Aleksander Dragovic hat durchaus erfolgreiche Monate hinter sich. Mit der österreichischen Nationalmannschaft qualifizierte sich der Innenverteidiger für die Europameisterschaft in Frankreich und auf Vereinsebene... Aleksandar Dragovic im Fan-Interview: „Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“

_Aleksandar Dragovic - Dynamo Kiev, ÖsterreichAleksander Dragovic hat durchaus erfolgreiche Monate hinter sich. Mit der österreichischen Nationalmannschaft qualifizierte sich der Innenverteidiger für die Europameisterschaft in Frankreich und auf Vereinsebene hat er mit Dynamo Kiew vor dem letzten Gruppenspieltag alle Chancen in der Champions League zu überwintern. Der österreichische Nationalspieler erklärte sich bereit im Austrian Soccer Board die Fragen der Fans zu beantworten.

 sulza: Verteidigen Sie lieber gegen kleine, wendige und dribbelstarke Spieler (z.B. wie Neymar etc.) , oder gegen „große“ Brecher (z.B. wie Diego Costa etc..)?

Aleksandar Dragovic: Ein kompletter Innenverteidiger darf sich sowohl gegen den einen, als auch gegen den anderen Stürmertyp keine Schwächen erlauben, ich kann mir das eh nicht aussuchen, von da her nehme ich was kommt.

fenix: Du bist mittlerweile dein drittes Jahr in Kiew. Fühlst du dich in der Ukraine bereits heimisch?

Aleksandar Dragovic: Heimisch wäre übertrieben, aber ich fühle mich definitiv wohl. Kiew ist eine durchaus lebenswerte Stadt, auch wenn der Konflikt mit Russland Spuren hinterlassen hat.

fenix: Vor deinen Wechsel nach Kiew hast du nur im deutschsprachigen Raum gespielt. Wie war die Umstellung für dich? Sprichst du bereits fließend Ukrainisch? Wie wird innerhalb der Mannschaft kommuniziert?

Aleksandar Dragovic: Innerhalb der Mannschaft wird Englisch gesprochen, aber es sind auch immer Dolmetscher dabei. Ich habe einen Sprachkurs besucht und verstehe Ukrainisch ziemlich gut, mit dem Sprechen tu ich mir schwerer.

fenix: Nachdem du die Hürde einer neuen Kultur bereits hinter dir hast: Würdest du bei deinem nächsten Wechsel wieder in ein Land gehen, dessen Sprache du nicht beherrscht oder bevorzugst du ein Land, wo du dich auf Anhieb verständigen kannst?

Aleksandar Dragovic: Zuerst ist es immer noch eine Frage des Vereins und der Perspektiven. Die Sprache darf kein Problem sein, ich arbeite auch an meinem Englisch damit kommt man überall durch.

fenix: Hast du bei Dynamo mit jemandem eine Freundschaft geschlossen, die auch nach eurem gemeinsamen Engagement weiterbestehen soll?

Aleksandar Dragovic: Ich verstehe mich eigentlich mit allen sehr gut und klar gibt es einige im Team zu denen der Draht intensiver ist, aber ob wir später auch noch Kontakt haben wird sich erst zeigen.

fenix: Wie siehst du den Einfluss der ukrainischen Fans auf das Geschehen im Verein? Ist der anders als bei der Austria oder in Basel? Pflegst du Kontakt zu eurer Fanszene?

Aleksandar Dragovic: Klar pflegen wir Kontakt zu unseren Fans, sie sind unser Rückgrat und unsere zusätzliche Motivation. Wenn das Olympiastadion ausverkauft ist, geht schon massiv die Post ab, vor 70.000 Fans zu spielen ist nicht selbstverständlich. Zumindest für einen österreichischen Fußballer.

fenix: Bist du immer noch der Ansicht, dass die Premier League und die Primera División für dich geeigneter als die Deutsche Bundesliga sind?

Aleksandar Dragovic: Die Deutsche Bundesliga ist eine attraktive Liga, das steht außer Frage, unterm Strich kommt es aber immer auf den Verein, seine Perspektiven und Ziele und meine Möglichkeiten an. Ich möchte Fußballspielen und muss eine realistische Chance haben das auch zu tun.

fenix: Fließt der Spielstil in der Offensive einer Mannschaft in deine Entscheidung über einen Wechsel mit hinein? Wenn ja, bevorzugst du ein Team, das eher für ihre Offensive bekannt ist oder würdest du lieber in einer defensivorientierten Mannschaft zum Zug kommen?

Aleksandar Dragovic: Ich weiß nicht, ob ich mir das aussuchen kann, aber klar ist mir ein offensives mit Pressing agierendes Team lieber, da das Spiel attraktiver wird. Abgesehen davon werden die Mannschaften, die nur Beton anmischen weniger, der moderne Fußball orientiert sich an anderen Parametern.

fenix: Viele Spieler, die ins Ausland gehen, berichten davon, dass insbesondere im Zuge ihrer Ernährung andere Maßstäbe als in Österreich angesetzt werden. Ist das bei dir in Kiew auch so oder kannst du dich ernähren, wie du möchtest?

Aleksandar Dragovic: Wir werden nach jedem Training abgewogen, Kiew legt großen Wert auf unsere Fitness, die richtige Ernährung bleibt uns selber überlassen. Ich habe mir in der Hinsicht viel vom Skispringer Gregor Schlierenzauer abgeschaut und ernähre mich mittlerweile sehr bewusst und zum Teil kohlenhydratfrei.

fenix: Sprichst du fließend serbisch?

Aleksandar Dragovic: Mehr oder weniger, mein Deutsch ist aber definitiv besser.

fenix: Welches Spiel von dir bis jetzt blieb dir besonders in Erinnerung?

Aleksandar Dragovic: Da gibt es sicher mehrere spontan fällt mir das 3:3 mit Basel auswärts gegen Manchester United, mein Teamdebüt gegen Serbien oder der 4:1 Sieg gegen Schweden in der EM-Quali ein.

fenix: Gibt es ein Stadion, in dem du noch nicht auflaufen durftest, aber du unbedingt einmal spielen möchtest?

Aleksandar Dragovic: Klar, das Bernabéu oder das Stadion Camp Nou zum Beispiel.

robocop_de_hiro: Würdest du dich wohl fühlen in einer Mannschaft die sehr hoch verteidigt?

Aleksandar Dragovic: Ja, warum nicht?

robocop_de_hiro: Glaubst du kommen deine Stärken besser zur Geltung, wenn du als rechter Innenverteidiger spielst, oder als linker?

Aleksandar Dragovic: Ich denke ich habe leichte Vorteile auf der rechten Seite, aber im Prinzip ist es egal ob ich links oder rechts spiele. Diese Flexibilität muss ich ganz einfach haben.

robocop_de_hiro: Welchen Aspekt deines Spiels würdest du im nächsten Jahr gerne verbessern?

Aleksandar Dragovic: Ich denke man kann und sollte sich in allen Bereichen immer weiter entwickeln, ich arbeite sehr hart an meiner Fitness, will noch robuster werden, meine Torgefährlichkeit muss größer werden, ich will im Offensivbereich generell mehr Akzente setzen.

robocop_de_hiro: Und abschließend ein kleines Lob: Ich finde es toll, dass du nicht jedes Gerücht kommentierst! Wenn es kein konkretes Angebot gibt, muss man sich darüber auch keine Gedanken machen, und muss es auch nicht gleich kommentieren.

Aleksandar Dragovic: Danke, du sprichst mir da aus der Seele. Es ist ein Wahnsinn was teilweise geschrieben wird, das nervt total, weil dadurch auch ein falscher Eindruck entsteht. Wenn ein Verein anfragt, heißt das noch lange nichts, ich äußere mich deshalb auch nur, wenn Fakten am Tisch liegen.

patriot18: Welche Chancen rechnest du dir bei der EM 2016 mit dem Nationalteam aus?

Aleksandar Dragovic: Ich beschäftige mich nicht mit Prognosen und will in der Richtung auch keine Tipps abgeben. Fakt ist, dass wir eine sehr starke Qualifikation gespielt haben und uns zu Recht darüber freuen dürfen, in Frankreich dabei zu sein. Ich muss meine Leistung bringen und mich beim Teamchef aufdrängen, brenne auf die Spiele und weiß, dass wir über uns hinauswachsen müssen, um bestehen zu können.

patriot18: Nach dieser beeindruckenden Qualifikation, zählen manche Medien das Team schon zum erweiterten Favoritenkreis. Mit welchem Abschneiden wärst du zufrieden? (kann ja nur der EM Titel sein *g*)

Aleksandar Dragovic: Die Euphorie ist super aber die Medien träumen sich da zu leicht etwas zusammen. Wir haben eine tolle Qualifikation gespielt, aber eine Endrunde ist etwas völlig anderes. Auf dieser Bühne gibt es keine leichten Gegner, da zum erweiterten Favoritenkreis dazu gezählt zu werden, grenzt an Realitätsverlust.

patriot18: Hast du für die EM-Endrunde „Wunschgegner“ oder gibt es einen Gegner den du nicht unbedingt in der Gruppe haben möchtest?

Aleksandar Dragovic: Wünsche können auch Enttäuschungen zur Folge haben, von da her nein, ich nehme das wie es kommt.

patriot18: Welches Spiel war für dich der Schlüsselmoment in der abgelaufenen EM-Quali? (persönlich hatte ich den Eindruck, dass nach dem Sieg in Moskau so richtig ein Ruck durch das Team gegangen ist)

Aleksandar Dragovic: Der Eindruck täuscht nicht, für mich waren es beiden Spiele gegen Russland, die nochmals einen Ruck haben durchgehen lassen.

patriot18: Strebst du nach der EM 2016 in Frankreich einen Wechsel nach England, Deutschland, Spanien an?

Aleksandar Dragovic: Ich spiele 2016 mit Dynamo Kiew und der Nationalmannschaft auf der internationalen Fußballbühne und möchte natürlich Werbung in eigener Sache machen. Wenn mir das gelingt, wäre ein Wechsel fällig.

Patrax Slater: Mit wem fühlst du dich in der Innenverteidigung wohler: Hinteregger oder Prödl? Um die Frage besser zu formulieren. mit wem ergänzt du dich, deiner Meinung nach besser bzw. wer war bis dato der Innenverteidiger mit dem du am liebsten gespielt hast? Bak gilt nicht, weil das war ja sozusagen dein erster Lehrmeister. J

Aleksandar Dragovic: Ich harmoniere mit beiden sehr gut, beide Konstellationen funktionieren, dass haben wir bereits mehrfach unter Beweis gestellt, von daher ist es egal. Wichtig ist, dass wir alle genügend Spielpraxis bekommen und topfit zur EM fahren. Und der Innenverteidiger mit dem ich am liebsten gespielt habe ist der, mit dem ich aktuell beim Verein spiele, Yevhen Khacheridi.

Patrax Slater: Welche Motivations-Ansätze findest du, um immer besser zu werden als andere?

Aleksandar Dragovic: Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht, was man gerne macht, möchte man auch gut machen, so gesehen sind es die Freude am Kicken und die Möglichkeit um Titel mitzuspielen, die mich antreiben.

Patrax Slater: Wer ist der beste Jugendspieler mit dem du je gespielt hast, der es nicht zum Profi geschafft hat.

Aleksandar Dragovic: Christoph Knasmüller. Er war damals mit Abstand der Beste von uns, hatte enormes Potential. Aktuell spielt er bei der Admira. Das soll nicht abwertend klingen, aber er hätte schon auch mehr daraus machen können.

semmerl: Dir ist es laut Interviews sehr wichtig torgefährlicher zu werden. Arbeitest du im Training auch speziell in diese Richtung und wenn ja, wie sieht diese Arbeit aus?

Aleksandar Dragovic: Wenn wir englische Wochen haben, steht mehr die Regeneration und das Videostudium im Vordergrund, sonst heißt es auch in Sachen Offensivspiel learning by doing. Wir simulieren Strafraumszenen, da geht es um die Positionierung und auch um den Abschluss.

semmerl:  Was ist dein persönliches Minimalziel bei der Euro? Also wie lange möchtest du mindestens mit unserer Mannschaft im Rennen bleiben?

Aleksandar Dragovic: Klar will ich, dass wir möglichst lange im Rennen bleiben, aber daran denke ich nicht. Wir haben drei Spiele, die allesamt Endspiele sind und auf die wir uns bestmöglich vorbereiten werden. Wir müssen alles reinhauen und eine Top-Leistung abrufen. Nur das zählt, was dann passiert wird man sehen.

semmerl:  Wenn du in Wien etwas unternimmst, wo und was machst du am liebsten?

Aleksandar Dragovic: Ich treffe mich am liebsten mit meinen Freunden, gehe essen, in Kaffeehäuser oder Bars. Wir haben viel Spaß miteinander, blödeln gerne. Durch mein Auslandsengagement bin ich leider viel zu selten in Wien, aber das ist eben so.

semmerl: Zuguterletzt: Ich bin dein größter Fan und da ich selbst in der Innenverteidigung spiele, bist du mein absolutes Vorbild. Wie habe ich eine Chance ein Trikot von dir zu ergattern?

Aleksandar Dragovic: Das ist ein tolles Kompliment Dankeschön und ich denke ein Trikot wird es über die Fanshops von Kiew oder dem ÖFB geben. Wer weiß, vielleicht legt dir ja jemand ein Packerl unter den Christbaum.

Mr_Rotten: Welche Fußballerkollegen sind auch privat deine Freunde und unternimmst mit ihnen viel in der Freizeit (außer Alaba, Arnautovic).

Aleksandar Dragovic: Mein bester Freund ist Lukas Rotpuller, mit ihm unternehme ich sicher am meisten.

Chrischinger86: In der WM-Quali spielen wir gegen Serbien, das Land, wo du deine Wurzeln hast. Welche Gefühle löst dieser Gedanke bei dir aus – immerhin hast du 2009 ausgerechnet in Serbien dein Debüt für Österreichs A-Team gefeiert?

Aleksandar Dragovic: Ich war Didi Constantini extrem dankbar, dass er mir damals die Chance gegeben hat, es war schon ein besonderes Spiel und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Steffo: Zunächst einmal vielen, vielen Dank, dass du wieder bei unserer Fragerunde mitmachst! Im Beitrag hat sich eine kleine Diskussion zum Thema duzen oder siezen entwickelt, weshalb ich dazu auch gleich eine Frage an dich habe. Ein Benutzer von uns hat eine Interview-Passage von Mario Haas herausgesucht: „….Man hat kein Privatleben mehr. Überall, wo ich heute hinkomme bin ich der Mario. Einen Herrn Haas gibt es nicht. Obwohl es doch eigentlich normal wäre, oder? Wenn man vorher noch nie mit jemandem gesprochen hat, dann nennt man ihn doch nicht einfach beim Vornamen.“
Die meisten Fragensteller im ASB sagen auch automatisch „Du“ und ich finde das auch irgendwie natürlicher, da man im Laufe der Zeit zum Spieler irgendwo eine Bindung aufbaut, mit ihm mitfiebert etc….; Ich kann aber auch verstehen, dass das manche Fußballer respektlos empfinden können. Wie stehst du dazu? Wenn ein Fan einen Fußballer anspricht, sollte er ihn deiner Meinung nach in der Regel duzen, oder siezen? Ist das eine Frage des Altersunterschieds?

Aleksandar Dragovic: So alt bin ich nun auch wieder nicht, als das man mich siezen müsste, aber das soll jeder so halten wie er glaubt. Ob Drago oder Herr Dragovic ist mir prinzipiell egal, es kommt vielmehr darauf an, was dann kommt. Ich denke gegenseitiger Respekt ist wichtig, die Anrede weniger.

Stefan Karger

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