Nach dem 5:1-Sieg der Holländer über Weltmeister Spanien am Vortag gab es gestern die zweite große Überraschung dieser WM: Der Außenseiter Costa Rica gewinnt... Sensationelle „Ticos“: Costa Rica besiegt Uruguay mit 3:1!

Bryan Ruiz - Costa RicaNach dem 5:1-Sieg der Holländer über Weltmeister Spanien am Vortag gab es gestern die zweite große Überraschung dieser WM: Der Außenseiter Costa Rica gewinnt dank einer –vor allem zu Beginn der zweiten Halbezeit – guten Leistung mit 3:1 gegen die favorisierte Celeste.

Das Aufeinandertreffen der beiden lateinamerikanischen Mannschaften in Gruppe C war das zweier unterschiedlicher Systeme. So agierte Costa Rica in einem 5-4-1/5-3-2, Uruguay in einem 4-4-2. Letztlich konnte sich Costa Rica mit etwas Glück bei Standards und einer über weite Strecken guten Defensivleistung nicht unverdient durchsetzen.

Costa Ricas Isolationsversuche am Flügel und die Reaktion Uruguays

Ab der ersten Minute formierte sich Costa Rica gegen den Ball in einem 5-4-1, das als Mittelfeldpressing interpretiert wurde. Dabei wollte man Uruguay generell auf die Flügel lenken, um dort einzelne Spieler zu isolieren und anschließend den Ball zu erobern. Durch die nach vorne rückenden Costa Ricaner Diaz und Gamboa auf den Flügelpositionen kam es dort immer wieder zu engen Situationen, die Uruguay nicht gut ins Zentrum verbinden konnte.

Das funktionierte am Anfang unter anderem deshalb relativ gut, weil Uruguay mit einem konsequent abkippenden Arevalo auf der Sechs spielte, der immer wieder zwischen die Innenverteidiger Lugano und Godin fiel. Prinzipiell sollten diese in der Folge dann mit Ball am Fuß aufrücken und Pässe nach vorne spielen können. Weil die Achter Costa Ricas aber immer wieder geschickt aus der Formation auf Godin und Lugano rückten, verschärften sich die Probleme Uruguays nur, die das Zentrum daher weiterhin nicht bespielen konnten.

Dementsprechend stellte Uruguay das Aufbauspiel etwas um: Ab der 20. Minute übernahmen die beiden Sechser Gargano und Arevalo den Spielaufbau vermehrt aus den Halbräumen. Das Hauptproblem der Anfangsphase, dem sich Uruguay ausgesetzt sah – nämlich dass man nicht über den Sechserraum nach vorne kam – war zwar so nicht gelöst, immerhin konnte man sich aber über die Halbräume nach vorne kombinieren und war weniger leicht zu pressen.

Auch Costa Rica hat Probleme im Aufbau

Ähnliche Probleme gab es aber auch bei Costa Rica. Den Mittelamerikanern gelang es ebenfalls kaum gegen Uruguays 4-4-2 über die Mitte nach vorne zu kommen. Die beiden Sechser Borges und Tejeda hielten sich im Aufbau relativ weit vorne auf und man eröffnete entweder über die Halbverteidiger oder die tiefen Außenspieler. So bespielte man die formative Lücke der Formation Uruguays.

Im Laufe der ersten Halbzeit gelang es dann auch immer wieder aus solchen Situationen das Spiel über den Sechserraum zu verlagern, was einige gute Angriffszüge zur Folge hatte. Auf der linken Seite wurden die Angriffe in der Regel dann über die Flügelläufer Diaz weitergespielt, der einige Unterstützung durch vorderlaufende Bewegungen von Hybridspieler Bolanos erhielt.

Generell war aber die rechte Seite eher die Hauptangriffsseite Costa Ricas, wo sich die beiden Stürmer Ruiz und Campbell vermehrt aufhielten. Kapitän Ruiz war dabei der tiefere von beiden, der viel zur Seite balancierte und so Räume für den ebenfalls sehr frei agierenden Campbell öffnete. Dabei fanden die entstehenden Kombinationen aber in eher ungefährlichen Räumen am Flügel statt, bzw. die Verbindungen nach vorne waren nicht ausreichend gegeben. Genauso problematisch war die Besetzung des Sturmzentrums, in das oft nur Bolanos aus dem zentralen Mittelfeld nachrückte. In der Folge war Costa Rica aus dem Spiel vor allem in der ersten Halbzeit dann relativ ungefährlich.

Offensivmechanismen Costa Ricas

Die Offensivmechanismen des Teams von Pinto waren dabei, wie oben beschrieben, relativ fluide angelegt. Allerdings fehlte es vor allem in der ersten Halbzeit an der nötigen Durchschlagskraft und der richtigen Abstimmung der Akteure untereinander.

Der nominelle Stürmer Campbell arbeitete generell viel der rechten Seite zu und sorgte dort mit dem nominellen zweiten Stürmer und Kapitän Ruiz für Überladungen in den Halbräumen. Man versuchte zwar immer wieder Rochaden einzubauen, führte diese aber teilweise nicht gut oder mit unpassendem Timing aus, sodass diese ineffektiv blieben.

Den entstehenden Rechtsfokus glich der nominelle Mittelfeldspieler Bolanos dann aus. Er war es, der dann aus seiner tieferen Position nach vorne schob und das Sturmzentrum besetzte, was über weite Strecken des Spiels relativ nicht von Erfolg geprägt war. Einzig und alleine ein Freispielen des rechten Flügelspielers Gamboa konnte konstant realisiert werden, der vor allem dann aufrückte, wenn Ruiz aus seiner breiteren Grundposition zur Mitte zog.

Offensive Uruguay

Dahingegen war die Offensive der Celeste weniger fluide angelegt, sondern lebte mehr von ihren Strukturen. Die beiden Flügelspieler Rodriguez bzw. Stuani agierten relativ linear und breit und wurden durch die leicht ausweichend agierenden Stürmer Cavani und Forlan auf den Flügeln unterstützt – Pärchenbildung war hier das Stichwort.

Weil sich auf Seiten der Mannschaft von Trainer Tabarez die Außenverteidiger Pereira und Caceres relativ strikt zurückhielten, gab es kaum vertikale Bewegungen im Bereich dieser Räume, die Dynamik ins Spiel hätten bringen können, was generell auch bei der zweiten Mannschaft der Partie für wenig Torgefahr aus dem Spiel sorgte. Dem Führungstreffer durch Cavani ging eine Freistoßflanke voraus, bei der Diaz Abwehrspieler Lugano foulte.

Costa Ricas Umstellungen zu Beginn der zweiten Halbzeit

Zu Beginn des neuen Durchgangs verschob Costa Rica die Pressinghöhe deutlich nach vorne und agierte immer wieder in 5-2-3-Stellungen gegen den Ball. So erzeugte man mehr Druck auf den gegnerischen Aufbau, worauf Uruguay erneut mit abkippenden Bewegungsmustern von Arevalo reagierte.

Aber auch im Spiel mit dem Ball gab es einige Veränderungen. Deutlich höhere Flügelspieler und marschierende Halbverteidiger hatten zur Folge, dass Costa Rica mehr Präsenz in vorderster Linie erzeugen konnte. Durch nachrückende Bewegungen der Mittelfeldspieler ergaben sich jetzt dynamischere Aktionen.

Diese Kombination der Anpassungen führte dann relativ schnell zum Ausgleich durch Campbell, der nach einem Konter in Verbindung mit einem langen Lauf von Gamboa am Flügel und anschließendem Rückpass in den Rückraum stark bedient wurde.

Uruguay packt das 4-1-3-2 aus

Nach dem Führungstreffer für die Mannschaft Costa Ricas nach einem Standard wechselte Uruguays Trainer Tabarez zwei Mal. Für Forlan kam Lodeiro und für Gargano Gonzales.

Gonzales ging auf den rechten Flügel, Stuani dafür von dort ins Sturmzentrum und Lodeiro ging auf die Zehn, was bedeutete, dass Arevalo die Sechserposition alleine bekleiden musste. Im neuen
4-1-3-2 wurde sofort offensichtlich, dass eine Absicherung gegen Konter nicht mehr so wirklich gegeben war. Weil Uruguay jetzt auch die Außenverteidiger konsequent nach vorne zog, war man in Umschaltmomenten eben weniger gut abgesichert, erzeugte aber vorne mehr Präsenz.

In der Folge wurde das Spiel dann deutlich offener, Tabarez brachte mit Hernandez einen weiteren Stürmer, wurde aber mit dem 1:3 kurz vor Schluss durch den ebenfalls eingewechselten Urban bestraft, nachdem Costa Rica zuvor bereits einige vielversprechende Konter nicht gut ausgespielt hatte.

Fazit

Mit dem 1:3 gegen den Außenseiter der Gruppe steht Uruguay bereits nach dem ersten Spiel vor dem Gruppenaus. Dabei zeigte man sich vor allem bei Standards anfällig und entwickelte offensiv wenig Durchschlagskraft aus dem Spiel heraus. Nicht unerwähnt soll aber die Tatsache bleiben, dass mit Costa Rica ein deutlich unangenehmerer Gegner auf dem Platz vorgefunden wurde, als von vielen erwartet wurde. Von vornherein dürfte jedoch klar gewesen sein, dass dieses Spiel –allein schon wegen der taktischen Voraussetzungen – kein Selbstläufer werden würde.

Tobias Robl, abseits.at

Tobias Robl

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