Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (68): Lieber Stefan Schwab!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an den scheidenden Rapid-Kapitän…

Lieber Stefan Schwab!

Der Kapitän geht von Bord. Nach sechs Jahren hast du keinen neuen Vertrag beim SK Rapid Wien unterschrieben. Das ist schade. „Leider war es aus diversen Gründen nicht möglich, dass ich weiterhin noch dableibe […].“, hast du in einem deiner ersten Statements nach dem Scheitern der letzten Verhandlungen gesagt. Das klingt gar nicht gut. An dieser Aussage hört man heraus, dass es wohl eher der Verein verbockt hat, dich mit einem Angebot zufrieden zu stellen. Und das obwohl du und die Klubführung seit dem Herbst Gespräche geführt habt. Das klingt auch nicht danach, dass du unbedingt den Sprung in eine höhere Liga wagen wolltest oder noch einmal – als gestandener Profi – ein Abenteuer wagen musstest. Es klingt eher danach, dass du eigentlich nicht wegwolltest.

2014 bist du zu Rapid gekommen und rasch war klar, dass der Verein längerfristig mit dir plant. Drei Jahre später hat dir die wohl jüngste Legende der Grün-Weißen die Binde aufgrund eigener sinkender Einsatzzeiten überreicht. Rapid‑Kapitän – das ist schon was. Klar, die Hütteldorfer hinken ihren sportlichen Zielen in den letzten Jahren hinterher, aber zehren von ihrem Dasein als Publikumsmagnet und ihrer gelebten Geschichte. Es bleibt etwas Besonderes Spielführer im Wiener Westen zu sein.

Lieber Stefan, mit deiner Bilanz beim Rekordmeister kannst du zufrieden sein. Wenn Didi Kühbauer sagt, er könne sich eine neue Saison ohne dir gar nicht vorstellen, dann bedeutet das etwas. Die Fußstapfen, in die du treten musstest, waren riesig: Steffen Hofmann gehört zu jenen Spielern, die im Normalfall nicht bei einem österreichischen Klub bleiben. Jahrelang hielt der gebürtige Würzburger die Mannschaft zusammen, sorgte für Geistesblitze, führte den Traditionsverein zu zwei Meistertiteln und nach Europa. Es war nur den Umständen zu verdanken, dass der Mittelfeldregisseur in Hütteldorf „picken“ geblieben ist. Wenn die Fanszene jetzt großteils zwar deine Aktionen auf und neben dem Platz lobt, anerkennt, dass du ein echter Leader warst und ein Spielertyp, der nicht so einfach zu ersetzen ist, hängen die Fahnen in Hütteldorf doch nicht auf Halbmast. Warum das so ist? Tja, aus dem eben erwähnten Grund und weil man leider erst wertschätzt, was man unwiederbringlich verloren hat. In diesem Sinne, lieber Stefan, alles Gute für deine Zukunft aus und neben dem Platz.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag