Herbert Prohaska hat es zu Österreichs Fußballer des Jahrhunderts gebracht, obwohl er schon als aktiver Spieler regelmäßig rauchte: „Bei der Roma haben sich nach... Anekdote zum Sonntag (185) – Rauchen verboten

Herbert Prohaska hat es zu Österreichs Fußballer des Jahrhunderts gebracht, obwohl er schon als aktiver Spieler regelmäßig rauchte: „Bei der Roma haben sich nach einem Sieg zwei, drei Spieler eine Zigarette angezündet. Das war nicht erlaubt, aber es wurde geduldet.“, erzählte „Schneckerl“ vor drei Jahren in einem Interview. Klar, einem Feintechniker wie dem Ur-Austrianer konnte das Nikotin nicht das Ballgefühl rauben, trotzdem erscheint es vielen – heute wie damals – absurd, dass Profisportler deren Körper ihr Kapital ist diesen bewusst schädigen.

Ein anderer prominenter Ex-Spieler begann gar aus Frust noch während seiner Karriere zu tschicken: Der vierfache österreichische Meister „Zoki“ Barišić erinnert sich: „Ich habe mit 28 Jahren das erste Mal geraucht. Damals bin ich in Tirol unter Trainer Frantisek Cipro erstmals auf der Tribüne gesessen. Da war ich so frustriert, dass ich zur Tankstelle gegangen bin und mir ein Packerl Marlboro Light und ein Feuerzeug gekauft habe. Ab da habe ich geraucht.“ Als der österreichische Fußballfachmann, der aus seinem Tabakkonsum nie einen Hehl gemacht hat, gilt wohl der „Wödmasta“ himself: Belga-Zigaretten verbindet man mit Ernst Happel wie seine genialen Einfälle – auf dem Feld oder auf der Trainerbank. Leider brachte die Nikotinsucht den großen Ex-Verteidiger auch zu früh ins Grab; der Wiener starb knapp vor seinem 67. Geburtstag an Lungenkrebs.

Wenn heute Fußballer beim Qualmen erwischt werden, setzt es Geldstrafen. Wer also noch zur Zigarette greifen will, macht es heimlich. Der polnische Torhüter Wojciech Szczesny musste einst 20.000 englische Pfund berappen, nachdem ihn Arsenal-Coach Wenger nach einer Niederlage beim Tschicken erwischt hatte. Vor rund dreißig Jahren war das noch anders; in den 90ern waren sich viele Trainer bewusst, dass ihre Spieler rauchten, doch sie drückten ein Auge zu. Es gab aber auch Ausnahmen: So wollte Rudi Eggenberger (damals Vienna-Coach) seinen Spielern die Gefahren des Tabakkonsums aufzeigen. Als Erziehungsmaßnahme setzte er – für den Fußball typisch – auf die Methode der Geldstrafe. Zunächst erließ Eggenberger ein Rauchverbot für den Teambus: Wer dort rauchend erwischt wurde, sollte 1.000 Schilling in die Mannschaftskasse einzahlen. Was heute selbstverständlich klingt, war damals eine völlig neue Maßnahme in der rot-weiß-roten Fußballwelt.

Günter Grundner, der seine Karriere zwischen dem Kremser SC und der Wiener Austria startete, spielte in der Saison 1993/94 bei den Blau-Gelben. Dem rechten Verteidiger sollte die Etablierung als Profi verwehrt bleiben; er wechselte meist im Jahrestakt seinen Arbeitgeber und ist heute im Betreuerstab eines Bayernligisten tätig. Grundner gehörte in seiner Zeit beim ältesten Fußballklub Österreichs zu den Rauchern der Mannschaft.

Eines Tages siegte die Vienna in einem Auswärtsspiel, weshalb auf dem Weg zurück im Teambus gute Stimmung herrschte: Biere wurden geöffnet, die Entertainer unter den Kickern stimmten Schlachtgesänge an. Trainer Eggenberger fand es okay, dass seine Burschen mit etwas Gerstensaft den Erfolg begossen: Bier ist isotonisch – eh klar. Getreu dem Motto eines ehemaligen FC St. Pauli-Präsidenten „Große Leistungen werden nur mit freudigem Herzen begangen.“ wollte Eggenberger die Gunst der Stunde nutzen, um seinen euphorisierten Kickern einige taktische Feinschliffe – in der Hoffnung, diese würden auf fruchtbaren Boden fallen – mitzugeben.

Zu diesem Zweck trommelte er seine Kicker im Bus auf einen Haufen zusammen: Eggenberger setzte gerade zu seiner Rede an: „Also, rekapitulieren wir …“, als ihm plötzlich Zigarettenrauch in die Nase stieg. Der Vienna-Trainer drehte sich um und erblickte Verteidiger Grundner wie er seelenruhig an einem Glimmstängel sog. Eggenberger schnauzte ihn daraufhin an: „Heast Günter, ich hab‘ doch gesagt, im Bus ist Rauchverbot!“ Der Verteidiger blieb ruhig. Eggenberger forderte die sofortige Zahlung der veranschlagten Buße: „Das kostet dich jetzt einen Tausender!“ Immer noch zeigte sich der Übeltäter unbeeindruckt. Schließlich seufzte der Spieler kurz, griff in die Hosentasche seines Trainingsanzugs und förderte seine Geldbörse hervor. Er entnahm dieser eine 5.000 Schilling-Note und streckte den Schein mit dem Antlitz Mozarts Eggenberger entgegen: „Trainer, da sind fünftausend, also hab‘ ich noch vier Tschick gut.“, erklärte er seelenruhig. Die Vienna-Mannschaft brach daraufhin in schallendes Gelächter aus. Eggenbergers Nasenflügel weiteten sich vor Wut, Grundner rauchte genüsslich weiter. Nach einigem Hin-und-Her akzeptierte der Trainer nur einen Tausender, forderte seinen Spieler auf, schnell die Zigarette zu entsorgen und drohte ihm mit Rauswurf. Grundner gab schließlich klein bei, war aber trotzdem zufrieden: Der Gag war ihm den ganzen Ärger aber wertgewesen.

Ob es zu weiteren Zwischenfällen zwischen den beiden Protagonisten kam, ist nicht bekannt: Jedenfalls wechselte der Defensivspieler nach dieser Saison von Wien-Döbling nach Eisenstadt; später ging es für Grundner ins österreichische Unterhaus zu Gerasdorf, Schwechat, Sigles etc. Dort war es kein Problem, weiterhin zu rauchen. Für den Profisport war Grundner vielleicht aber etwas zu sehr Genussmensch.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag