Kühbauers Geburtstagsgeschenk, ein 8:1-Sieg in Wolfsberg, konnte sich durchaus sehen lassen. Statistisch betrachtet war das Spiel durch die Bank ein echtes Kuriosum. Rapid zeigte... 8:1 in Wolfsberg: Rapid „passperfekt“ und variabel, aber auch widersprüchlich

Kühbauers Geburtstagsgeschenk, ein 8:1-Sieg in Wolfsberg, konnte sich durchaus sehen lassen. Statistisch betrachtet war das Spiel durch die Bank ein echtes Kuriosum. Rapid zeigte aber vieles auf, räumte mit Missverständnissen auf und verwickelte sich auch in eine Art „spielerischen Widerspruch“.

Rapid kann sie (fast) alle. Gegen größere Gegner wie Wolfsberg, den LASK oder Sturm gewinnen die Hütteldorfer mittlerweile konsequent. Auch gegen die Kleineren sammelt man eifrig Punkte. Der Punktschnitt von 2,08 in der laufenden Bundesligasaison wäre in anderen Saisonen meisterlich. Zoran Barisic erreichte einen solchen Schnitt als Rapid-Trainer nie.

Torschusspanik in Grün-Weiß nur punktuell

Die einzigen beiden Teams, mit denen man Probleme hat, sind die beiden größten Rivalen. Gegen die Austria kann man die beiden Saisonremis trotz klarer Überlegenheit wohl auf so etwas wie Torschusspanik schieben. Unter anderem das Spiel in Wolfsberg bzw. beide Saisonduelle im Lavanttal, dass Rapid auch ganz anders kann und an guten Tagen, seine Überlegenheit bestens in Effizienz ummünzen kann.

Das Problem mit Salzburgs Mittelfeldpressing

Der zweite Gegner, gegen den Rapid stets Probleme hat, ist der Serienmeister aus Salzburg, der die Wiener durch die intensive Zweikampfführung in der zweiten Pressinglinie immer wieder so stresst, dass diese Linie nur selten überwunden werden kann. Das 8:1 in Wolfsberg war eine interessante Antithese zum „typischen“ Rapid-Spiel gegen Salzburg. Und zwar aus mehreren Gründen.

Perfekte Pass-, kuriose Zweikampfwerte

Abgesehen vom Resultat und den zahlreichen Torschüssen fielen in Wolfsberg zwei Allgemeinstatistiken besonders auf: Rapids enorm hohe Passerfolgsquote und die schlechten Zweikampfwerte. Es mutet nach einem 8:1-Auswärtssieg kurios an, aber Marcel Ritzmaier war der einzige Rapid-Feldspieler mit einer positiven Zweikampfbilanz. Nicht mal die Verteidiger – Maximilian Hofmann musste in 90 Minuten nur drei Duelle führen – stiegen positiv aus.

Starkes Positionsspiel

Diese Zweikampfbilanz steht aber in direkter Wechselwirkung mit der Passquote und vor allem der Passqualität. Allgemein war das Spiel im Lavanttal keine zweikampfintensive Partie, was daran lag, dass Rapid die Wolfsberger kaum in Zweikämpfe kommen ließ. Basis dieses Faktors war das ausgezeichnete Positionsspiel Rapids. Das Verschieben und die Staffelung waren fast choreografisch, Rapid bewegte sich als Block perfekt. Die Passwege hatten dadurch weitgehend eine zumutbare Länge und auch die Pärchen- und Dreiecksbildungen an den Flügeln waren schlüssig, wodurch Rapid praktisch immer Anspielstationen fand.

Rapid schüttet in absoluter Dominanzphase aus

Der in der Einleitung erwähnte „spielerische Widerspruch“ ergab sich in der Phase kurz vor der Pause. In den Interviews nach dem Spiel wurde immer wieder konstatiert, dass Rapid in der Phase rund um das Gegentor ein wenig den Rhythmus oder die Konsequenz verlor. In Wahrheit war dies allerdings die dominanteste und taktisch-spielerisch beeindruckendste Phase des Rekordmeisters. Einzig ein individueller „Bock“ von Dejan Ljubicic und das darauffolgende Gegentor warfen einen Schatten darauf.

Totale Sicherheit nach dem 2:0

Rapid bekam durch Ercan Karas 2:0 nach 32 Minuten, wenige Minuten nach der roten Karte für Luka Lochoshvili, Sicherheit. Die Kühbauer-Elf begann daraufhin, den Gegner müde zu spielen und nachlaufen zu lassen. Wäre Ljubicic’ schlampiger Fehlpass nicht dazwischengekommen, hätte Rapid im Zuge der zahlreichen Verlagerungsmomente auch noch das eine oder andere Mal die Möglichkeit für einen tiefen Pass bekommen.

Sicher, sicher, Verlagerung…

Wie Rapid die Wolfsberger in dieser Phase bespielte, war jedoch aller Ehren wert. Die Abfolge war sehr klar und vor allem präzise. Einige Sicherheitspässe, gefolgt von einer guten Verlagerung und mannschaftlichem Verschieben. Dann das Ganze von vorn und in die andere Richtung, wodurch der WAC über die Breite des Platzes gescheucht wurde und keinerlei Zugriff bekam. Gerade in dieser Phase war auch die Passqualität der Hütteldorfer eine echte Standortbestimmung. Absolut einzige Ausnahme: Ljubicic’ Fehlpass, der diese Phase beendete.

Neuerliche Dominanz und Variabilität vor den Toren

Rapid knüpfte aber in der zweiten Halbzeit nahtlos an die Phase vor dem Gegentor an und begann Wolfsberg mit Ruhe und Präzision erneut zu dominieren. Einzig eine Kopfballchance von Röcher hätte das Spiel noch kippen können, danach wurde die Dominanz der Hütteldorfer aber unwiderstehlich. Und der große Eindruck, den zuvor die Passqualität hinterließ, wich der beeindruckenden Variabilität in den Rapid-Angriffen, die zu Toren führten:

– 3:1 durch Ullmann nach einem Konter
– 4:1 durch Fountas nach gutem Mittelfeldpressing
– 5:1 durch Fountas nach einer Kara-Spielverlagerung
– 6:1 durch ein Scherzer-Eigentor nach einem Eckball
– 7:1 durch Demir nach einer Arase-Einzelaktion
– 8:1 durch ein Scherzer-Eigentor nach einer Halbfeldflanke

WAC kommt praktisch in keinen Zweikampf mehr

Rapid ging also praktisch alle möglichen Varianten durch, wie man aus dem Spiel heraus Tore erzielen kann. Ein weiteres Kuriosum: Mit Ausnahme der beiden Eigentore von Scherzer kam der WAC im Zuge der erwähnten sechs Gegentore in keinen einzigen Zweikampf. Selbst Ljubicic’ Balleroberung im Mittelfeldpressing vor dem 4:1 war einem Abspielfehler geschuldet. Rapid spielte gegen zehn Wolfsberger also im Grunde auf genau die Art, die sonst nur Salzburg auszeichnet.

Am Sonntag wartet ein anderes Spiel

Ein Gradmesser für das Spitzenduell am kommenden Sonntag gegen die Roten Bullen ist das 8:1 allerdings nicht. Das Spiel gegen Salzburg wird natürlich zweikampfintensiver bzw. möglicherweise diametral gegensätzlich für die Hütteldorfer, die gegen die Marsch-Elf eher danach trachten müssen, proaktiv gegen den Ball in Zweikämpfe zu kommen, anstatt die Salzburger im Mittelfeldpressing zu aktiv werden zu lassen. Klar ist aber auch, dass die Wiener mit dem Selbstvertrauen im Rücken und vor allem mit der Passgenauigkeit und -qualität vom Wolfsberg-Spiel auch gegen Salzburg eine reelle Chance auf drei Punkte haben.

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Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen