Newcastle United hat einen neuen Eigentümer, der gleichsam reich und umstritten ist. Der Saudi Arabia Public Investment Fund erwarb den Premier-League-Verein gegen eine Summe... Kommentar: Scientology United vs Taliban FC

Newcastle United hat einen neuen Eigentümer, der gleichsam reich und umstritten ist. Der Saudi Arabia Public Investment Fund erwarb den Premier-League-Verein gegen eine Summe von rund 350 Millionen Euro vom bisherigen Besitzer Mike Ashley.

Bereits vergangenen Juli hätte dieser Deal mit Hilfe der britischen Geschäftsfrau Amanda Staveley über die Bühne gehen sollen. Die 48-Jährige verfügt über exzellente Kontakte im arabischen Raum und galt auch als Strippenzieherin beim Verkauf von Manchester City an die Abu Dhabi Investment Group.

Im Sommer kam es allerdings vorläufig zu keinem Abschluss, da es Rechtsstreitigkeiten darüber gab, wer genau nach einer möglichen Übernahme den Klub kontrollieren würde. Die Premier League erteilte keine Zustimmung, da sie keine Trennung zwischen dem oben erwähnten saudi-arabischen Public Investment Fund (PIF) und dem saudischen Staat sah.

Der PIF hätte 80% der Anteile des Vereins gehalten, die Gruppe rund um die Geschäftsfrau Staveley hätte weitere zehn Prozent besessen, ebenso wie die beiden Geschäftsleute Simon und David Reuben.

An den Eigentumsverhältnissen bei diesem Deal änderte sich bis heute nichts, warum kommt der Abschluss nun also zustande?

Fernsehrechte wichtiger als Menschenrechte

Im Hintergrund läuft seit vielen Jahren ein Streit zwischen Katar und Saudi-Arabien um die Aufhebung des Verbots von beIN Sport. Der katarische Sender hält im arabischen Raum die Rechte an der Premier League, darf aber sein Programm in Saudi-Arabien nicht ausstrahlen. Katar forderte von Saudi-Arabien eine Schadenersatzsumme von rund einer Milliarde Euro aufgrund von Urheberrechtsverletzungen, da die Bilder dennoch in saudi-arabischen Haushalten zu sehen waren. Saudi-Arabien hob nun das Verbot des Senders auf und plötzlich gab es bei diesem Deal keine Hindernisse mehr.

Die Premier League machte sich also wenig überraschend nicht unbedingt Sorgen wegen der Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien, sondern konnte schlicht kein Deal mit einer Nation abschließen, die mit einem der wichtigsten TV-Partnern im Clinch lag.

Jubelbilder aus Newcastle

Dass sich die Newcastle-Fans über den neuen Deal freuen liegt sicherlich auch daran, dass der ungeliebte bisherige Eigentümer Mike Ashley nun aus dem Spiel ist. Dennoch ist es traurig zu sehen, dass zumindest die Anhänger in diesem Video angesichts des neuen Eigentümers keine Bedenken haben und in Jubelstimmung verfallen.

Man denke nur an Khashoggis Hinrichtung im saudischen Konsulat in Istanbul, dem seine Kritik am Kronprinzen Mohammed bin Salman das Leben kostete. Seine Ehefrau wandte sich im Sommer via Twitter an die Premier League und beschwor sie den Deal nicht zuzulassen. Auch ihr Anwalt ließ der Liga per Brief ausrichten: „In der Premier League und im englischen Fußball sollte kein Platz für jemanden sein, der an solch abscheulichen Handlungen beteiligt ist.“

Auch wenn es von der internationalen Gemeinschaft kaum Sanktionen nach dem Mord an Khashoggi gab, führte die Ermordung zumindest zu einem gewaltigen Imageverlust des Kronprinzen. Einige internationale Unternehmen zogen sich aus Saudi-Arabien zurück. Die Übernahme von Newcastle soll den Kronprinzen nun weißwaschen und ein neues Image verleihen. Katar zeigte schließlich vor, wie man sich einen Klub (Paris Saint-Germain) und sogar eine Weltmeisterschaft kaufen kann.

Scientology United bald im Champions-League-Finale?

Die Premier-League-Vereine und deren Fans sind nur noch zu Schachfiguren in einem geopolitischen Spiel geworden. Umso wichtiger erscheinen in diesem Licht Vorschriften wie die 50+1 Regel der deutschen Bundesliga. Sonst treffen in der Champions League irgendwann Scientology United gegen den Taliban FC aufeinander – und auch da würde es wahrscheinlich Fans geben, die sich freuen würden, dass ihr Klub endlich in der Königsklasse angekommen ist.

Stefan Karger