Die serbische Superliga sorgt abseits des Belgrader Derbys zwischen Crvena Zvezda und Partizan nur selten für positive Schlagzeilen. Die Liga ist sportlich schwach und... Groundhopper´s Diary: Ausnahmezustand in Bačka Palanka

Die serbische Superliga sorgt abseits des Belgrader Derbys zwischen Crvena Zvezda und Partizan nur selten für positive Schlagzeilen. Die Liga ist sportlich schwach und verursacht ein großes Desinteresse bei den Fußballinteressierten des Landes, wenn nicht einer der beiden großen Vereine ein Spiel hat. Dreistellige Zuschauerzahlen sind absolut keine Seltenheit, obgleich die Eintrittspreise sehr moderat sind. So kamen zu dem von mir im November 2017 besuchten Superligaspiel zwischen dem FK Mladost Lučani und dem FK Radnički Niš gerade einmal 300 Besucher ins Stadion.

Dass diese Liga aber auch mit einigen weiteren Höhepunkten aufwarten kann, zeigte der Karsamstag in Bačka Planka, wo der FK Bačka Palanka in der 29.Runde der Superliga den FK Partizan aus der Hauptstadt Belgrad zu Gast hatte.

FK Bačka Palanka – FK Partizan 1:2 (0:1)

Bačka Palanka liegt an der Donau, hat rund 30.000 Einwohner und ist über eine Brücke mit der kroatischen Stadt Ilok verbunden. Die Stadt, die zur autonomen Provinz Vojvodina gehört, kann im Fußball nicht wirklich auf eine traditionsreiche Geschichte zurückblicken. In der Vergangenheit war der Aufstieg in die zweite jugoslawische Liga im Jahr 1998 sicherlich der größte Erfolg. Nach dem Zerfall Jugoslawiens spielte man auch in Serbiens Fußball sehr lange nur eine untergeordnete Rolle. Von 2004 bis 2010 spielte der Verein in der drittklassigen Srpska Liga Vojvodina und nach dem Abstieg spielte man nur mehr viertklassig in der Vojvodina Liga West. In der Saison 2012/13 erreichte der FK Bačka den ersten Platz in der Vojvodina Liga und kehrte damit nach drei Jahren wieder in der Srpska Liga Vojvodina zurück, die man auch gleich gewann, sodass der Durchmarsch in die Prva Liga (die 2.Liga Serbiens) gelang. Dort hielt sich der Verein auch nur zwei Jahre auf und mit dem Aufstieg in die Superliga, spielte der FK Bačka Palanka in der Saison 2016/17 das erste Mal in der Clubhistorie in der höchsten Spielklasse des Landes.

Dort beendete man die Premierensaison auf Rang 13 und schaffte den Klassenerhalt. Auch in dieser Saison sieht es gut für einen Verbleib in der obersten Spielklasse aus. Zwar wird man nach 30 Runden im unteren Play-Off gegen den Abstieg spielen müssen, aber der Abstand zu letzten drei Plätzen ist bereits ziemlich komfortabel.

Das Heimspiel gegen den FK Partizan ist daher wohl das letzte Saisonhighlight und dementsprechend groß ist auch das Interesse der Bewohner, diese Partie im Stadion mit zu verfolgen. Aber auch die Fans der Gäste kommen heute in die Stadt an der Donau, was für einen enormen Einsatz von Militär und Polizei in Bačka Palanka sorgt. Jedes Gebäude von öffentlichem Interesse (nicht nur öffentliche Gebäude, sondern auch Restaurants und Supermärkte) ist von mindestens drei Exekutivbeamten bewacht, sodass einem nach dem Grenzübertritt sofort klar ist, dass hier heute Ausnahezustand herrscht.

Eineinhalb Stunden vor dem Spielbeginn wird die erste Tranche der Partizan-Anhänger ins Stadion eskortiert. Erst danach wird das Stadion Slavko Maletin Vava für die einheimische Bevölkerung geöffnet. Mit ihr gehen auch die Partizan-Spieler zu Fuß zum Stadion, wobei insbesondere die Vereinslegende Saša Ilić ein sehr begehrtes Fotomotiv ist.

Nach und nach füllt sich auch die Tribüne und mit dem Anpfiff wird auch eine zweite Tranche von Partizan-Fans ins Stadion gelassen. Das Stadion macht einen sehr gut gefüllten Eindruck und so irritiert die offizielle Zuschauerzahl von 2.500 ein wenig, denn ich habe keine Ahnung, wo man in diesem Stadion noch 3.000 weitere Leute unterbringen könnte, um die angegebene Kapazität von 5.500 erreichen zu können.

Das Spiel ist noch keine vier Minuten alt, als Ognjen Ožegović allein auf das Tor Bačka Palankas zuläuft. Tormann Nemanja Jevrić rutscht auf dem – von einem Wolkenbruch kurz zuvor – noch völlig nassen Rasen aus und kommt daher nicht mehr rechtzeitig an den Ball, foult dabei aber Ožegović, der den fälligen Strafstoß trocken zum 1:0 für die Gäste versenkt.

Wenige Minuten später zünden die Partizan-Anhänger dutzende Knallkörper und finden auch Gefallen daran, diese in die herabgesetzt liegende Ersatzbank des FK Bačka zu werfen. Die Ersatzspieler flüchten auf das Spielfeld und Schiedsrichter Piper muss die Partie minutenlang unterbrechen. Selbst die Partizan-Spieler können die Fans nicht beruhigen, sodass als letzte Lösung, vor dem drohenden Spielabbruch, die Vereine kurzer Hand die Plätze auf den Ersatzbänken tauschen.

In diesem Trubel geht anfangs völlig unter, dass der Tormann des FK Bačkas nach dem Zusammenstoß in der vierten Minute zusammengebrochen ist. Der Rettungswagen kommt auf das Feld und bringt Nemanja Jevrić ins Krankenhaus. Rastko Šuljagić hütet von nun an das Tor der Gastgeber, die in der achtminütigen Nachspielzeit der ersten Spielhälfte eine große Chance haben, jedoch kann Vladimir Stojković im Partizan-Tor den gefährlichen Schuss noch gerade über die Latte drehen. Der Schütze, Luka Luković, hat auf der Haupttribüne sogar einen eigenen aus älteren Herren bestehenden Fanklub. Die stimmen neben den „Luka, Luka“-Sprechchören auch das eine oder andere Mal „Plavi, Plavi“ an. Die Blauen, also „Plavi“ (von der Donau), ist der Kosename des FK Bačka.

Nach dem Seitenwechsel kontrolliert Partizan diese Partie, aber auch Bačka Palanka kommt zu zwei guten Möglichkeiten. Der nächste Hohepunkt ist dann aber zweifelsohne eine Pyro-Show der Partizan-Fans Mitte der zweiten Spielhälfte. Rauch und bengalische Feuer sorgen für eine kurze Spielunterbrechung, die aber im Vergleich zu der in den ersten 45 Minuten harmlos ist.

Einig sind sich dann alle im Stadion, als die Partizan-Seite mehrmals lauthals „KOSOVO“ anstimmt, denn dies wird von der Haupttribüne immer inbrünstig mit „SRBIJA“ erwidert. Wodurch unmissverständlich klar ausgedrückt wird, dass die serbische Bevölkerung die vor zehn Jahren durchgeführte Unabhängigkeit des Kosovos nach wie vor als nichtig betrachtet.

Auf dem Rasen geht das Spiel dann auch in seine heiße Phase. Partizan spielt vermehrt Kombinationen über links. In der 70. Minute gelingt es bei einer solchen auch den Tormann auszuspielen, aber Ožegović knallt den Ball an die Latte des nur mehr von zwei Verteidigern bewachten Tores.

Acht Minuten später macht es Tawamba, Partizans Stürmer aus Kamerun, besser, in dem er den Querpass von links unbedrängt im Tor unterbringen kann. Das Spiel ist somit entschieden, jedoch setzen die Gastgeber in der 84. Minute den Schlusspunkt. Partizan ist mit den Gedanken wohl schon in der Kabine und so kann Luka Mićić eine flache Hereingabe aus kurzer Distanz über die Linie rollen.

Mit 2:1 gewinnt Partizan in Bačka Palanka und fährt die drei Pflichtpunkte ein. Die Meisterschaft ist aber heuer bei zwölf Punkten Rückstand schon zu Gunsten Crvena Zvezdas entschieden. Nichtsdestotrotz war dieses Spiel den Besuch völlig wert und zeigte, dass in Serbiens Ligafußball auch abseits des Belgrader Derbys Ausnahmezustand herrschen kann.

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Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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