Rapid konnte mit dem 2:1 in Danzig die Blamage des frühestmöglichen Europacup-Aus abwenden. Phasenweise spielte Rapid dabei gut, in anderen Phasen bettelte man gegen... Analyse: Unkonkrete Rapid-Konter sorgen für Zitterpartie

Rapid konnte mit dem 2:1 in Danzig die Blamage des frühestmöglichen Europacup-Aus abwenden. Phasenweise spielte Rapid dabei gut, in anderen Phasen bettelte man gegen weitgehend blasse Polen aber um Gegentore.

Ferdinand Feldhofer überraschte mit seiner Aufstellung im 4-2-3-1 – speziell im Zentrum. Pejic und Oswald starteten auf der Doppelsechs, davor spielte mit Zimmermann eher ein Antizipativstürmer. Gegen den Ball rückte Zimmermann als erster Anläufer nach vorne, um den gegnerischen Spielaufbau zu stören. Burgstaller ließ sich dann etwas fallen oder pendelte. Dass Patrick Greil überhaupt nicht zum Einsatz kam, war angesichts von Rapids Zentrumsproblemen eine Überraschung.

Rapid kommt mit Pressing von Lechia gut zurecht

Rapid presste anfänglich nicht extrem hoch, war eher auf Balance bedacht. Es war jedoch von Beginn an positiv zu bewerten, dass die Polen von ihrem tiefen Mittelfeldpressing abwichen und versuchten, Rapid im Aufbau unter Druck zu setzen. Rapid spielte im ersten Drittel aber sehr sicher, band auch Torhüter Niklas Hedl immer wieder gut in den Aufbau ein, wodurch Lechia im Offensivpressing kaum Zugriff bekam.

Kühn leitet Doppelschlag ein

Dadurch, dass die Danziger deutlich höher anliefen als in Wien, wurden im Mittelfeld und da speziell in den Halbräumen immer wieder Räume frei, die Rapid bespielen konnte. Dies gelang am besten über den ideal einrückenden und technisch enorm starken Nicolas Kühn, der schließlich auch Rapids Doppelschlag nach einer Viertelstunde einleitete.

Rapid geht auf Kontrolle, statt auf Umschaltspiel

Nachdem Rapid Lechia Gdansk mit dem Elfmetertor von Marco Grüll endgültig schockte, begann eine Konsolidierungsphase, in der Rapid den Ball laufen ließ und auf Kontrolle aus war. Hier lag im Nachhinein möglicherweise der Hauptfehler, denn anstatt sich bis zur Pause tiefer zu positionieren und den im Aufbau ohnehin eher ideenlosen Polen den Ball zu geben, um dann nach Ballgewinnen schnelle Gegenstöße zu fahren, scheiterte man immer wieder an der eigenen, dünnen Situation im Mittelfeldzentrum.

Unausgewogenes Mittelfeldzentrum

Dort spielte zwar Moritz Oswald eine gute Partie, aber wieder passten die antizipativen Bewegungen aus der Offensive nicht immer und Aleksa Pejic hat weiterhin Probleme in der progressiven Ballweiterverarbeitung. Nach seiner gelben Karte kurz vor der Pause wurde die Sache noch etwas schwieriger, weil er sich nicht mehr traute, hart in Zweikämpfe zu gehen, um keinen Ausschluss zu riskieren. Nach etwa einer Stunde reagierte Feldhofer mit der Einwechslung von Maximilian Hofmann, der im defensiven Zentrum für noch mehr Physis sorgen sollte.

Feldhofer setzt früh auf die Sicherheitsvariante

Rapid hätte schlichtweg bis zur 60. Minute das dritte Tor erzielen müssen. Dann wäre der Deckel drauf gewesen und der Rest des Spiels wäre ein Selbstläufer gewesen. So musste man aber weiter zittern und gab mit dem defensiven Wechsel nach 65 Minuten dem Gegner auch irgendwie ein Signal, dass man nun auf Teufel komm raus angreifen „darf“. Mit Zimmermann und Kühn fielen zwei Konterspieler weg und es war klar, dass Grüll, Burgstaller und der eingewechselte Bajic die Spieler waren, auf die man sich im Umschaltspiel kümmern musste.

Rapid machte defensiv bis zum 1:2 alles richtig

Offensiv fiel also etwas Flexibilität weg, dafür war die defensive Stabilität noch höher und Lechia Gdansk kam kaum gefährlich vors Tor, auch weil die Innenverteidiger Rapids die zahlreichen Halbfeldflanken sauber wegräumten. Doch weiterhin wurden die Entlastungsangriffe nicht gut fertig gespielt, weshalb die Partie eng blieb. Speziell nach Zwolinskis 1:2, dem ein schwacher Zweikampf von Auer gegen den eingewechselten Koperski vorausging, begann das große Zittern endgültig.

Zwei Gesichter im Konterspiel

Im Konterspiel hatte Rapid zwei Probleme: In der ersten Halbzeit und in Teilen der zweiten agierte man zu kompliziert. Obwohl sich mehrere Spieler am Konterspiel beteiligten und sich gut anboten, gab es zu viele Pässe bis zum Abschluss. Dadurch verzettelte man sich und brachte es auf zu wenige konkrete Torabschlüsse, vor allem weil man immer wieder abbremste, anstatt zielgerichtet durchzuziehen. Nach den Wechseln nach 65 Minuten sah man dann das genau gegenteilige Bild und Rapids Konterattacken waren zumeist auf einzelne Spieler beschränkt, die Einzelaktionen suchen sollte. Auch nach dem Anschlusstreffer hätte Rapid durchaus in Gruppen kontern können, entschied sich aber für die Sicherheitsvariante, die individuelle Klasse, etwa von Grüll oder Bajic, zu forcieren.

Learnings aus dem Gdansk-Duell

Am Ende brachte Rapid das Ergebnis über die Zeit – knapp, aber über die volle Spieldauer verdient. Damit wurde die Pflicht erfüllt und die Leistungen über zwei Partien gegen Lechia Gdansk können abgehakt bzw. daraus gelernt werden. Erkenntnisse für das Auswärtsspiel bei Neftchi Baku in sechs Tagen:

– Rapid muss mannschaftlich genauer im Pressing werden. Guido Burgstaller versuchte seine Mitspieler immer wieder anzutreiben und die richtigen Laufwege gegen den Ball anzusagen. Hier muss Rapid gesamtmannschaftlich noch „choreografischer“ werden.

– Konterattacken müssen schnörkelloser zu Ende gespielt werden. Intensive Läufe und Sprints müssen länger und noch intensiver werden, sodass im offensiven Umschalten die Statik des Gegners besser ausgenützt werden kann.

– Es braucht Lösungen für den Achterraum. Zwar rüstete Rapid mit Greil, Kerschbaum und Pejic nach, aber Ljubicic fehlt eindeutig weiterhin. Rapid hat aktuell keinen Box-to-Box-Midfielder auf dem Platz, was die spielerische Komponente deutlich behindert.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen