Viele Funktionäre kritisierten die Vergabe der Weltmeisterschaft an die USA und prophezeiten, dass die Amis nicht in der Lage wären eine WM auszurichten. Die... Weltmeisterschaft 1994: Die USA als perfekter Gastgeber

Romario - Brasilien 1994Viele Funktionäre kritisierten die Vergabe der Weltmeisterschaft an die USA und prophezeiten, dass die Amis nicht in der Lage wären eine WM auszurichten. Die Zuschauer würden ausbleiben, da sie sich für ausschließlich für MLB, NBA, NHL und NFL interessieren würden. Die Kritiker wurden jedoch eines Besseren belehrt, denn die Stadien waren voll und die Stimmung war hervorragend.

Neben den Vereinigten Staaten von Amerika bemühten sich auch Brasilien und Marokko um die Weltmeisterschaft, wobei die Afrikaner zunächst gar keine schlechten Chancen hatten, da einige FIFA-Funktionäre meinten, dass sich der Kontinent eine WM verdient hätte. Das Problem war allerdings, dass Marokko nur über zwei große Stadien verfügte, die restlichen Arenen sollten in der Wüste neu gebaut werden, was der FIFA schlussendlich doch zu riskant war. Brasilien wiederum brachte sich selbst um die WM, denn die Funktionäre versäumten ihr Flugzeug nach Zürich und kamen zu spät zu einer Zeremonie, bei der sie die Unterlagen übergeben hätten sollen. Nach weiteren Missgeschicken war Brasilien aus dem Rennen und die USA erhielt den Zuschlag.

Rekordkulissen

Insgesamt besuchten über 3.5 Millionen Fans die 52 Partien, was einem Schnitt von 68.626 Zuschauern pro Partie entsprach. Gegenüber der letzten Weltmeisterschaft in Italien war dies ein Plus von etwa 20.000 Fans pro Spiel, was der FIFA einen ordentlichen Gewinn ermöglichte. Bis heute wurden diese Zuschauerzahlen bei keiner Weltmeisterschaft übertroffen.

Rot-Weiß-Rot bleibt zu Hause

Österreich verpasste die Qualifikation für die 15. Weltmeisterschaft deutlich und erreichte in der Gruppe 6 hinter Schweden, Bulgarien und Frankreich nur den vierten Platz – nur Finnland und Israel landeten hinter dem ÖFB-Team. Die österreichische Nationalmannschaft befand sich jedoch in guter Gesellschaft, denn auch England, Schottland, Frankreich und der Dänemark, immerhin der Europameister von 1992, verpassten die Qualifikation. Zum ersten Mal dabei waren hingegen Griechenland, Nigeria und Saudi-Arabien. Mit Norwegen (zuletzt 1938), Bolivien (1950) und der Schweiz (1966) waren zudem drei Nationen dabei, die schon lange nicht mehr an einer WM teilnahmen.

Eine kuriose Szene gab es gleich bei der Eröffnungszeremonie: Diana Ross schoss während eines Auftritts einen Elfmeter am Tor vorbei, welches trotzdem wie von Geisterhand zerfiel:

Mord nach Eigentor

Die überraschende 1:2-Niederlage Kolumbiens gegen die USA hatte tragische Folgen, denn Abwehrspieler Andrés Escobar wurde nur etwa zwei Wochen nach der Partie auf dem Parkplatz vor einer Bar kaltblütig niedergeschossen. Verhaftet wurde Humberto Muñoz Castro, ein Bodyguard und Chauffeur von mächtigen Drogenbossen, die durch das Eigentor und die daraus resultierende Niederlage höchstwahrscheinlich hohe Wetteinsätze verloren. Vor dem Mord rief Castro dem Fußballer noch zu: „Danke für das Eigentor“. Humberto Muñoz Castro wurde 1995 zu 43 Jahre Haft aus, musste jedoch nicht einmal ein Viertel der Zeit absitzen, da er nach zehn Jahren wegen guter Führung entlassen wurde.

Ein kurzes Gastspiel und ein Stinkefinger

Die Rumänen sorgten bei der WM 1994 mit dem 3:2-Sieg im Achtelfinale gegen Argentinien für eine große Überraschung. Diese Partie war an Spannung kaum zu überbieten und bot einen riesigen Unterhaltungswert fürs Publikum. Stürmer Ion Vlădoiu stand zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr im Kader. Der Angreifer wurde aufgrund von zahlreichen Verletzungen für die Weltmeisterschaft nachnominiert und kam im zweiten Gruppenspiel gegen die Schweiz (1:4) zu einem Kurzeinsatz. Der temperamentvolle Stürmer sah jedoch schon nach vier Minuten die rote Karte und lieferte sich anschließend Schreiduelle mit seinem Trainer, der ihn dann aus dem Kader warf und nach Hause schickte. Die Reise in die USA hätte sich Vlădoiu also sparen können.

Nicht wesentlich besser lief es für Stefan Effenberg, der nach dem letzten Gruppenspiel gegen Südkorea den deutschen Fans, die mit der Leistung ihrer Mannschaft nicht zufrieden waren, den Mittelfinger zeigte. Trainer Berti Vogts warf ihn aus dem Kader und Effenberg sollte nie mehr für die Nationalmannschaft auflaufen dürfen. 1998 kam es zwar zu einem kurzen Comeback, doch der Mittelfeldspieler hatte vom Nationalteam schlussendlich doch genug und schlug im Jahr 2000 eine Einladung des neuen Nationaltrainers Rudi Völler aus.

Der weitere Turnierverlauf

Saudi-Arabien kam überraschend ins Achtelfinale, wo die Schweden, die am Ende den dritten Platz erreichen sollten, jedoch eine Nummer zu groß waren. Die Gastgeber kamen ebenfalls in die K.O.-Phase und hielten gegen Brasilien bis zur 72. Minute ein 0:0-Unentschieden. Bebeto zerstörte dann jedoch die Träume der US-Amerikaner. Im Viertelfinale setzte sich Bulgarien überraschend gegen Deutschland durch, die Schweden bezwangen Rumänien im Elfmeterschießen und Italien zerstörte die Semifinal-Träume der Spanier. Hohen Unterhaltungswert besaß das Duell der Brasilianer gegen die Niederlande. Nach 45 Minuten stand es noch 0:0, am Ende hatte Brasilien dank eines 3:2-Siegs die Nase vorn.

Die Favoriten Brasilien und Italien setzten sich im Semifinale gegen Schweden bzw. Bulgarien durch. Das große Finale war dann allerdings eine Enttäuschung, da es die einzige Partie des Turniers war, in der kein Treffer fiel. Nach torlosen 120 Minuten musste ein Elfmeterschießen entscheiden, in dem Roberto Baggio die Nerven versagten. Der damalige Juve-Offensivspieler schoss den entscheidenden Strafstoß deutlich übers Tor von Taffarel, nachdem bereits seine Teamkollegen Franco Baresi und Daniele Massaro vom Punkt scheiterten.

Stefan Karger, abseits.at

Stefan Karger

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