Der SK Rapid stand vor der neuen Saison 2017/18 vor einem außergewöhnlichen Problem: Ein eigentlich starker Kader, der in der Vorsaison massiv versagte, damals... Ajax-Millionen für Wöber ermöglichen Rapid vorgezogenen Kaderumbruch

Der SK Rapid stand vor der neuen Saison 2017/18 vor einem außergewöhnlichen Problem: Ein eigentlich starker Kader, der in der Vorsaison massiv versagte, damals wie heute hohe Kosten verursachte und dennoch – spätestens seit Winter – in der Öffentlichkeit sehr umstritten war.

Die Saison 2017/18 sollte für die Hütteldorfer eine Konsolidierungssaison werden. Die Schmach der Vorsaison auszubügeln war die Devise – das sollte aber praktisch durch dieselben Akteure gemacht werden, die die erste Spielzeit im neuen Stadion verbockten. Erst im Sommer 2018 sei ein Umbruch möglich, so dieser dann überhaupt noch notwendig ist, vernahm man immer wieder in Interviews.

Wöber als Rapids Cashcow

Nach dem Saisonstart, der weiterhin mentale Probleme und fehlenden Esprit in verschiedenen Matchsituationen insinuierte, wurde der bis dato ruhige Fredy Bickel wesentlich deutlicher in seinen Handlungen. Um einen großen Teil des nötigen Umbruchs bereits jetzt zu vollziehen, entschied er sich für den teuren Verkauf von Maximilian Wöber an Ajax Amsterdam. Fast acht Millionen Euro Ablöse und Boni bzw. eine Weiterverkaufsklausel wurden kürzlich öffentlich kolportiert.

Nicht so wie damals bei Schobesberger

Damit verliert Rapid zwar sein größtes Talent, saniert allerdings das Transferbudget, das vom letzten Sommer noch massiv angeschlagen war. Bickel machte in der aktuellen Situation alles richtig und wiederholte damit nicht einen Fehler, der bereits 2015 einmal gemacht wurde. Damals hatte Rapid eine konkrete Anfrage aus England für Philipp Schobesberger, die damals einen Top-3-Transfer der grün-weißen Vereinsgeschichte bedeutet hätte. Man entschied sich dafür, seinen Shooting Star zu halten, um im Kampf um den Meistertitel konkurrenzfähig zu sein. Schobesbergers Leistungen fielen im Laufe des nächsten Jahres ab und schließlich verletzte er sich schwer am Knie. Die langwierigen Begleiterscheinungen sind weithin bekannt.

Was man hat, das hat man

Wöber ist zweifelsfrei ein riesiges Defensivtalent, aber mehr als die kolportierte Ablösesumme hätte man wohl nicht mal bekommen, wenn er sich noch ein oder zwei Saisonen in der Bundesliga etabliert hätte. Hier wurde die erste Gelegenheit beim Schopf gepackt und was man hat, das hat man. Wöber zwar nicht mehr, dafür aber die Möglichkeit den Kader doch noch vorzeitig umzubauen und sich nicht zu sehr um die hohen Kaderkosten zu sorgen. Rote Zahlen wird Rapid nach dem Wöber-Transfer voraussichtlich nicht schreiben.

Ajax in einer perfekten Phase „erwischt“

Zudem bewies man in der Causa Wöber gutes Timing. Der Transfer des Youngsters nach Amsterdam wurde durchaus aktiv forciert, weil Ajax in den letzten Wochen eine Flanke öffnete. Ajax verkaufte im Laufe der Transferzeit Davy Klaassen um 27 Millionen Euro an den FC Everton und Innenverteidiger Davinson Sánchez um knapp 40 Millionen Euro an Tottenham Hotspur. Die Kriegskasse des niederländischen Traditionsklubs war somit prall gefüllt. Entscheidend war auch schon der vorangegangene Transfer von Jairo Riedewald um neun Millionen Euro zu Crystal Palace. Den Abgang des 20-jährigen Innenverteidigers hatte Ajax bis dato noch nicht abgefedert, obwohl bereits vier Wochen vergingen – der Verlust von Sánchez setzte Ajax plötzlich unter Zugzwang. Die meisten Neuverpflichtungen betrafen Außenpositionen, zudem holte man einen Torhüter und Mittelstürmer Klaas-Jan Huntelaar nach Hause. Somit waren mit Viergever und De Ligt nur noch zwei nominelle Innenverteidiger verfügbar und Ajax stand unter Zugzwang.

Plötzlich doch schon jetzt ein Umbruch!

Für Rapid bedeutet das einen kurzfristigen Engpass in der Innenverteidigung: Dibon ist langzeitverletzt, Sonnleitner und Maximilian Hofmann sind die letzten verbleibenden Innenverteidiger. Der Einzige, der ansatzweise als Innenverteidiger aushelfen könnte, wäre Stephan Auer, der immerhin schon in einer Dreierkette spielte, aber als Langzeitlösung natürlich viel zu klein ist. Auch Stefan Schwab wäre ansatzweise eine mögliche Option. Allerdings hat Rapid nun die Möglichkeit den Kader in der Breite besser aufzustellen. Plötzlich sind– auch aufgrund von Verletzungen bzw. Rekonvaleszenten und noch nicht hundertprozentig fitten Spielern – Kaderpositionen frei, die mit den Wöber-Millionen nachbesetzt werden können. Wie Fredy Bickel mit den unerwarteten Millionen hantierte, werden wir unmittelbar nach den bevorstehenden Transferabschlüssen analysieren.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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