Am sechsten und letzten Spieltag der UEFA Champions League Gruppenphase, stand in der Gruppe G ein echtes Finale bevor. Alle Mannschaften hatten noch Chancen... Analyse: Sevilla eliminiert – Salzburg setzt einen Meilenstein!

Am sechsten und letzten Spieltag der UEFA Champions League Gruppenphase, stand in der Gruppe G ein echtes Finale bevor. Alle Mannschaften hatten noch Chancen auf den Aufstieg ins Achtelfinale und dementsprechend viel Spannung baute sich auf. Salzburg stand dabei schon ziemlich unter Zugzwang, verpasste man es doch bislang, die beiden bisherigen Matchbälle zu verwerten, um den Aufstieg zu fixieren. Nun kam mit dem spanischen Topclub FC Sevilla der nominell stärkste Gruppengegner nach Salzburg und die Bullen benötigten mindestens ein Unentschieden, um in die K.O.-Phase einzuziehen.

Sevilla und der Versuch das Spiel zu machen

Dabei liefen die letzten Wochen für Salzburg alles andere als rund und das Wort „Krise“ könnte man in diesem Zusammenhang durchaus in den Mund nehmen. Die Leistungen waren alles andere als gut und dementsprechend fielen auch die Ergebnisse aus, denn zuletzt holte man aus sechs Spielen nur einen Sieg. Gegen Hartberg holte man sich dann wieder etwas Selbstvertrauen, indem man einen Rückstand spät in einen Sieg drehte, doch auch hier war das Auftreten sehr bescheiden und man wirkte speziell in der Offensive ideenlos. Gut, dass mit dem FC Sevilla nun ein Gegner vor der Brust steht, der vom „Matchup“ den Bullen deutlich besser liegt. Die Andalusier wollen ja bekanntlich das Spiel selbst in die Hand nehmen und Trainer Lopetegui legt bekanntlich viel Wert auf das Ballbesitzspiel.

Sevilla lief dabei im gewohnten 4-3-3-System auf, allerdings hatte man einige Ausfälle zu beklagen und lief quasi mit dem letzten Aufgebot auf. Dennoch waren einige Schlüsselspieler dabei, wie etwa Kounde, Rakitic oder Ocampos. Von Anfang an versuchten die Gäste dabei das Spiel an sich zu reißen und unter ihre Kontrolle zu bringen. Man versuchte dabei aus dem Spielaufbau heraus mit viel Präsenz die Pressinglinie der Salzburger zu überspielen, indem ein Sechser zwischen die beiden Innenverteidiger kippte und eine Dreieraufbaukette bildete, während die anderen zwei zentralen Mittelfeldspieler sich ebenfalls tief anboten. Hier sollten genügend Anspielstationen geboten werden, um einerseits das Pressing von Salzburg zu strecken, andererseits aber über passende Verbindungen zwischen den Spielern zu verfügen.

Die Flügelstürmer standen dabei sehr breit und versuchten, die Formation der Bullen zu strecken, um vor allem nach Spielverlagerungen anspielbar zu sein. Das sollte dann letztlich auch der Matchplan der Spanier sein. Man versuchte das Pressing der Salzburger zu provozieren und über mehrere Passstationen so lange zu verzögern, ehe man dann dieses Pressing über Spielverlagerungen auf die andere Seite aufzureißen versuchte. Dadurch war es Sevilla möglich, von Beginn an einen hohen Ballbesitzwert zu verzeichnen und das Spiel gewissermaßen an sich zu reißen, da man in der eigenen Hälfte vom Positionsspiel her viele Ressourcen investierte, um den Ball in den eigenen Reihen zu halten.

Salzburg presst unaufhörlich, Defizite mit dem Ball offensichtlich

Allerdings ging das auf Kosten der Offensive in der gegnerischen Hälfte, denn da waren meist nur die drei Stürmer auf sich alleine gestellt und man fand eher gemächlich den Weg ins gegnerische Drittel. Und wie reagierte Salzburg auf den Matchplan von Sevilla? Man versuchte nichtsdestotrotz den eigenen strategischen Ansatz weiterzuverfolgen und wie gewohnt den Gegner hoch anzupressen. Wichtig war hier auch zweifellos, dass Okafor in die Mannschaft zurückkehrte, um die gefürchtete und temporeiche Doppelspitze mit Adeyemi zu bilden. Man vertraute dabei der gewohnten Systematik und dem 4-Raute-2 und passte das Pressingverhalten dem System von Sevilla an.

Die beiden Stürmer kümmerten sich um die Dreierkette von Sevilla und versuchten den Aufbau auf eine Seite zu lenken, während Aaronson den ballnahen Sechser deckte. Sobald ein Außenverteidiger an den Ball kam, rückte der ballnahe Achter auf diesen hinaus und versuchte dabei in seinem Anlaufverhalten den diagonalen Passweg zu versperren, um den Gegner auf die Außenbahn oder zurück zu drängen. Kristensen oder Ulmer schoben in diesem Fall auch sehr aggressiv nach vorne und unterstützten die Kollegen, wodurch Sevilla konstant unter Druck gesetzt werden konnte. Das funktionierte im Prinzip recht gut, auch wenn man nur gelegentlich höhere Ballgewinne erzielte.

Sevilla gelang es hie und da das Pressing von Salzburg ins Leere laufen zu lassen und sich über die ballsicheren Sechser zu befreien, um im Anschluss die Seite zu wechseln. So richtig destabilisieren konnte man die Bullen dadurch allerdings nicht, denn Salzburg agierte in der Re-Organisation der Defensive sehr diszipliniert und fand recht schnell in die Ordnung zurück, wodurch Sevilla fast nie in die Situation kam, die offenen Räume bespielen zu können. Der läuferische Aufwand war hier enorm und Salzburg hatte keinerlei Probleme, die große Intensität konstant hoch zu halten.

So gut man defensiv agierte, so durchwachsen fiel im ersten Durchgang das Spiel nach vorne aus. Strukturell zeigen die Bullen in dieser Saison bereits häufiger Defizite in ihrem Ballbesitzspiel und es wirkt nicht alles so einfach, wie es in den letzten Jahren der Fall war. In diesem Spiel gegen Sevilla war es noch extremer, als man es gewohnt war, denn spielerische Lösungen waren kaum zu sehen. Einerseits lag dies natürlich auch daran, dass man sichtlich nicht viel Risiko gehen wollte und eher schnell den Weg nach vorne suchte, um keine schwerwiegenden Ballverluste zu erleiden. Aber auch wenn man Zeit am Ball hatte, beschränkte sich das Ballbesitzspiel meist darauf, die beiden schnellen Spitzen in den seitlichen Zonen steil zu schicken, wo sie dann individuell ihre Kreativität ausspielen und ins Dribbling gehen sollten.

Doch hier begann schon das Problem, denn speziell Shootingstar Adeyemi befindet sich in einem Formloch und dem deutschen Nationalspieler gelingt aktuell sehr wenig. Die Leichtigkeit ist dem Angreifer sichtlich abhandengekommen und zu oft bleibt er hängen, womit die gesamte Offensive stockt, da das Spiel auf seine Qualitäten ausgerichtet ist. Aber auch darüber hinaus wirkte Salzburg zu kopflos in vielen Situationen, denn nicht nur, dass man viele lange Bälle in die Spitze spielte, um lieber auf den zweiten Ball zu gehen, oftmals agierte man auch im Passspiel zu fehlerhaft und leistete sich dadurch eine hohe Zahl an Ballverlusten.

So kam auch kaum ein Rhythmus in das Offensivspiel der Bullen und man spielte sich in der ersten Halbzeit nur sehr wenige Torchancen heraus. Sevilla kam auf fast zwei Drittel des Ballbesitzes, tat sich jedoch gegen die aggressiven Bullen schwer, ins letzte Drittel zu kommen. Salzburg stand andererseits zwar in der Defensive recht stabil und agierte aggressiv, agierte aber mit dem Ball viel zu fehlerhaft, um gefährlich zu werden. So kam auch das Umschaltspiel nie wirklich in Fahrt, da man den Ball spätestens nach dem zweiten Pass wieder verlor. So verwundert es auch nicht, dass Adeyemi in etwa nur die Hälfte seiner Zuspiele zum Mitspieler brachte. Dies stand exemplarisch für die Defizite des Salzburger Angriffs. Daher ging es auch mit einem torlosen Unentschieden in die Kabine.

Spielentscheidende Phase nach der Halbzeit

Nach dem Seitenwechsel ging es dann in die heiße Phase und die Partie nahm nochmal richtig Fahrt auf. Salzburg-Trainer Jaissle versuchte mit einer kleinen Anpassung die stockende Offensive zu beleben und ließ Okafor und Adeyemi die Seite tauschen, um speziell Adeyemi besser ins Spiel zu bringen. Beide Angreifer sollten vermehrt auf die Flügel ausweichen und dort für Breite zu sorgen und da Adeymi auf der rechten Seite sich kaum durchsetzen konnte, hoffte Jaissle auf einen positiveren Effekt auf der linken Seite. Doch bevor dies zur Geltung kommen konnte, gab es für die Salzburger eine Schrecksekunde zu überstehen. Nach einem Angriff über den Flügel ließ sich Solet aus der Abwehr ziehen und dadurch war das Zentrum unterbesetzt, weshalb nach einer Flanke Munir El Haddadi aus kurzer Distanz frei zum Kopfball kam und den Ball an die Latte setzte.

Es wäre natürlich eine ungemein bittere Pille gewesen, wenn man nach der Halbzeit direkt einen Gegentreffer kassiert hätte. Da aber die Andalusier diese Riesenchance ausließen, blieben die Bullen im Spiel. Und wie eng Fußball manchmal sein kann, zeigte sich nur wenige Augenblicke später, als sich Adeymi auf den linken Flügel fallenließ und sich dort mit seinem Tempo durchsetzte, um im Zentrum Okafor zu bedienen, der zur 1:0-Führung traf. Damit hatten die Salzburger nun einen großen Vorteil, mussten die Gäste doch zwei Treffer erzielen, um ein Weiterkommen in der Champions League sicherzustellen. Das sollte den Bullen zusätzlich Sicherheit geben und man wirkte nun noch etwas befreiter als zuvor.

Nach der Führung konnte man sich wieder auf die Arbeit gegen den Ball fokussieren und Sevilla kommen lassen, auch wenn man weiterhin versuchte, den Gegner aggressiv zu bearbeiten und nicht zu tief zu stehen. Der Spielverlauf meinte es auch sehr gut mit den Bullen, denn nicht nur, dass man in Führung ging, Sevilla dezimierte sich auch noch selbst. Mittelfeldspieler Jordan kassierte innerhalb weniger Minuten zweimal die gelbe Karte und flog damit vom Platz. Damit mussten die Andalusier nun in Unterzahl das Spiel drehen. Das erleichterte die Sache für die Gastgeber natürlich ungemein, denn nach wie vor überließ man Sevilla den Ball und konzentrierte sich auf die Defensive, um auf Konter zu lauern.

So plätscherte das restliche Spiel dahin, da Salzburg die Konter schlecht ausspielte und Sevilla in Unterzahl kaum Lösungen gegen die gut organisierte Abwehr der Bullen fand. So blieb es letztlich beim knappem 1:0-Erfolg für den österreichischen Meister.

Fazit

Salzburg gelang also ein Meilenstein der Vereinsgeschichte und man qualifizierte sich als erste österreichische Mannschaft für ein Achtelfinale in der Königsklasse. Die Leistung war allerdings alles andere als ein Meilenstein und anders, als Auftritte in den vergangenen Jahren, profitierte man hier von einem perfekten Spielverlauf und nicht von der eigenen starken Leistung. Man war zwar gegen den Ball wie gewohnt recht griffig und gut organisiert, allerdings ließ man dafür im Offensivspiel vieles vermissen und agierte viel zu fehlerhaft, um auf diesem Niveau dem Gegner konstant wehzutun. Sechs Schüsse in 90 Minuten sprechen hier eine deutliche Sprache. Dennoch muss man den Europa-League-Sieger Sevilla erstmal bezwingen und die Bullen belohnten sich letztlich für eine ordentliche Gruppenphase mit dem Aufstieg, weshalb nun im Achtelfinale ein dicker Brocken auf die Salzburger warten wird.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic