In der 17. Runde der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria im Burgenland beim SV Mattersburg. Dabei wollten die Violetten die kleine Siegeserie von... Analyse: Austria in Mattersburg vom Winde verweht

In der 17. Runde der österreichischen Bundesliga gastierte die Wiener Austria im Burgenland beim SV Mattersburg. Dabei wollten die Violetten die kleine Siegeserie von zwei vollen Erfolgen weiter ausbauen und vor dem so wichtigen Derby noch einmal Selbstvertrauen tanken, um mit einer breiten Brust in das Duell mit dem Stadtrivalen gehen zu können. Es schien dabei auch so, als würde man zum richtigen Zeitpunkt nach Mattersburg fahren, denn die Burgenländer warteten seit fünf Spielen auf einen vollen Erfolg und präsentierten sich in den letzten Wochen alles andere als stabil, weshalb die kleine Hoffnung auf das obere Playoff in immer weitere Ferne rückte. Doch mal wieder zeigte sich, die Ausgangslage und das Vorgeplänkel vor einem Spiel ist in Wirklichkeit Nebensache, entscheidend ist, was auf dem Platz geschieht.

Kampf, Krampf und Kick & Rush

Nachdem die Austria zum ersten Mal seit einiger Zeit zumindest phasenweise mit ihrem Ballbesitzspiel gegen St. Pölten überzeugen konnte, war man nun gespannt, ob dies nur ein Strohfeuer blieb oder doch ein Hauch von Entwicklung war, die man in Wien-Favoriten immer wieder beschwört. Das Gastspiel in Mattersburg stellte dann auch den idealen Test für diese Frage dar, denn die Burgenländer sind für ihre defensive Spielweise bekannt und versuchen über die Physis und den Kampf den Gegner zu bezwingen. Daher stellt sich aus Sicht der Austria natürlich die Frage, ob man sich strategisch auf diesem Gebiet mit dem Gegner messen will oder doch lieber gedachte, ihn spielerisch zu knacken, auf die eigenen fußballerischen Stärken zu vertrauen und den Gegner zum hinterherlaufen zu zwingen. Der Trainer der Austria entschied sich dafür, den Fokus auf die kämpferischen Komponenten zu legen, was man anhand der Aufstellung auch gut erkennen konnte. So ersetzte Igor den gesperrten Cuevas als Linksverteidiger, während Schoissengeyr in die Mannschaft als Innenverteidiger rutschte, weshalb man mit drei nominellen Innenverteidigern in dieses Spiel ging und damit auch wesentlich defensiver. Darüber hinaus musste Prokop krankheitsbedingt passen, weshalb Ebner wieder in die Mannschaft rutschte und somit eine weitere defensivere Option, die diese Herangehensweise nochmal unterstreichen sollte. Man blieb dabei zwar beim üblichen 4-3-3, allerdings in einer wesentlich defensiveren Ausprägung, als es noch gegen St. Pölten der Fall war, was die Balance natürlich gravierend veränderte.

Was hatten sich die Gastgeber gegen die Austria überlegt? So wie zuletzt auch der SKN, agiert Mattersburg meist mit einer klaren Fünferkette und versucht so die letzte Linie zu verstärken. Dies änderte sich auch gegen die Wiener nicht, wobei man die Staffelung vor der Fünferkette etwas anpasste. Man ging dabei mit einem 5-2-1-2 in das Spiel, wo es also zwei klare Sechser im Zentrum gab, während Salomon etwas weiter davor postiert wurde und noch eine Etappe weiter vorne Kvasina und Gruber im Sturm agierten. Diese 5-2-1-2 Staffelung wählte man nicht ohne Grund, denn der Hintergedanke dahinter war, dass man das 4-3-3 der Austria gewissermaßen vor allem im Zentrum spiegeln wollte. Das heißt, die beiden Stürmer orientieren sich an den Innenverteidigern, Salomon verfolgt den Sechser Jeggo, während Jano und Erhardt die beiden Achter der Austria Ebner und Matic im Auge behielten. Man agierte also im Zentrum mit einer klaren Zuordnung und recht strikt mannorientiert, um das Vorankommen und bespielen dieser Region durch die Austria so gut es geht zu unterbinden. Die Violetten sollten auf den Flügel geleitet werden, wo dann quasi die Falle zuschnappte und man sie isolieren wollte. Dabei griff man auch zur „pendelnden Viererkette“ und speziell Flügelverteidiger Renner attackierte immer wieder forsch nach vorne und Rechtsverteidiger Klein, während Halbverteidiger Rath nachschob und Flügelspieler Sax deckte. Mit diesem Mechanismus wollte man die klare Zuordnung wahren und damit die Stabilität im Defensivverbund gewährleisten. Dabei machte man auch keine Anstalten, höher zu attackieren, sondern setzte anfänglich konstant auf ein tiefes Abwehrpressing.

Nach Ballgewinn versuchte man dann schnell umzuschalten und Nadelstiche zu setzen, wobei sich Stürmer Gruber immer wieder auf die linke Seite fallen ließ und dadurch oft ein Pärchen mit Renner bildete, um entweder hinter den Außenverteidiger der Austria zu kommen oder einen Innenverteidiger mit herauszuziehen, um dann in weiterer Folge die Schnittstelle in der Abwehr für Kvasina zu öffnen, der im Zentrum lauerte. Auf der anderen Seite agierte der rechte ballferne Flügelverteidiger sehr offensiv und lauerte oft auf Verlagerungen, um die Tiefe der Austria zu attackieren. Die meiste Zeit verbrachten die Mattersburger allerdings tief und abwartend in der eigenen Hälfte.

Dadurch hatte die Austria auch viel Ballbesitz und war gefordert, Lösungen zu finden. Problematisch dabei waren allerdings die Verhältnisse, denn sowohl der Rasen war in einem schlechten Zustand und glich einem Kartoffelacker, als auch der starke Wind machte die Aufgabe nicht leichter. Dennoch versuchte die Austria zunächst noch öfter den Ball unten zu halten, wobei man bereits in der Anfangsphase viele lange Bälle sehen konnte, da man scheinbar den Auftrag bekam, kein Risiko auf dem schwierigen Platz zu gehen und notfalls den Ball blind nach vorne zu schlagen. Wenn man den Ball unten hielt, entwickelte sich vor allem auf rechts ein extrem starker Flügelfokus, weshalb gefühlt jeder Angriff der Austria über diese Seite ging. Man versuchte sich dabei mit dem Dreieck Klein, Ebner und Sax aus dieser Zone zu kombinieren und so Durchbrüche zu kreieren. Doch bis auf vereinzelte Situationen, klappte dies kaum und damit war die Austria dann auch mit dem Latein am Ende. Das Zentrum mieden beide Mannschaften wie der Teufel das Weihwasser und die Fehlerquote blieb sehr hoch, weshalb beide Mannschaften lange Zeit eine katastrophale Passquote von knapp 60 Prozent aufwiesen. Die Austria blieb immer wieder hängen und brachte kaum eine Ballzirkulation zustande, wobei vor allem die linke Seite de facto nicht vorhanden war und mit Fortdauer selbst Matic immer mehr nach rechts tendierte und auswich, um zumindest etwas am Spiel teilzunehmen. Dadurch fehlte es der Austria an der Balance und einem sauberen Positionsspiel und man war leicht ausrechenbar, was das Verteidigen für den Gegner natürlich erleichtert.

Austria passt sich immer mehr Mattersburgs-Spielweise an

Aufgrund dieser Komponenten, war dieses Spiel wahrlich kein Augenschmaus. Es dominierten die Zweikämpfe, der Kampf um den ersten und zweiten Ball und kaum ein Spieler war mal in der Lage, das Spiel zu beruhigen und sich etwas zu trauen, weshalb spielerische Lösungen nahezu nicht vorhanden waren und beim leisesten Anflug von Druck der Ball bereits Blind nach vorne geschlagen wurde. Erschwerend für die Austria kam dann auch noch dazu, dass sich Trainer Letsch dazu entschied, in der ersten Halbzeit zwischenzeitlich Sax und Monschein die Seiten tauschen zu lassen. Dadurch war nämlich der einzige Spieler, der zumindest versuchte spielerische Lösungen zu generieren, plötzlich auf jener verwaisten Seite, die kaum eine Rolle spielte. Dadurch flachte das Spiel der Austria immer mehr ab und die Partie plätscherte nur so vor sich hin. Ironischerweise schlugen die violetten Gäste vor der Pause dann doch über jene verwaiste Seite zu, als es einmal tatsächlich gelang, sich über mehrere Stationen durchzukombinieren und sich Edomwonyi unwiderstehlich durchtankte und mit einer Einzelleistung die Austria in Führung brachte. Psychologisch konnte dies kurz vor der Halbzeit nicht besser laufen und unter diesen Bedingungen schien es schwer, dass die Mattersburger die Austria knacken und wieder in das Spiel zurückkommen konnte.

Doch in der zweiten Halbzeit kippte das Spiel immer mehr in Richtung der Burgenländer, was nicht zuletzt auch an der Austria lag. Die Violetten stellten das Fußballspielen regelrecht ein, konnten das Spielgerät über keine drei Stationen am Stück laufen lassen und ein langer unkontrollierter Ball nach dem anderen segelte nach vorne, weshalb man kaum für Entlastung sorgte und das Spiel nicht beruhigte. Man ließ sich dadurch auf die Spielweise der Mattersburger noch mehr ein und versuchte in diesem Bereich dagegenzuhalten, indem man einfach in die Zweikämpfe geht und den Kampf um den ersten und zweiten Ball annimmt. Doch die Burgenländer haben mit dieser Spielweise klarerweise wesentlich mehr Erfahrung und gehört dies zu ihren Stärken, was bei der Austria nicht der Fall ist. Darüber hinaus lief die Austria auch weiterhin im breiten 4-3-3 auf, obwohl man nur noch lange Bälle nach vorne schlug. Dadurch mangelte es an der Kompaktheit im Kampf um den ersten und zweiten Ball und vor allem Stürmer Edomwonyi stand oft alleine auf weiter Flur da und musste sich oft auf eigener Faust gegen die drei Innenverteidiger behaupten. So kämpfte sich Mattersburg dadurch zurück in diese Partie, schlug viele lange Bälle und Flanken in den Strafraum und setzte die Austria damit permanent unter Druck, indem man auch in der Offensive aggressiv nachrückte und ein stärkeres Gegenpressing spielte, was auch sofort Wirkung zeigte. Es kam dann was kommen musste und nach einem Eckball köpfte Kvasina den Ausgleichstreffer.

Doch auch danach wachte die Austria weiterhin nicht auf und behielt jene Spielweise bei, die sie sichtlich nicht beherrschte. Man schien sich stattdessen auf die Defensive zu verlassen und hoffte irgendwie auf einen Lucky-Punch in der Offensive. Symptomatisch war dann auch der erste Wechsel der Austria, als man mit Sax einen der wenigen runternahm, der für spielerische Lösungen hätte sorgen können, während stattdessen Friesenbichler ins Spiel kam, der für seine physische Spielweise bekannt ist. Damit spielte die Austria in der Offensive mit drei Mittelstürmern, wovon zwei auf der Außenbahn ran mussten, was seinen Teil zur schwachen Offensivleistung beitrug und man dadurch kaum zu gefährlichen Situationen kam. Die Mattersburger auf der anderen Seite waren da schon wesentlich griffiger und erzwangen quasi gefährliche Situationen im Strafraum, die man immer wieder vorfand. So kam es auch nicht überraschend, dass man kurz vor Schluss nochmal zuschlug und die beiden eingewechselten Stürmer Bürger und Pusic in Co-Produktion für den 2:1 Siegestreffer der Gastgeber sorgten.

Fazit

Und täglich grüßt das Murmeltier, möchte man bei der Austria meinen. Mal wieder bekam man nach einem kurzen Hoffnungsschimmer und den beiden Siegen in Folge einen kräftigen Dämpfer verpasst, wobei vor allem die Art und Weise dieser Niederlage  einem zu denken gibt.  Klar könnte man sich jetzt über die Platzverhältnisse und den Wind beschweren, allerdings ist die Austria nicht die erste vermeintliche Topmannschaft, die auf schwierigen Geläuf agieren und sich anpassen muss. Die Lösung des Austria-Trainers schien zu lauten, man verzichtet bewusst auf das spielerische Element und versucht den Mattersburgern stattdessen mittels Kampf Paroli zu bieten. Überraschenderweise jedoch beherrschten die Burgenländer diese Spielanlage wesentlich besser und fühlten sich da wohler, was man vor allem in der zweiten Halbzeit sehr gut sehen konnte. Darüber hinaus gab es von der Trainerbank keinerlei Reaktion auf die Probleme der Mannschaft und dass man in dieser Systematik und mit dieser gewählten Spielanlage in einem strategischen Spannungsverhältnis steckte. Stattdessen verstärkte man mit den gewählten Wechsel diese Problematik und ergab sich damit seinem Schicksal. Vereinfacht gesagt lautet daher auch die Schlussfolgerung und die Quintessenz dieser Partie, die Austria ließ sich bewusst auf das Niveau der Mattersburger herunterziehen und wurde dort von den Burgenländern geschlagen.

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