Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (52): Lieber David Alaba!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an einen österreichischen Bayern-Legionär…

Lieber David Alaba!

Jetzt, wo ich das Haus nur mehr selten verlassen kann, wo ein Besuch bei Familie und Freunden, am Fußballplatz, im Kaffeehaus, im Kino unmöglich ist, verbringe ich viel Zeit vor dem Fernsehen. Ich habe mir die 25-teilige DVD-Kollektion der James Bond-Reihe zugelegt und nun angefangen die Peng‑Peng‑Filme chronologisch, beginnend ab den 60ern, anzuschauen. Weißt du, was mir dabei aufgefallen ist? Auch wenn das Genre auch heute nicht jugendfrei gestempelt oder das Prädikat „Besonders wertvoll“ von Alice Schwarzer und Co. bekommen würde, weil es sexistisch und gewalttätig ist, musste ich doch mit Erstaunen feststellen, um wieviel verstörende die Filme früher waren.

In ihnen kommt eine Brutalität, Frauenverachtung und ein Rassismus zum Vorschein, die heute nicht mehr denkbar wären. Ich war tatsächlich geschockt, wie selbstverständlich man solche Dinge einst hingenommen hat.

Wieso ich das erzähle? Weil es im Zusammenhang mit jenem Tweet steht, den du gesendet hast: „Sind diese beiden Typen Ärzte oder Clowns? Diese Art von Rassismus hätte ich mir nie vorstellen können“. So hast du auf den Vorschlag zweier französischer Wissenschaftler reagiert, die offen ausgesprochen haben einen möglichen Impfstoff gegen Covid-19 in Afrika testen zu wollen. Das war ein starkes Stück von dir. Es ist nicht das erste Mal, dass du öffentlich mit dieser Alltagsxenophobie in Kontakt gekommen bist. Erinnerst du dich noch, als dich der Tiroler Landeshauptmann Platter auf Englisch angesprochen hat? Einfach peinlich für Platter. Schuld daran ist ein subtiles Weltbild, dass auch bei den französischen Ärzten im Kopf fest verankert ist.

Es ist wichtig, wenn jemand wie du das Wort ergreifen. Klar, man sagt immer, dass nur die Leistung und sonst nichts für den Erfolg eines Sportlers entscheidend sei. Das ist auch richtig, dennoch sind positive Vorbilder in dieser sich wandelnden Gesellschaft wichtig. Es ist wichtig eine geschmacklose Aussage, die wahrscheinlich – ohne böse Gedanken – daher gesagt wurde, zu tadeln. Du, der einen nigerianischen Vater hat, hast wahrscheinlich sensiblere Antennen und filterst so etwas schneller als andere heraus. Die Aussage der beiden Franzosen spiegelt wider, dass viele Europäer Afrika als ihren Hinterhof betrachten. Als einen Kontinent, den man einfach für seine Zwecke missbraucht. Das ist eine Schande. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass hinter der Aussage der Wissenschaftler auch realistische Gründe liegen können, dennoch zeugt die Polemik der Wortwahl, in welchem Kielwasser sich die beiden Herren bewegen. Solchen Gedanken muss der Nährboden entzogen werden. Und, wenn ein Prominenter – wie du – das Wort ergreift, ist es umso aussagekräftiger.

Danke dafür sagt

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag