstärke zu punkten weiß. Dahinter steht die Legende Tim Cahill als Option von der Bank bereit, dürfte allerdings kein Thema für die Startelf sein, da man meist nur mit einem Stürmer spielt. Unterschätzen darf man Cahill aber natürlich nicht, denn der Routinier ist ein richtiges Zirkuspferd, der bei großen Auftritten wie einer WM schon mal hoch springen kann. Mit Jamie Maclaren von Darmstadt steht eine dynamische  Option zur Verfügung, falls man mehr Tempo in der Spitze haben möchte.

Ein Trainer auf Zeit und ohne Zukunft

Der stoisch wirkende Bert van Marwjik ist den meisten Fans vor allem durch seine Zeit in Deutschland bekannt und gehört zum „alten Eisen“ im Trainergeschäft. Seine Mannschaften agieren wenig spektakulär und höchst pragmatisch, was für das Auge zwar nicht immer schön anzusehen ist, jedoch in einem Turnier von Vorteil sein kann. Nichtsdestotrotz wird man als Außenseiter in die Gruppenspiele gehen, auch weil die Spielidee des Niederländers noch nicht implementiert sein kann, da es die Spieler lange Zeit mit einem komplett verschiedenen Trainertypen zu tun hatten und die gemeinsame Zeit doch begrenzt war, um sich umzustellen. Darüber hinaus ist die individuelle Qualität der Australier doch bescheiden.

Die abseits.at-Einschätzung

Die Rolle als Underdog werden in Gruppe C zweifellos die Australier einnehmen. Durch den Verlust ihres Erfolgstrainers mitsamt seiner interessanten und offensiven Spielidee, wurde die Aufgabe für die Mannschaft nicht gerade erleichtert und quasi das genaue Gegenteil als Nachfolger bestellt. Daher bleibt es fraglich, ob der sperrige Van Marwjik in der Lage ist, in wenigen Monaten ein starkes Kollektiv zu bilden, denn auf die individuelle Qualität im Team kann er sich eher nicht verlassen. Deswegen wird wohl das Ziel der „Socceroos“ lauten, nicht wie vor vier Jahren in Brasilien ohne Punktegewinn nach Hause fahren zu müssen.

Dalibor Babic

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