Alles wieder auf Anfang bei der Austria? Es scheint dringend notwendig zu sein. Nach zwei sportlich erfolgreichen Jahren, folgt in dieser Saison nun wieder... Kommentar: Bei der Austria benötigt man Veränderungen

Alles wieder auf Anfang bei der Austria? Es scheint dringend notwendig zu sein. Nach zwei sportlich erfolgreichen Jahren, folgt in dieser Saison nun wieder der Absturz in der Tabelle und das Verpassen des internationalen Geschäfts, was für die Violetten angesichts von fünf Startplätzen einer Katastrophe gleichkommt und vor allem zu einem Zeitpunkt, wo man doch im Sommer in die runderneuerte Heimstätte zurückkehrt. Doch in jedem Scheitern wohnt auch die Möglichkeit eines Neubeginns inne, denn Fehler können im schnelllebigen Fußballgeschäft immer passieren und sind auch ein ständiger Begleiter der Verantwortlichen. Das entscheidende ist, aus diesen Fehlern zu lernen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Doch ist die Führungsetage der Austria dazu auch in der Lage?

Auswirkungen der Verletzungsmisere und ein köchelnder Konflikt der Verantwortlichen

Bei der Austria ist diese Saison zweifellos der Wurm drinnen. Die Gründe dafür sind vielfältig und haben sowohl unglückliche, als auch hausgemachte Umstände als Ursache. Während man bis Mitte Oktober der aktuellen Spielzeit quasi noch auf Wolke sieben schwebte, die Qualifikation zur Gruppenphase der Europa League mit einem ausgedünnten Kader gelang und man auch in der Liga auf Tuchfühlung mit dem sensationell gestarteten Tabellenführer aus Graz lag, steht man ein halbes Jahr später vor einem Scherbenhaufen einer Saison, die man nun am liebsten früher als später verdrängen möchte. Angefangen hat die sportliche Misere der Austria zweifellos mit der Verletzungsplage und zwischenzeitlich zwölf Ausfällen, die vor allem wichtige Führungsspieler wie u.a. Grünwald oder Westermann und speziell Positionen im Defensivverbund betrafen. Dadurch wurden Versäumnisse in der Kaderplanung noch einmal zusätzlich verstärkt und es rächte sich insbesondere die ausgebliebenen Verpflichtungen eines defensiven Mittelfeldspielers und Flügelstürmers.

Stattdessen mussten viele junge Spieler in die Bresche springen und es herrschte eine ständige Unruhe in der Mannschaft der Austria, die sich am besten an der Verteidigung ablesen lässt. Diese war in diesem Jahr nämlich nicht in der Lage, mehrere Spiele am Stück unverändert aufzulaufen und sich einzuspielen. Dies ist besonders für so eine wichtige Region wie es die Abwehr ist essentiell, ist doch die defensive Stabilität für gewöhnlich die Basis einer erfolgreichen Mannschaft und benötigt man auf dieser Position nahezu blindes Verständnis und saubere Abläufe, damit sich die Spieler aufeinander verlassen können und jeder genau weiß, was er zu tun hat. Dies war jedoch zu keinem Zeitpunkt in dieser Saison der Fall und auch seit der Übernahme von Thomas Letsch hat sich daran nichts geändert. Unter anderem fiel Rückkehrer Madl kurz vor Rückrundenstart wochenlang aus und verpasste einige Spiele, der hochveranlagte Borkovic plagt sich die gesamte Saison über mit Problemen am Oberschenkel herum und auch Neuzugang Stangl hat seit seiner Verpflichtung durchgehend mit Problemen in der Leistengegend zu kämpfen und verpasste bereits unzählige Trainingseinheiten und auch einige Spiele.

Die Versäumnisse bei der Kaderplanung, die die Verletzungsmisere und deren Folgen nochmal intensivierte, nahm dann auch Ex-Trainer Thorsten Fink zum Anlass, kurz vor der Winterpause Kritik an der Vereinsführung zu üben und seine Unzufriedenheit öffentlich kundzutun. Dabei trat erstmals offen zu Tage, was wohl schon länger intern bei der Austria köchelte. So soll das Verhältnis zwischen Thorsten Fink und Vorstand Markus Kraetschmer nicht immer von Sonnenschein geprägt gewesen sein und führte vor allem bei Fink zwischenzeitlich zu Unmut und Frust. Wir erinnern uns, bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit in der Saison 2015/2016 stand Fink am Saisonende kurz vor einem Abgang, da ihm von Seiten der Vereinsführung bei seiner Verpflichtung versichert wurde, ausreichende finanzielle Möglichkeiten bereitzustellen, um eine kampfkräftige Truppe auf die Beine zu stellen und sich kontinuierlich nach oben in der Tabelle zu orientieren. Plötzlich wurde jedoch aufgrund der Umbauarbeiten der Generali-Arena , des daraus resultierenden Umzuges ins Ernst-Happel Stadion und auf das Trainingsgelände nach Steinbrunn das Budget um 15 Prozent gekürzt – stellte sich die Lage also doch anders dar und schien es so, als würde dieses Versprechen nicht eingehalten werden. Gleichzeitig stellte man aber hohe Erwartungen an den Trainer der Austria, was in den Augen von Fink nicht zusammenpasste und eine ganz klare Diskrepanz darstelle. Letztlich rappelte man sich doch noch einmal zusammen hoch und fand nach einem klärenden Gespräch wieder einen gemeinsamen Nenner.

Die Spannungen legten sich in den nächsten Monaten etwas, da man sportlich in der Saison 2016/17 trotz geringerer Mittel erfolgreich agierte, weshalb man zwischenzeitlich sogar den Vertrag mit Fink bis 2019 verlängern konnte und dieser den Einzug in die runderneuerte violette Heimstätte in Angriff nehmen wollte. Doch die Reibungen nahmen speziell in der Frage der Kaderplanung für die aktuelle Spielzeit 2017/2018 wieder zu und es drohte Ungemach. Besonders akut wurde dieser Konflikt im August 2017, als man innerhalb kürzester Zeit mit Kayode, Filipovic und Larsen drei wichtige Leistungsträger verlor – gerade in einer Phase, als die Qualifikation zur Europa League auf der Kippe stand. Dennoch gab es speziell im Fall von Larsen kein Veto Seitens der Vereinsführung, um den Verkauf nach dem Rückspiel gegen Osijek abzuwickeln und es wurde stattdessen eine große Baustelle aufgerissen, über die Thorsten Fink fuchsteufelswild gewesen sein soll. Dennoch gelang unter diesen schwierigen Umständen und einem ausgedünnten Kader die Qualifikation zur Europa League und dieser Erfolg spülte mehrere Millionen Euro in die Vereinskassen.

Man versuchte zwar anschließend seitens der Vereinsführung kurz vor Ende des Transferfensters noch die verbliebenen Löcher im Kader zu stopfen, jedoch scheiterten letztlich die Verpflichtungen zweier dringend benötigter Wunschspieler, was bei Fink ebenfalls nicht gut ankam. Stattdessen wurden Perspektivspieler wie Lee, Alhassan oder Ruan verpflichtet, worüber Fink ebenfalls verwundert gewesen sein soll. Die Vereinsführung hatte nämlich das Ziel „Internationalisierung“ ausgerufen und man wollte nun neue Märkte erschließen und in Angriff nehmen, um den Pool an Spielern zu erweitern. Die Probleme dahingehend kamen dabei am besten im Falle der Verpflichtung von Ibrahim Alhassan zu Tage. Dieser wurde nämlich als Stürmer angekündigt und Trainer Fink musste dann bei persönlichen Gesprächen mit dem Spieler selbst schlussendlich erstaunt feststellen, dass dieser eigentlich ein Mittelfeldspieler ist und nur notgedrungen im Sturm aushelfen musste. Das sorgte wiederum für Unzufriedenheit Seitens Fink mit Sportdirektor Wohlfahrt und warf letztlich kein gutes Licht auf den sportlichen Verantwortlichen der Austria.

Dennoch beruhigte sich die Lage durch die Erfolge und Euphorie über den Einzug in die Gruppenphase der Europa League erstmals wieder, doch mit den zunehmenden Problemen, die wir am Anfang bereits angeschnitten haben, wurde es dahingehend wieder ungemütlicher. Das Fass zum Überlaufen brachte dann wohl die hohe Erwartungshaltung und die hinter den Kulissen getätigte Kritik bzw. Unzufriedenheit am Spielstil und der Ausrichtung von Thorsten Fink seitens der Vereinsführung, die scheinbar der Meinung war, dass mit diesem Kader mehr möglich wäre, als die gezeigten Leistungen und Resultate es suggerierten. Fink bekam wohl das Gefühl, als Sündenbock für die Probleme in der Hinrunde dargestellt zu werden, da er ganz anderer Meinung war und den Kader vor allem in der Breite als qualitativ unzureichend betrachtete. Er griff deshalb zu einer äußerst unüblichen Aktion, indem er mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit ging und die Vereinsführung offen attackierte. Wenn man Thorsten Fink länger verfolgt dann weiß man, dass er kein Verfechter von Kritik in der Öffentlichkeit ist und sich selbst bei katastrophal schlechten Leistungen immer vor seine Spieler gestellt und Kritik intern abgehandelt hat. Dass er sich letztlich genötigt sah, diesen Schritt zu gehen, seine eigenen Prinzipien quasi zu brechen und seinen Unmut öffentlich kundzutun, sagt wohl einiges über seinen Gemütszustand und die Probleme mit der Vereinsführung aus, die er scheinbar wahrgenommen hat. Markus Kraetschmer ließ diese Kritik dann auch nicht wirklich gelten und konterte mit dem Argument, Fink hätte doch seine Wunschspieler bekommen und es wurde seinen Empfehlungen Folge geleistet.

Dass die Spannungen zwischen Fink und Kraetschmer nicht immer auf einer kleineren Flamme vonstatten gingen und es wiederholt zu Reibungen zwischen den beiden kam, war im Umfeld der Austria schon länger zu vernehmen. Zwar kam man auf der persönlichen Eben gut miteinander aus, hatte jedoch immer wieder Auffassungsunterschiede zu verschiedenen Themen. Dazu zählt auch, dass es wohl einen laufenden Konflikt zwischen Kraetschmer und dem Trainer der Austria über die budgetären Mittel gab, die man bereit war zu investieren. Dies ist an und für sich normal und eben der Spagat, den man als Verantwortlicher gehen muss. Als kaufmännisch ausgebildeter Fachmann versucht Kraetschmer natürlich wenig Risiko einzugehen und jeden Cent quasi dreimal umzudrehen, bevor er ausgeben wird. Thorsten Fink sah die Thematik jedoch anders und forderte mehr Investitionen von der Vereinsführung, da seine Ambitionen in Richtung Titelkampf ausgerichtet waren und er diese ehrgeizigen Erwartung auch vor Saisonstart bei der Bundesliga-Pressekonferenz klipp und klar so formulierte, während Markus Kraetschmer die dafür notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stellen wollte oder schlichtweg nicht konnte. Ähnliches wird auch von vielen Fans kritisch beäugt und die Fragen werden dahingehend lauter, was speziell mit den hohen Einnahmen passiert ist – die, wie man munkelt in zweistelliger Millionenhöhe liegen sollen – und warum nicht noch mehr in die Mannschaft investiert wurde. Sind die Ausgaben für den Stadionumbau wirklich so kostenintensiv gewesen? Wurde das Geld auf die Seite gelegt für schlechte Zeiten oder um die Kredite schneller zu bedienen? Transparenz herrscht in diesem Bereich bei der Austria eher weniger und man kann dahingehend nur munkeln, was mit den Geld tatsächlich passiert ist.

Ungleichgewicht in der Struktur des Vereins und ein zu schwacher Sportdirektor?

Problematisch sind jedoch auch strukturelle Dysbalancen innerhalb der operativen Vereinsführung der Austria. Denn die Vereinsstrukturen sind seit dem Abgang von Thomas Parits in ein Ungleichgewicht geraten, was seit der Umstrukturierung des Klubs nach der Stronach-Ära und dem Beginn des AG-Modells so eigentlich nicht vorgesehen war und in der Öffentlichkeit auch kaum hinterfragt wird. Die Position des Sport-Vorstandes ist nun seit mehreren Jahren vakant, nachdem man sich bei der Verpflichtung von Sportdirektor Franz Wohlfahrt dazu entschied, ihm diese Position vorerst nicht zu geben. Dies änderte sich seither auch nicht, obwohl Wohlfahrt nun in sein viertes Jahr seiner Amtszeit geht und erst kürzlich sein Vertrag verlängert wurde, was doch einige Fragen aufkommen lässt. Dadurch ist Markus Kraetschmer nämlich alleiniger Vorstand und jede Entscheidung muss damit von ihm abgesegnet oder kann gar verhindert werden. Daher kann der sportliche Leiter auch nicht vollkommen autonom handeln und muss quasi jede seiner Entscheidungen von oben bewilligt bekommen – ergo vom alleinigen Vorstand Kraetschmer, der seit neuestem interessanterweise auch vermehrt als CEO tituliert wird, also als alleiniges geschäftsführendes Vorstandsmitglied.

Doch nicht nur in diesem Fall kommen einige Fragezeichen auf. Auch dass sich Kraetschmer laufend zur sportlichen Situation äußerst, obwohl dies nicht sein Aufgabengebiet ist, lässt ebenfalls einiges an Verwunderung aufkommen. Exemplarisch dafür nahm erst kürzlich nach der Niederlage gegen Mattersburg ausschließlich Markus Kraetschmer Stellung zur sportlichen Situation, während der Sportdirektor Franz Wohlfahrt dazu nicht befragt wurde bzw. sich nicht äußerte. Der Finanzvorstand merkte dann auch in einem Statement an, dass in Zukunft nur noch Spieler für den Verein auflaufen sollen, die die „richtige Mentalität“ mitbringen. Abgesehen davon, dass diese Plattitüde nach wie vor gerne als Ursache für schlechte Leistungen herangezogen wird und meist die wahren Probleme verschleiert ( wie die problematische strategische Ausrichtung und die Balanceprobleme der Mannschaft ) und daher einer populistischen Aussage gleichkommt – wie gedenkt Kraetschmer dies zu bewerkstelligen? Indem er bei Verpflichtungen sein Veto gibt, wenn er der Meinung ist, der jeweilige Spieler bringe nicht die richtige Einstellung mit? Alleine nur der Gedanke daran ist bereits absurd und zeigt sehr schön die Problematik innerhalb der Vereinsführung auf. Nur zum Vergleich, hört man von den Geschäftsführern-Wirtschaft bei Sturm oder Rapid etwas zu sportlichen Themen? Diese Aufgabe erledigen weder Thomas Tebbich, noch Christoph Peschek und dafür sind ausschließlich die sportlichen Verantwortlichen der beiden Vereine zuständig. Ausschließlich sie repräsentieren in der öffentlichen Außendarstellung das sportliche Gesicht des Vereins und sowohl Günther Kreissl, als auch Freddy Bickel äußern sich nahezu exklusiv zu diesen Themen. Umgekehrt wäre es doch genauso problematisch, wenn sich die sportlichen Leiter über betriebswirtschaftliche Aspekte des Vereins laufend äußern würden – wie etwa in welchen Bereichen wie viel Geld fließen und aufgewendet werden soll – aber umgekehrt akzeptiert man dies scheinbar ohne es kritisch zu hinterfragen.

Zweifellos meint es der Vorstand der Austria nur gut und als eingefleischtem Austrianer brennt ihm natürlich in schwierigen Zeiten wie jedem Fan das Herz, weshalb auch er seine Meinung kundtun darf. Jedoch besitzt Kraetschmer wenig Kompetenz und Fachwissen in sportlichen Belangen und dies gehört nicht zu seinen Aufgabengebieten, sondern seine Qualitäten liegen ganz klar im wirtschaftlichen Bereich, wo er in Österreich zweifellos der beste seines Faches ist und einen großen Anteil daran hat, dass die Austria wirtschaftlich auf gesunden Beinen steht. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass sich Kraetschmer zu sportlichen Themen in jede Kamera, die ihm entgegen gehalten wird, äußert und öffentlich Stellung bezieht. Daher muss sich auch der Austria-Vorstand dieser Kritik stellen und es wäre zu einfach, die Schuld an der schwierigen Lage der Austria ausschließlich den sportlichen Verantwortlichen in die Schuhe zu schieben. Es stellt sich die Frage, ob rein strukturell die Position von Sportdirektor Wohlfahrt noch die richtige ist und ob nicht ein Vorstand-Sport wieder benötigt wird, der auf Augenhöhe mit Markus Kraetschmer agieren kann und auch eigene Vollmachten und Befugnisse besitzt – somit auch ganz klar das Gesicht des sportlichen Bereichs ist und die volle Autorität besitzt. Das Verschwimmen der Aufgabengebiete und Kompetenzen sollte nicht zum Usus werden und darf in einem modern geführten Verein auch nicht toleriert werden.

Dass es jedoch Franz Wohlfahrt scheinbar akzeptiert, dass sich andere Leute zu seinen Aufgabenbereichen äußern und Stellung beziehen, hinterlässt ebenfalls einen faden Beigeschmack. Liegt es daran, dass seine Position innerhalb des Vereins zu schwach ist und er nicht genügend Macht besitzt, um Tacheles zu reden und die alleinigen Zügel in diesem Bereich einzufordern? Hat er nicht ausreichend Entscheidungsgewalt und wird er an der kurzen Leine gehalten? Das sind natürlich nur Mutmaßungen und vielleicht gibt es dafür sogar einen plausiblen Grund und man gibt womöglich nur die übergeordnete Meinung wieder, auf die man sich intern geeinigt hat. Dennoch wirft das nicht gerade das beste Licht auf den Verein und lässt einige Fragen offen. Nach außen hin beschleicht viele Beobachter das Gefühl, dass Franz Wohlfahrt nicht genügend Autorität besitzt und nicht in der Lage ist, Markus Kraetschmer und seiner Stellung Paroli und Einhalt zu gebieten. Es spricht für sich, dass der ehemalige Austria-Trainer Thorsten Fink weit konfrontativer mit dem Austria-Vorstand umging und keinen Konflikt scheute, während man von Wohlfahrt diesbezüglich wenig vernimmt. Das überrascht auch nicht wirklich, hängt ja auch die Zukunft des Sportdirektors davon ab, mit seinem „Vorgesetzen“ gut auszukommen und Kraetschmer nicht gegen sich aufzubringen. Im Gegensatz zu Wohlfahrt war sich Thorsten Fink nämlich seiner Stellung und Macht sehr wohl bewusst und konnte sich daher auch mal etwas weiter aus dem Fenster lehnen, wodurch er zumindest einige Dinge durchsetzen konnte, die zunächst von oben abgelehnt wurden. Bei Wohlfahrt ist die Lage wesentlich anders, da seine Stellung laufend argwöhnisch betrachtet wird und er nicht gerade unumstritten ist – ergo er kontinuierlich unter Druck steht. Und jetzt wo der Deutsche den Verein verlassen musste, ist die Balance dahingehend noch weiter verschoben worden und ein Vakuum ist entstanden, das zurzeit von niemandem aufgefüllt wird.

So oder so muss man als Fußballverein genau überlegen, wie die Verantwortungsbereiche aufgeteilt werden und wie man die Entscheidungswege am effizientesten gestaltet. Bei aller berechtigter Kritik an Franz Wohlfahrt – an der es zweifellos nicht mangelt und das ein eigenes Kapitel ist – viel wichtiger ist es, dahingehend für die Zukunft eine Entscheidung zu treffen und den Posten der Vorstand-Sport wieder zu besetzen, damit eine klare Verteilung der Kompetenzen und ein Gleichgewicht bei der Entscheidungsgewalt herrscht – ergo jeder Verantwortliche in seinem jeweiligen Fachbereich das Zepter in der Hand hält und da den Verein nach außen hin auch repräsentiert. Die Austria muss dahingehend also einen klare Entscheidung fällen: Gibt man Franz Wohlfahrt den Posten als Vorstand-Sport und stattet ihn mit noch mehr Entscheidungsvollmacht aus, oder traut man ihm diese Position schlichtweg nicht zu. Wenn dies der Fall ist, dann müsste man die Konsequenzen aus dieser Schlussfolgerung ziehen und den Posten jemand anderem geben. Ein schwacher Sportdirektor schadet allen Beteiligten und kann keine Synergieeffekte entfachen, da die unterschiedlichen Interessen des wirtschaftlichen und sportlichen Bereichs nicht entsprechend artikuliert und repräsentiert werden –  da die Meinung der wirtschaftlichen Seite eine stärkere Gewichtung bekommt, als es die sportliche tut.

Veränderungen und die richtige Balance sind dringend notwendig

Egal wie man es dreht und wendet, die aktuelle Situation rundum den Verein und dessen Struktur sind nicht gerade förderlich. Die Austria braucht dringend wieder zwei ebenbürtige Vorstände und damit auch zwei starke Gesichter, die sowohl die wirtschaftliche, als auch sportliche Seite nach außen hin vertreten und mit gleichwertigen Kompetenzen ausgestatten sind – ergo sich auf Augenhöhe begegnen. Es darf nicht mehr vorkommen, dass sich der wirtschaftliche Vorstand laufend zu sportlichen Themen, zum Teil einfache Antworten gibt und Thesen aufstellt, die seine mangelhafte Kompetenz in sportlichen Belangen noch einmal unterstreichen – nur weil sie schön klingen und kurzfristig einige erregte Gemüter beruhigen. Auf die eigenen Spieler einzudreschen ist keine Kunst, können diese sich doch nicht wehren und werden auch einen Teufel tun, sich gegen ihren eigenen Arbeitgeber zu wenden. Klar sollte außerdem sein, dass die „richtige  Mentalität“ die Probleme der Austria nicht beheben wird, denn dann werden nämlich die Spieler mit der „richtigen Mentalität“ auch weiterhin dieselben taktischen Fehler machen und nicht mit der richtigen Struktur und Ausrichtung auf das Spielfeld geschickt werden. Die Austria könnte dann auch die nächste Saison(en) am Ende bedröppelt dastehen und von Spielern mit zu wenig Einsatz und der falschen Einstellung reden, ohne die richtigen Ursachen zu beheben. Denn die letzten Wochen haben ebenfalls eines gezeigt –  die Entlassung von Thorsten Fink ist verpufft und hat keinerlei Wirkung gezeigt. Daher kann sich die Vereinsführung der Austria auch nicht auf den Trainer ausreden und ihn verantwortlich für die Situation machen. Die Probleme der Violetten liegen scheinbar tiefer und müssen zwingend analysiert und behoben werden.    .

Andererseits muss man allerdings auch betonten, dass die Situation aktuell bei der Austria zwar alles andere als rosig ist und es in einigen Bereichen dringend Veränderungen braucht, aber längst nicht so prekär ist, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war, als man eine neue Philosophie ausrief, mehrere Trainer nacheinander verbrannte und eine ungeheure Fluktuation im Kader hatte. Man steht nun vor der Rückkehr in das runderneuerte Stadion, welches neue finanzielle Möglichkeiten schafft und das Budget der Austria doch wesentlich erhöht, die finanziellen Belastungen rundum den Umbau (Happel-Stadion und Trainingsgelände Steinbrunn, die Kosten im siebenstelligen Bereich verursacht haben) fallen bis auf die Tilgung der Kredite weitestgehend weg. Das Grundgerüst der Mannschaft steht weitestgehend und ist gespickt mit hochtalentierten Spielern, aber auch mit einigen starken Routiniers, die die Mannschaft führen können und Qualität besitzen. Mit einigen guten Verstärkungen könnte sich das Blatt also schnell wenden.

Gerade der Stadtrivale zeigt aktuell, dass man sich nach einer katastrophalen Saison schnell wieder nach oben arbeiten kann und die Unterschiede in der Liga nicht so groß sind, um nicht schnell wieder den Anschluss zu finden. Deshalb wird es nun essentiell sein, unter anderem die richtige Entscheidung in der Frage des Trainers zu fällen, damit man dieses Potenzial wieder entfachen kann und kontinuierlich auf dem Platz zeigt. Damit werden wir uns im zweiten Teil näher beschäftigen, was die Austria für einen Trainertypen braucht und ob Thomas Letsch der Richtige dafür ist. Doch nicht nur da braucht es Veränderungen und die richtigen Maßnahmen bei den Veilchen. Auch in der Vereinsstruktur muss die Balance wiederhergestellt werden, damit so effizient wie nur möglich gearbeitet und entschieden werden kann und jeder genau weiß, wo sein Aufgabenbereich ist. So viel Markus Kraetschmer auch für den Klub geleistet und vor allem infrastrukturell auf wesentlich moderne Beine gestellt hat, er sollte sich dennoch in erster Linie auf seine Stärken besinnen und auf seine Kerngebiete konzentrieren – ergo sein Hauptaugenmerk auf seine Fachgebiete richten und sich in sportlichen Fragen zurückhalten. Wenn die Austria diese Dinge angeht und bereit dafür ist, werden in Wien-Favoriten demnächst wieder schönere Tage auf die Verantwortlichen und die Fans zukommen und man wird wieder den eigenen hohen Ansprüchen auch gerecht werden.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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