In den letzten Jahren kam es vor einem Wiener Derby nur selten vor, dass beide Hauptstadtklubs so gut drauf waren, wie diesmal. Die Austria... Analyse: Rapid zuerst flexibel, dann staubtrocken, dann mit Derby-Fokus

In den letzten Jahren kam es vor einem Wiener Derby nur selten vor, dass beide Hauptstadtklubs so gut drauf waren, wie diesmal. Die Austria gewann nun fünfmal in Folge und schob sich damit sogar auf den zweiten Tabellenplatz und auch Rapid feierte am Sonntag bereits den dritten Erfolg in der Bundesliga hintereinander.

Zweimal Klagenfurt, einmal Tirol. Rapid absolvierte die letzten drei Spieltage äußerst souverän, gewann stets mit mindestens zwei Toren Differenz, fuhr zwei von drei Saisonauswärtssiegen in den letzten zwei Wochen ein. Rechtzeitig vor dem Start der Meistergruppe und nun auch vor dem Derby kommt die Feldhofer-Elf also in die Gänge, ohne dabei durchgängig zu glänzen. Rapid spielt pragmatisch, bereits etwas konstanter, ist defensiv sicherer als zuvor, findet Lösungen.

Rapid taucht souverän über den Klagenfurter Anfangsdruck

Das war auch beim zweiten Aufeinandertreffen mit Austria Klagenfurt binnen acht Tagen sichtbar. Die Mannschaft von Peter Pacult startete gut in die Partie, machte zehn Minuten Druck, Rapid hielt aber mit sehr kühlem Kopf dagegen und ließ in der Gefahrenzone nichts anbrennen. Nach neun Minuten schummelte sich Markus Pink zwischen die beiden Rapid-Innenverteidiger, vergab aber die erste Chance der Klagenfurter. Damit war der Anfangsdruck auch schon wieder vorbei und Rapid nahm das Heft in die Hand.

Sauberer Spielaufbau über Halbpositionen

Auffällig war dabei die Rolle von Dejan Petrovic. Der slowenische Sechser ließ sich immer wieder fallen, spielte einen abkippenden Sechser, allerdings selten aus der Mitte heraus, sondern aus einer Halbposition. Damit nahm Rapid etwas weniger Risiko im Spielaufbau, fand aber im 4-2-3-1 der Kärntner immer wieder Lücken, die ein recht sauberes, progressives Passspiel zuließen. Rapid stieß häufig über die Halbpositionen nach vorne und verlagerte das Spiel erst im vorderen zweiten Drittel ins Zentrum. Man kam immer wieder zwischen die Linien des Gegners und variierte das Passspiel auch gut, wodurch Klagenfurt sich nicht auf ein bestimmtes Passkonzept einstellen konnte.

Variable Angriffsreihe bereitet Klagenfurt Kopfzerbrechen

So auch geschehen vor dem 1:0. Dejan Petrovic, am Ende auch der Spieler mit den meisten Ballaktionen, bekam den Ball am Flügel auf Höhe der Mittellinie. Da der etatmäßige Linksaußen Marco Grüll seine Position verließ und sich in der Spitze in eine halbrechte Position bewegte, war es für die Klagenfurter schwierig, seinen Laufweg zu verteidigen. Den Idealpass von Petrovic nahm Grüll perfekt herunter und blieb vor dem Tor cool. Die Variabilität der offensiven Dreierreihe plus Angreifer der Wiener sollte mehrfach zu Zuordnungsproblemen beim Gegner führen. Druijf sorgte auf der Zehn wieder für die nötige Physis, aber auch Zimmermann pendelte und antizipierte immer wieder. Yusuf Demir auf rechts suchte inverse Läufe mit Ball, Grüll auf seiner Seite mit Ball eher die Grundlinie, ohne Ball jedoch Räume fernab seiner etatmäßigen Position.

Viele unterschiedliche Duelle

In einer Partie, die allgemein von vielen Zweikämpfen geprägt war, gab es dadurch kaum markante Zweierduelle, die immer wieder aufeinandertrafen. Die Konstellationen der Duelle wechselten aufgrund der fluiden Offensivanlage der Hütteldorfer häufig. Einzig Turgay Gemicibasi war recht deutlich auf Yusuf Demir abgestellt und attackierte den Rapid-Youngster häufig hart an der Grenze, ohne ihn dabei zu foulen. Es war fast paradox, dass er keine seiner beiden gelben Karten gegen Demir, sondern gegen Petrovic und Stojkovic sah.

Grüll vom Torschützen zum „Drittassistgeber“

Der große Aktionsradius von Dejan Petrovic war es schließlich auch, der das 2:0 für die Grün-Weißen einleitete. Wieder kam Rapid durch einen Halbraum ins Zentrum und überspielte die Mittelfeldlinien der Gastgeber. Petrovic’ versuchter Abschluss aus 20 Metern wurde geblockt, aber Moormann kam glücklich an den Ball und dessen ideale Flanke verwertete Zimmermann souverän. In diesem Fall war Grüll der einfädelnde Faktor, leistete den „Drittassist“ auf Petrovic. Moormann hatte somit freie Bahn, um am linken Flügel aufzuziehen. Diese Positionsunterschiede machten es schwer für die Klagenfurter, Rapid systematisch zu verteidigen.

Deutlich bessere Strafraumbesetzung

Wie beim zweiten Tor war auch bei Demirs Kopfballtreffer zum 3:1 sichtbar, dass Rapid auch in der Strafraumbesetzung besser wird. Beim 2:0 wären Demir, Druijf und Zimmermann in direkten Abschlusspositionen gewesen, während sich Grüll zum „Abschmieren“ an den Sechzehner orientierte. Beim dritten Treffer waren erneut Demir, Druijf und Zimmermann zwischen Fünfmeterraum und Elfmeterpunkt anspielbar, den Part am Sechzehner nahm Petrovic ein, weil diesmal Grüll die Flanke auf Demirs Kopf gab. Diese Besetzungsveränderungen haben System und machen Rapid in der direkten Gefahrenzone gefährlicher. Auch das war in den letzten Spielen bereits zu beobachten und trifft sich vor dem Derby gut, denn gerade gegen die Austria war die Strafraumbesetzung zuletzt mangelhaft, weshalb man bereits seit fünf Spielen auf einen Derbysieg wartet, obwohl man zumeist die bessere Mannschaft war. Kurios außerdem: Diese fünf Derbys endeten alle Remis…

Harte Schiedsrichterentscheidungen auf beiden Seiten

Zwischendurch hatte auch noch Schiedsrichter Markus Hameter seinen fast schon üblichen Auftritt. Zuerst gab er einen harten Elfmeter gegen Rapid, nachdem Wimmer den Ball mit der Hand spielte, ohne damit eine Richtungs- oder Situationsänderung zu provozieren. Darauf folgte eine harte gelb-rote Karte gegen Klagenfurt-Stütze Gemicibasi. Den Elfmeter-Gegentreffer konnte Rapid gut wegstecken, Zimmermann stellte nur eine Minute später beinahe auf 3:1, traf aber nur die Stange. Auf der anderen Seite konnte Klagenfurt Gemicibasis Ausschluss natürlich nicht kompensieren und so war mit Demirs 3:1 alles klar.

Feldhofer sichert die „Gefährdeten“ ab

Rapid hätte noch höher gewinnen können. Alleine der eingewechselte Kelvin Arase vergab zwei absolute Sitzer. Ansonsten war man bei den Hütteldorfern aber darauf bedacht, das Spiel möglichst professionell herunterzuspielen. So wurden die gelbvorbelasteten Moormann und Stojkovic ausgewechselt und auch Grüll durfte vorzeitig runter, um nicht Gefahr zu laufen, vom unsicheren Markus Hameter seine fünfte gelbe Karte zu sehen. Den Schiedsrichter nicht unnötig in Diskussionen zu verwickeln, war auch eine systematische Herangehensweise Rapids. Selten zuvor in dieser Saison gingen die Spieler nach strittigen Szenen so schnell vom traditionell unsicheren Referee weg, wie in diesem Spiel. Einzig Emanuel Aiwu musste mit vier gelben Karten im Gepäck durch die 90 Minuten kommen, schaffte dies aber problemlos.

Früher Fokus aufs Wiener Derby

Während die Einwechselspieler dann versuchten, für weitere Nadelstiche und Konter zu sorgen, versuchten die Starter schlichtweg gesund und ohne unnötige Karten zu bleiben, um das Derby nicht zu gefährden. Man könnte durchaus zusammenfassen, dass Rapid ab der 55. Minute, also ab Gemicibasis Ausschluss, den Hauptfokus auf nächste Woche legte und das Spiel weitgehend verwaltete. Klar hätte man den einen oder anderen Konter noch erfolgreich fertig spielen können, aber im Zuge einer ständigen Nutzen-Risiko-Abwägung spielte Rapid auch das dritte, im Grunde frühzeitig entschiedene Spiel, staubtrocken hinunter. Einziger Kritikpunkt: Gegen die Austria wird es in einigen Offensivsituationen mehr Nachdruck brauchen, als in der zweiten Halbzeit im Wörtherseestadion. Grundsätzlich sollte Rapid aber gewappnet sein, um den ersten Derbysieg im neuen Stadion einzufahren. Die Gegenwehr wird allerdings definitiv eine andere sein, in allen Zonen des Spielfelds…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen