Den Moment, als Ümit Korkmaz 2008 im Auto einen Vertrag bei Eintracht Frankfurt unterschrieben hat, wird der Austro-Türke bis heute wohl nicht vergessen haben:... Anekdote zum Sonntag (230) – Ümits Manager

Den Moment, als Ümit Korkmaz 2008 im Auto einen Vertrag bei Eintracht Frankfurt unterschrieben hat, wird der Austro-Türke bis heute wohl nicht vergessen haben: Es sollte der vorläufige Höhepunkt einer Turbokarriere und der Beginn einer neuen Etappe für den 22-jährigen werden: „Korki“ gehörte zu den letzten Wiener Käfigkickern, die – aus unerfindlichen Gründen – nicht irgendwann im Nachwuchs eines Großklubs gelandet waren. Der 1985 Geborene kickte zunächst im Forschneritsch-Park im 15. Wiener Gemeindebezirk, ehe ihn ein Mitarbeiter der Müllabfuhr beim traditionsreichen SK Slovan empfahl. Mit 19 Jahren heuerte Korkmaz schließlich bei den Rapid-Amateuren an. Für seinen Weg in den Profifußball nahm er ab diesem Zeitpunkt den Lift anstatt der Treppe: So war er führend am Aufstieg der „kleinen“ Grün-Weißen in die RLO beteiligt, wurde postwendend in die Kampfmannschaft hochgezogen und hatte dann maßgeblichen Anteil am – vorerst letzten – Meistertitel der Hütteldorfer. Wenige Wochen nach der Übergabe des Tellers lief der frischgebackene Deutschlandlegionär bei der EM-Endrunde 2008 für Österreich auf – Erfolge über Erfolge.

Der Abschied von Rapid fiel ihm trotzdem schwer: Selbst der erfahrene Andy Marek wusste nicht so recht, wie er „Ü-Ü-Ümit“ trösten sollte, als sich dieser weinend von den Rapid-Fans verabschiedete. Viele trauten dem Flügelflitzer eine vielversprechende Auslandskarriere zu, doch Korkmaz Körper begann schon bald zu streiken. Später erzählte der Spieler, dass dies eben der Preis seines außergewöhnlichen Aufstiegs gewesen war: Ümit war in Sachen Training, Regeneration oder Ernährung als Junger nicht auf jenes Pensum, das er als Profi zu leisten hatte, vorbereitet worden. In Frankfurt zog er sich gleich in der ersten Übungseinheit einen Mittelfußknochenbruch zu; zahlreiche Verletzungen verhinderten in der Folge, dass er Konstanz in seine Karriere bringen konnte. Nach Bochum, Ingolstadt und Rizespor lief der zehnfache Nationalspieler 2017 für St. Pölten auf. Kurze Zeit später wechselte er ins Unterhaus, wo er seit 2023 für Herberts Prohaskas Jugendverein Ostbahn XI kickt.

Die Tatsache, dass Ümit nicht von Kindesbeinen an in einer Akademie professionell trainierte, führte jedoch auch dazu, dass er sich eine gewisse Redefreiheit bewahrte und bis heute keine vorgestanzten Fußballersätze von sich gibt. Der Ex-Offensivspieler nimmt sich kein Blatt vor den Mund und kritisierte z.B. vor zwei Jahren die damalige SCR-Elf in der vereinseigenen Sendung: „Man kann verlieren. Aber, wie man verliert, ist die entscheidende Frage.“, meinte er auf den vielrezitierten Rapid-Geist angesprochen. Für solche klaren Worte waren ihm viele Grün-Weiße, denen die Schönfärberei ihres Klubs auf die Nerven geht, dankbar.

Zurück zur Meistersaison 2007/08: Damals beackerte der flinke Mittelfeldspieler in 31 Spielen die linke Seite, was der treue Rapid-Anhang mit den (später legendären) „Ü-Ü-Ü“-Rufen goutierte. Korkmaz wurde schnell bekannt, war Stammspieler und eine heiße Transferaktie. Nach einem Training im Frühjahr besuchte er mit Freunden ein türkisches Grillrestaurant, wo er nach dem Essen mit dem Eigentümer ins Plaudern kam. Fußballverrückt wie die meisten Türken fragte der Restaurantchef, ob Ümit selbst auch kicke. „Korkis“ Freunde mussten sich ein Lachen verkneifen, schließlich hatte die Community schon lange mitbekommen, dass mit Kavlak und Korkmaz gerade zwei austro-türkische Käfigkicker die aufstrebenden Stars der österreichischen Bundesliga waren. Der Spieler selbst blieb jedoch bescheiden und wiegelte ab: „Ja, hie und da in der Landesliga.“, log er um kein Aufsehen um seine Person zu machen. Darauf schien der Gastronom aber nur gewartet zu haben: Breitgrinsend meinte er: „Wenn du gut bist, dann kann ich dir einen Transfer vermitteln!“ Der Grillmeister erging sich wie ein Wasserfall mit drallem Lächeln über seine guten Kontakte in die Fußballwelt und behauptete, er würde diesen und jenen Manager in der Türkei kennen. Nachdem sein Redefluss verebbt war, fragte Ümit schließlich: „Und, wen haben Sie schon vermitteln können?“ Die Antwort darauf sollte ihm jedoch kurzerhand die Sprache verschlagen: Selbstsicher entgegnete der Lokalchef: „Na, den Korkmaz hab‘ ich zu Rapid gebracht!“ Nun prustete Ümits Entourage los, der Spieler selbst stutze: Schließlich konnte er sich noch erinnern, wie er einst nach einem Totocupspiel mit Slovan gegen Rapid II im Sekretariat seines Stammvereins mit dem damaligen Trainer Reisinger und Sportchef Schöttel ausgemacht hatte, nächste Saison bei den Amateuren der Hütteldorfer zu spielen. Die Tatsache, dass ihn der – eben kennengelernte – Restaurantbesitzer in den Wiener Westen vermittelt hatte, war ihm deshalb vollkommen neu. Diskret quittierte er die Aussage des Möchtegern-Managers mit einem von einem sanften Lächeln begleiteten „Aha.“ Man kann eben nicht nur nach einem Besuch beim Psychologen sagen, dass man etwas Neues über „sich“ gelernt hat; in Ümit Korkmaz Fall ging das auch nach einem Teller Köfte in einem traditionellen Grilllokal.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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