Ausgerechnet auswärts in Salzburg, wo man seit fünf Jahren keinen Punkt holen konnte, zeigte die zuletzt geknickte Rapid-Mannschaft, dass reichlich Leben in ihr... Analyse: Beherzter Rapid-Fight bringt Punkt in Salzburg ein!

 

Ausgerechnet auswärts in Salzburg, wo man seit fünf Jahren keinen Punkt holen konnte, zeigte die zuletzt geknickte Rapid-Mannschaft, dass reichlich Leben in ihr steckt. Das unterm Strich durchaus verdiente, wenn auch glückliche 1:1 beim Serienmeister wurde durch einen ordentlichen Kampf und den einen oder anderen taktischen Kniff ermöglicht.

Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer griff auswärts beim Meister erstmalig in dieser Saison auf eine Dreierkette zurück – und fuhr damit gut. Das 3-5-2-System mit bzw. 5-3-2 gegen den Ball ermöglichte einige neue Facetten, mit denen die Salzburger nicht gut zurechtkamen. Rapid wirkte plötzlich sicherer, griffiger im Aufbau und vor allem über weite Strecken der ersten Halbzeit stark im Pressing.

Vorteile durch den Zweiersturm

Konkret war die Grundordnung Rapids ein 3-4-1-2 mit Zimmermann und Burgstaller als etatmäßige Angreifer und Nicolas Kühn dahinter. Dies brachte bereits die erste Facette mit, die Rapid speziell in der ersten Halbzeit half. Bereits über die gesamte Saison war beobachtbar, dass Guido Burgstaller sich teilweise bis in den Sechserraum (!) zurückfallen ließ, um Bälle abzusammeln, die er dann nach vorne treiben konnte. Definitiv nicht die Aufgabe eines Mittelstürmers.

Burgstaller als Stürmer im 4-2-3-1 brachte durch die massiven Abkippbewegungen weitere Probleme in der Strafraumbesetzung mit sich. Einer, der hierfür am Ende der letzten Saison ein Erfolgsgarant war, war Bernhard Zimmermann, der jedoch als Flügelspieler oder gar Zehner – wo er 2022/23 bisher hauptsächlich eingesetzt wurde – seiner eigentlichen Stärken beraubt wird. Die größte Stärke Zimmermanns liegt im Anlaufverhalten als erste Pressinginstanz – und das 3-4-1-2 vom Sonntagabend ermöglichte es ihm, in diese Rolle zu schlüpfen.

Pressing im 3-5-2: Risiko an den Flügeln, mehr Dichte im Zentrum

Gegen den Ball bzw. im hohen Pressing konnte Burgstaller somit eine Linie nach hinten schieben und etwa auf Höhe von Nicolas Kühn gegen den Ball arbeiten, während Zimmermann der erste, intensive Anläufer war und den ersten Ballführenden der Salzburger unter Druck setzte. Weil auch das zentrale Mittelfeld mit dem diesmal starken Aleksa Pejic und dem eher passiv-absichernden Kerschbaum gut gestaffelt nachrückte und auch die beiden Flügelverteidiger konsequent hochschoben, konnte Rapid gegen Salzburg – unglaublicherweise – ein erfolgreiches hohes Pressing spielen, durch das man sich in der ersten halben Stunde zahlreiche Torchancen erarbeitete.

Auch wenn man dieses hohe Pressing „nur“ eine halbe Stunde aufrechterhielt, ist ganz klar: Wenn man als Mannschaft diese Intensität und auch Genauigkeit auswärts in Salzburg auf den Platz bringen kann, dann kann man das auch in jeder anderen Bundesligapartie. Es muss nur gemacht werden. Jedes Mal – und nicht nur mit dem Mute der Verzweiflung der letzten Wochen.

Die Pressingformation hatte ihre Vor- und Nachteile. Etwa, dass Rapid in Salzburg mit Koscelnik und Auer nur zwei Flügelspieler aufbot und auf diesen Positionen das Pressing demnach unbedingt sitzen musste, um die Räume hinter den Flügelverteidigern nicht zu entblößen. Da die beiden trotz einiger Ballfehler (speziell Auer) aber eine gute Balance auf den Platz brachten, funktionierte das System der Flügelverteidiger gegen den Ball gut – und durch die gute Staffelung gewann Rapid im Zentrum immer wieder Übergewicht und gewann viele zweite Bälle.

Überragender Sollbauer führt „flexiblere Abwehr“ an

Auch die Dreierkette erwies sich diesmal wieder als Vorteil. Rapid bekam in dieser Konstellation mehr Sicherheit im Spielaufbau. Der innere Innenverteidiger Michael Sollbauer hatte nun die Möglichkeit, beidseitig seine Nebenleute Querfeld und Moormann anzuspielen, wodurch der Aufbau etwas flexibler und von Salzburg schwieriger anzulaufen wurde. Sollbauer ging außerdem in der Rolle als „Abwehr-Papa“ richtig auf, führte seine jungen Kollegen stark und ging merklich vorneweg. Genau wie Pejic und Koscelnik spielte auch Sollbauer seine bisher beste Partie für Rapid.

Da Salzburg kein so extremes Pressing aufziehen konnte, dass man alle Anspielstationen in Rapids massivem Zentrum zustellen konnte, hatte Rapid praktisch einen Sicherheitsjoker, wenn man selbst das Spiel aufbaute. Auch wenn nicht alles perfekt war, wählte man zumeist die richtigen Lösungen und speziell die gute Staffelung im Sechser/Achter-Raum ermöglichte es Rapid, das Spiel sehr geradlinig, flexibel und schnell aufzubauen. Für den Fall, dass man den Aufbau dennoch abbrechen musste, hatte man in der Linie vor Torhüter Hedl auch noch eine sichere Anspielstation mehr.

Diese Adaptierungen sorgten dafür, dass Rapid Salzburg speziell in der ersten halben Stunde mehr als nur in Schach hielt und eigentlich sogar in Führung hätte gehen können. Dass der Salzburger Druck in der zweiten Halbzeit höher werden würde, war natürlich klar, aber auch wenn phasenweise Glück dabei war, verteidigte Rapid in der massiven Zentrale solide und überzeugte auch in der defensiven Strafraumbesetzung. Offensive Nadelstiche gab es ansatzweise, aber nach dem Ausfall von Dijon Kameri konnte Nicolás Capaldo das zentrale Mittelfeld sukzessive stabilisieren, wodurch es für Rapid nach vorne immer schwerer wurde.

Körpersprache und Kampfeslust – aber immer!

Mit dem Remis kann man in Hütteldorf aber natürlich gut leben. Es war ein Lebenszeichen und auch der zumindest temporäre Beweis dafür, was mit der entsprechenden mannschaftlichen und gruppentaktischen Geschlossenheit möglich ist. Bei Rapid gaben sich praktisch alle Akteure kämpferisch, bauten sich gegenseitig auf, strotzten nur so vor Willen. Die Körpersprache der Spieler war eine völlig andere, als in den letzten Wochen und Monaten – und das obwohl man bereits nach 17 Sekunden zurücklag. Sollbauer war sowohl auf dem Platz, als auch im anschließenden Flash-Interview auf Sky das Sinnbild für die Kampfeslust der Hütteldorfer.

Was die Spieler schlichtweg verstehen müssen: Wenn man so auftritt wie am Sonntag in Salzburg, dürfte man jedes Spiel verlieren und die Fans werden der Mannschaft nicht den Rücken zukehren, sondern sie auch noch für einen harten Fight feiern. Bei all den Diskussionen darüber, was Rapid sein will, wie Rapid spielen will, was Rapid ausmachen soll: Unermüdlicher Kampf ist tatsächlich seit Gründung dieses Klubs der kleinste gemeinsame Nenner und auch der, den jede und jeder Einzelne auf den Tribünen und vor den TV-Geräten richtig interpretieren und einordnen kann. Das muss jede Woche die Basis sein – danach erst kann es an die Umsetzung klarer Konzepte gehen. Es liegt jetzt an Feldhofer, die positiven Learnings aus dem Salzburg-Spiel zu intensivieren und an den Spielern, die Kampfeslust in den nächsten Spielen nicht wieder abreißen zu lassen…

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Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen