Nur 16 Jahre nach der Weltmeisterschaft 1970 fand abermals eine Endrunde in Mexiko statt. Ursprünglich hätte das Turnier in Kolumbien ausgetragen werden sollen, doch... Weltmeisterschaft 1986: Maradona-Festspiele in Mexiko

Diego Maradona - Argentinien 1986Nur 16 Jahre nach der Weltmeisterschaft 1970 fand abermals eine Endrunde in Mexiko statt. Ursprünglich hätte das Turnier in Kolumbien ausgetragen werden sollen, doch dort war man auf eine Teilnehmerzahl von 24 Nationen nicht vorbereitet und musste schließlich passen. Argentinien besiegte in einem packenden Finale Deutschland mit 3:2 und holte sich nach 1978 den zweiten und bis dato letzten WM-Titel.

Als sich Kolumbien für die Weltmeisterschaft 1986 bewarb und schließlich auch den Zuschlag fürs Turnier bekam, war noch keine Rede davon, dass 24 statt 16 Mannschaften teilnehmen würden. Erstmalig wurde die Anzahl der Nationen bei der WM 1982 erhöht und auch nach dem Turnier stand noch nicht fest, ob die Aufstockung der Teams nur eine einmalige Ausnahme war. Als klar war, dass erneut die Weltmeisterschaft mit 24 Nationalteams über die Bühne gehen würde, geriet der kolumbianische Verband unter Druck, da nicht so viele Stadien zur Verfügung standen und das Geld für neue Arenen fehlte. Kolumbien musste unter den veränderten Vorzeichen die Kandidatur zurückziehen und Brasilien galt als großer Favorit als neues Austragungsland. Da das Land jedoch mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, bekam Mexiko überraschender Weise nach 16 Jahren erneut den Zuschlag.

Eine Weltmeisterschaft für Touristen

Die riesige Freude innerhalb der mexikanischen Bevölkerung wurde schon bald gedämpft, denn die FIFA wusste mittlerweile wie man eine Weltmeisterschaft mit Gewinn abschließt und die Tickets landeten zu einem großen Teil bei Agenturen, die WM-Abos inklusive Übernächtigungen in teuren Hotels anboten. Für das billigste WM-Abo hätte ein Einheimischer rund ein Drittel des damals durchschnittlichen Jahresgehalts hinlegen müssen, sodass die Stadien während des Turniers zum Teil mäßig gefüllt waren. João Havelange setzte einen oben drauf und meinte zynisch, dass die Mexikaner die Weltmeisterschaft auch im Fernsehen verfolgen könnten. Ein Journalist des Kicker schrieb: „Wir gehen ins Stadion, die Mexikaner zurück in ihre Wohnzimmer zum TV-Gerät. Eine WM von Reichen für Reiche.“ Die FIFA zeigte sich dennoch zufrieden und veröffentliche falsche Zuschauerzahlen, die in der Realität weit geringer ausfielen.

Debütant Dänemark glänzt in der Gruppenphase

Österreich konnte sich diesmal nicht qualifizieren, denn in der Gruppe 5 erreichte man hinter Ungarn und den Niederlanden nur den dritten Gruppenplatz. Ihr WM-Debüt gaben Kanada, Irak und Dänemark, wobei Letztgenannte überraschend und souverän in Mexiko aufspielten. Die Dänen holten in einer Gruppe mit Schottland (1:0), Uruguay (6:1) und Deutschland (2:0) drei Siege und begeisterten mit schnellem Offensivfußball. Im Achtelfinale platzte jedoch der Traum einer weiteren Sensation, denn gegen Spanien setzte es eine 5:1-Niederlage – ein Ergebnis das nach dem bisherigen Turnierverlauf überraschend kam. Ebenfalls eine positive Überraschung gab Marokko ab, das zunächst gegen Polen und England 0:0-Unentschieden spielte, woraufhin das Boulevardblatt “Sun“ wenig charmant auf die Titelseite die Schlagzeile “Ihr Trotteln“ klatschte. Im letzten Gruppenspiel besiegte Marokko Portugal mit 3:1 und sicherte sich somit den Gruppensieg. Diese Erfolge waren in erster Linie dem brasilianischen Trainer José Faria zu verdanken, der seine Mannschaft taktisch hervorragend einstellte und in den vergangenen zwei Jahren eine technisch starke Truppe aus dem Underdog formte. Im Achtelfinale war dann aber auch für Marokko Endstation, denn Deutschland zeigte wenig Humor und bezwang die Überraschungsmannschaft mit 1:0. Trainer Faria war dies egal: „Wir haben unsere Mission erfüllt, für mich ist Marokko Weltmeister.“ Recht hat er!

Die Hand Gottes und das vielleichte schönste WM-Tor

Gleich drei der vier Partien im Viertelfinale wurden im Elfmeterschießen entschieden, nur Argentinien bezwang England in der regulären Spielzeit und ersparte den Inselkickern somit ein Duell vom Punkt. Diese Partie sollte jedoch in die Fußball-Geschichtsbücher eingehen, denn einerseits erzielte Maradona mit der “Hand Gottes“ den Führungstreffer, andererseits legte er nur vier Minuten später einen weiteren Treffer nach und erzielte das vielleicht schönste Tor, das jemals bei einer Weltmeisterschaft geschossen wurde.

Frankreich setzte sich gegen Brasilien durch, wobei die Zuschauer eine fantastische Partie bewundern durften, in der die Brasilianer spielbestimmend, die Franzosen letztendlich nervenstärker waren. Deutschland kam dank Goalie Schumacher gegen Mexiko weiter, Belgien durfte sich bei Jean Marie Pfaff bedanken, dass Spanien aus dem Bewerb geschossen wurde. Im Halbfinale setzen sich die Deutschen gegen Frankreich durch (2:0) und Brasilien beendete den Erfolgslauf der Belgier (2:0). Nachdem Frankreich das Spiel um Platz drei gewann erlebten die Zuschauer, die sich die Karten leisten konnten, ein fantastisches Finalspiel, das Argentinien schließlich mit 3:2 für sich entschied. Nach einem 2:0-Rückstand sorgten Rummenigge (74.) und Völler (82.) für den Ausgleich, doch nur drei Minuten später gelang Jorge Burruchaga nach einem Sololauf das entscheidende Tor.

Stefan Karger, abseits.at

Stefan Karger

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