Rapid verlor am Sonntagabend auswärts bei Red Bull Salzburg verdient, aber doch unglücklich mit 0:2 und zeigte dabei zwei Gesichter. Der Matchplan war grundsätzlich... Rapid und die fehlenden zentralen Tiefenläufe hinter Salzburgs Innenverteidiger

Rapid verlor am Sonntagabend auswärts bei Red Bull Salzburg verdient, aber doch unglücklich mit 0:2 und zeigte dabei zwei Gesichter. Der Matchplan war grundsätzlich kein schlechter, aber schlussendlich schlecht in der Ausführung bzw. der situativen Adaptierung.

Didi Kühbauer entschied sich für ein 4-2-3-1-System, das in Rückwärtsbewegung enorm weit zurückschob und in manchen Phasen sogar eine Sechserkette bildete. Rapid verdichtete systematisch die Zentrale, versuchte Salzburg auf den Flügel zu lenken, um diese wiederum zu Flanken zu zwingen. Salzburg-Coach Jaissle ließ Benjamin Sesko anfänglich auf der Bank und dafür Adeyemi und Adamu stürmen, die für die zahlreichen Hereingaben keine idealen Zielspieler waren.

Rapids Innenverteidigung stark

Auch die nachrückenden offensiven Mittelfeldspieler der Salzburger waren dem grün-weißen Abwehrbollwerk physisch nicht gewachsen und so konnte Rapid den Tabellenführer über weite Phasen gut verteidigen. Speziell die Innenverteidigung stach dabei heraus: Leo Greiml spielte erneut eine Top-Partie und auch Kevin Wimmer fühlte sich nach misslungenen Erstauftritten in seiner neuen Rolle als destruktiver, nicht zum Spielaufbau gezwungener Verteidiger sichtlich wohler.

Rapid räumt alles weg… und setzt zu wenige Nadelstiche

Rapid räumte einfach alles weg, konnte durch die gute Zentrumsverdichtung auch die Stanglpässe der Salzburger gut antizipieren und den eigenen Strafraum gegen den Ball gut besetzen. Die Bullen wurden somit nur sehr selten gefährlich – und wenn, dann war mit Paul Gartler auch Rapids Keeper meistens gut zur Stelle. Defensiv kann sich Rapid kaum etwas vorwerfen und es war ein mehr als strittiger Elfer, der den Hütteldorfern einen Strich durch die Rechnung machte. Jedoch hätte Rapid zuvor auch mehr Torchancen kreieren können, hätte man „in-game“ die richtigen Schlüsse gezogen.

Simple, altmodische Kontertaktik

Red Bull Salzburg schob mannschaftlich geschlossen extrem hoch. Die Innenverteidiger der Gastgeber standen teilweise 40 Meter vor dem gegnerischen Tor und waren somit im Spielaufbau häufig nicht mal in der eigenen Hälfte. Die Kontertaktik der Hütteldorfer war im Grunde altmodisch und es war ganz klar, wie die Kühbauer-Elf zu ihren Chancen kommen würde, wenn es denn welche gäbe. Aber Rapid attackierte in den wenigen Umschaltmomenten die falschen Zonen und suchte die falschen Spieler.

Kara mit schwierigem Spiel

Ercan Kara ist verkopft. Der Angreifer war in der vergangenen Saison noch einer der Torgaranten in Grün-Weiß, aber nachdem ein Auslandstransfer unglücklich scheiterte, scheint der 25-Jährige irgendwo zwischen Demoralisierung und „Hauptsache, ich tu’ mir nicht weh“ zu pendeln. Auf seine letzten Leistungen werden wohl nur die wenigsten größeren Klubs ernsthaft aufmerksam geworden sein. Gegen Salzburg zeigte sich der Nationalteamstürmer zumindest leicht verbessert, durchlebte aber eine für einen Stürmer schwierige Partie. Mit den physisch starken Salzburger Innenverteidigern im Nacken konnte er sich kaum befreien und in seiner einzigen Chance auf ein Laufduell aufs gegnerische Tor (gegen Onguene) zog er leicht vom Tor weg, anstatt Ball und Körper zwischen ihn und seinen Gegner zu bringen, um eine zentralere Abschlusssituation vorzufinden.

Grülls Tiefenläufe am gefährlichsten

Am gefährlichsten wurde Rapid, wenn man die hochstehende Abwehr der Salzburger überspielte. Und das war auch kein Wunder, denn für Ballsicherheit im Mittelfeld sorgte man praktisch nie und Christoph Knasmüllner, der wohl als Passverteiler in der Zentrale fungieren sollte, blieb im Grunde mit Ansage blass. Die größte Gefahr lösten die Tiefenläufe von Marco Grüll aus, der am ehesten den Eindruck machte, der Salzburger Hintermannschaft wehtun zu können.

Diagonale Tiefenläufe viel zu selten

Grüll kam jedoch zu häufig in den falschen Zonen an den Ball, nämlich auf seiner angestammten Position des Linksaußen, wo er trotz dünner Salzburger Restverteidigung nur wenig Zug in Richtung Tor aufnehmen konnte. Grüll wäre hier auf einer zentraleren bzw. zumindest der Halbposition für seine gefährlichen Tiefenläufe besser aufgehoben gewesen. Kara wäre in dieser Konstellation fast schon als „falsche Neun“, die vor allem nach hinten arbeitet und Bälle im Mittelfeld festmacht und kurz weiterverarbeitet, prädestiniert gewesen, während die Rapid-Flügel Tiefe suchen und vor allem diagonal ins Zentrum und damit hinter die Innenverteidiger stechen könnten. Eben so, wie es Salzburg bereits unter Roger Schmidt ausgezeichnet praktizierte.

Die Schnellsten müssen die Räume hinter den Innen(!)verteidigern attackieren

Die hochstehende Salzburger Abwehr hätte derartige Tiefenläufe durchaus häufig zugelassen und im Laufduell Onguene vs. Kara sah man, dass die schnellsten Rapid-Spieler (Grüll, aber etwa auch Kitagawa oder Arase; beide anfangs auf der Bank) mit derart gezielten Tiefenläufen im Zentrum für echte Gefahr hätten sorgen können. Jedoch passte das offensive Zonenspiel bei Rapid nicht und so kam man nur dreimal gefährlich vors Tor. Die grundsätzliche Einleitung dieser wenigen Torchancen bestätigt aber die These, dass gezieltere, zentrale Tiefenläufe die recht simple Kontertaktik Rapids aufgehen hätte lassen können. Aber Kara ist kein klassischer Sprinter und Grüll wurde Opfer seiner Positionstreue am Flügel. Fountas wäre für diese Spielanlage ein idealer Akteur gewesen – der Grieche fehlte aber angeschlagen…

Zu wenige klare Chancen

So kam es – auf welche Weise auch immer – wie es kommen musste und Salzburg erzwang irgendwann doch das 1:0. Das 2:0 in der letzten Minute der Nachspielzeit war nur noch Draufgabe. Die Defensivleistung Rapids und auch die gruppentaktischen Abläufe gegen den Ball in der eigenen Hälfte waren aller Ehren wert. Rapid scheiterte in Wirklichkeit aber wieder daran, woran man in der bisherigen Saison immer scheiterte, wenn man nicht voll punktete: Man kreierte viel zu wenige Chancen. Dafür hätte es diesmal kein „Mitspielen“ mit den übermächtigen Salzburgern gebraucht. Es ging schlichtweg um Nuancen im offensiven Zonenspiel einzelner Akteure.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen