Als Amateurkicker fing er an und spielte später in Frankreichs höchster Liga. Doch durch einen folgenschweren Krankenhausbesuch erlangte Jean-Pierre Adams traurige Berühmtheit. Das ist... Eine verhängnisvolle Operation: Die tragische Karriere von Jean-Pierre Adams

Als Amateurkicker fing er an und spielte später in Frankreichs höchster Liga. Doch durch einen folgenschweren Krankenhausbesuch erlangte Jean-Pierre Adams traurige Berühmtheit. Das ist seine Karriere.

Erste Schritte und Ballkontakte

Am 10. März 1948 erblickte Jean-Pierre Adams in Dakar, das im damaligen Französisch-Westafrika lag und heute die Hauptstadt des Senegals ist, das Licht der Welt. Dort wurde er bis zu seinem zehnten Lebensjahr von seiner Großmutter erzogen, bis sie sich mit ihm, sie war eine gläubige Katholikin, auf eine Pilgerreise begab. Letztlich verschlug es die beiden in das kleine Städtchen Montargis im Département Loiret, rund 100km südlich von Paris. Um für seine Zukunft zu sorgen, meldete Adams‘ Großmutter ihn an der lokalen katholischen Schule an. Zu seinem Glück wurde er bereits kurz nach seiner Ankunft in Frankreich von einem französischen Ehepaar adoptiert.

Während seiner Schulzeit fing er an bei kleineren, regionalen Klubs, Fußball zu spielen, was für ihn eine willkommene Ablenkung war. Dadurch lernte er auch, sich in sein Umfeld zu integrieren. Er wurde vor allem durch seine physische Stärke, aber auch als lieber Junge bekannt. Nach seiner Schulzeit fand er zwar Arbeit bei einem Gummihersteller, war jedoch in einen Autounfall verwickelt, bei welchem ein sehr guter Freund von ihm das Leben verlor, während er glücklicherweise unverletzt davongekommen ist.

Militär, Frau und Profi-Fußball

Mit 19 wurde er zum Militärdienst einberufen. Dort konnte er seine Physis unter Beweis stellen. Zusätzlich dazu diente es ihm als Sprungbrett für größere Aufgaben in seiner Karriere. Schließlich spielte er noch als Stürmer beim Amateurverein Entente BFN, mit welchem er zweimal Zweiter in der französischen Amateurmeisterschaft wurde. Zur selben Zeit lernte er auch seine Frau Bernadette kennen, die ihm seitdem nicht mehr von der Seite wich.

Mit 22 unterschrieb er bei Olympique Nîmes seinen ersten Profi-Vertrag, nachdem ihr Trainer Abdelkader Firoud durch das Militär auf ihn aufmerksam wurde. Dieser funktionierte den 178cm großen Adams zum Mittelfeldspieler um. Die erste Saison (1970/71) beendeten „Les Crocodiles“, so der Spitzname des Vereins, auf dem vierten Platz, womit man sich für den UEFA-Pokal qualifizierte. Dort schied man im Folgejahr zwar in der ersten Runde zwar gegen Vitória Setúbal aus, aber immerhin schoss der Franzose ein erstes Tor im internationalen Fußball. National lief es schon besser. So wurde Nîmes 1971/72 mit fünf Punkten Abstand auf den Vorjahresmeister Olympique Marseille Zweiter und gewann 1972 den Alpenpokal, ein vom italienischen Fußballverband ins Leben gerufener Pokalwettbewerb.

Nationalmannschaft und Wechsel zu Nizza

Durch seine überzeugenden Leistungen wurde Adams im Sommer 1972 vom damaligen Trainer Georges Boulogne in die französische Nationalmannschaft berufen und debütierte bei einem inoffiziellen Länderspiel gegen eine afrikanische Auswahl. Im Oktober desselben Jahres spielte er sein erstes Pflichtspiel für Les Bleus, einem 1:0-Sieg gegen die Sowjetunion im Rahmen der Qualifikation für die WM 1974. In den nächsten Spielen bildete er mit Marius Trésor ein starkes Abwehrduo, das in den französischen Medien „la garde noire“, zu Deutsch: die schwarze Garde, genannt wurde. Jean-Pierre Adams überzeugte vor allem durch sein hartes Spiel und sein abgeklärtes Auftreten.

In seiner letzten Saison bei Nîmes erreichte er mit seiner Mannschaft noch den siebten Platz in Frankreichs erster Liga und kam immerhin bis ins Halbfinale des Coupe de France, wo man sich der Meistermannschaft des FC Nantes geschlagen geben musste. Im UEFA-Cup konnte man sich gegenüber den Grasshoppers Zürich nicht behaupten und schied dort erneut in der ersten Runde aus. Adams erzielte erneut ein Tor im Rückspiel.

Danach war es an der Zeit für einen Tapetenwechsel. Jean-Pierre verließ den Verein, bei dem er zum Nationalspieler wurde und immerhin 10 Tore in über 80 Spielen schoss. Ihn und seine Frau, die mittlerweile den ersten Sohn zur Welt brachte, zog es nach Nizza. Der mittlerweile 25-Jährige wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: „[Kader Firoud] ist der Mann, dem ich alles verdanke. Er hat mich an die Hand genommen, mich geformt, mir Vertrauen geschenkt und mich nicht mehr losgelassen.“

Da Nizza in der Vorsaison Vizemeister wurde, spielten sie nun im UEFA-Cup, wo man allerdings im Achtelfinale ausschied. National verpasste man die Qualifikation für das nächste Jahr nur um einen Punkt und verlor in der ersten Runde des Coupe de France gegen den Zweitligisten AS Cannes. Adams schoss in dieser Saison neun Tore, was seine Bestmarke in einer Saison darstellt.

Zur Saison 1974/75 funktionierte Nizzas neuer Trainer Vlatko Marković den Franzosen zum Innenverteidiger um. Der Nationalspieler passte sich gut an seine neue Rolle an, doch auch er konnte nicht verhindern, dass man nur auf dem 14. Platz, sechs Punkte vor dem Abstiegsrang, landete und im nationalen Pokal lediglich die zweite Runde erreichte. Doch schon im nächsten Jahr ging es wieder bergauf. Obwohl Adams die halbe Saison verletzungsbedingt verpasste, bildete er ein solides Duo mit dem jugoslawischen Verteidiger Josip Katalinski und man lieferte sich mit der AS Saint-Étienne ein spannendes Duell um die Tabellenspitze, in welchem OGC Nizza leider kürzertreten musste. Nichtsdestotrotz qualifizierte man sich erneut für Europa und kam immerhin ins Achtelfinale im französischen Pokal.

Nachdem Michel Hidalgo im Jahre 1976 die Nationalmannschaft übernahm, wurde Jean-Pierre Adams nicht mehr in die Équipe Tricolor berufen. Er kam in 22 Länderspielen zum Einsatz, vorrangig Freundschaftsspielen. Aus persönlicher Sicht lief es für ihn und seine Familie in diesem Jahr jedoch sehr gut, gebar seine Frau doch ihren zweiten Sohn.

Ausklang der Karriere

1976/77 war Adams‘ letzte Saison an der Côte d’Azur, mit dem siebten Platz in der Liga, dem internationalen Erstrunden- sowie dem Pokal-Halbfinalaus eine eher durchwachsene Spielzeit. Der Innenverteidiger kam nochmal auf 41 Einsätze, in denen ihm vier Tore gelangen. Die nächste Etappe hieß Paris Saint-Germain. Aufgrund von sportlichen und vereinsinternen Schwierigkeiten wurde man nur Elfter. Die Klubführung von PSG setzte danach nicht mehr auf den französischen Abwehrspieler und auch verletzungsbedingt reichte es zu nicht mehr als 18 Spielen.

Mittlerweile machte ihm sein Körper immer mehr zu schaffen und er wechselte zum FC Mulhouse in die zweite Liga, wo er allerdings nur zu elf Einsätzen kam. Am Ende der Saison stieg Mulhouse ab und Adams entschied sich, seine Karriere im professionellen Fußball zu beenden. Er ging zum Amateurverein FC Chalon, wo er als Spielertrainer tätig war.

Die dramatische Operation, das Leben danach und Tod

Während er seinen Trainerschein machte, erlitt er eine Knieverletzung, die eine Operation erforderte. Am 17. März 1982 ließ er sich in einem Krankenhaus im Lyon am Knie operieren. Leider war das Krankenhaus aber zum damaligen Zeitpunkt unterbelegt, wodurch der für ihn zuständige Anästhesist und dessen Praktikant überfordert waren. Das führte zu einem Fehler, der das Leben von Jean-Pierre Adams und seiner Familie für immer verändern sollte. Der Anästhesist dosierte das Narkosemittel vor der Operation falsch, wodurch die Muskulatur, die die Atemwege umgibt, verkrampfte. Das führte zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn, wodurch ein großer Schaden im Gehirn angerichtet wurde und Adams ins Koma fiel. Seine Frau Bernadette eilte ins Krankenhaus, sie hoffte, ihr Mann würde schon bald wieder aufwachen, doch sein Schicksal war besiegelt.

Nach einigen Monaten wurde der Franzose nach Hause zu seiner Frau Bernadette überstellt. Seitdem kümmerte sie sich Tag und Nacht um den Gatten. Finanzielle Unterstützung erhielt sie von der französischen Fußballföderation und aus Benefizspielen. Der behandelnde Anästhesist wurde später in einem Gerichtsverfahren zu einer Geldstrafe von umgerechnet 750€ und einem Monat Haft auf Bewährung verurteilt, doch das konnte das Geschehene keinesfalls wieder gut machen. Am 6. September 2021, nach 39 Jahren voller Fürsorge und Pflege, verstarb Jean-Pierre Adams im Alter von 73 Jahren. Ihm zu Ehren wurde am nächsten Tag beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Frankreich und Finnland eine Beifallsminute abgehalten.

Adams´ Vermächtnis

Er wurde unter anderem als „Prototyp des modernen Mittelfeldspielers, der […] in der Offensive ebenso effektiv wie in der Defensive war“, beschrieben und durch seine Karriere hinweg für seine Athletik und physische Präsenz auf dem Platz gelobt. Doch die Geschichte von Jean-Pierre Adams ist zweifelsohne eine tragische, die so nie hätte enden dürfen. Auch wenn es bereits vor ihm französische Nationalspieler mit afrikanischer Herkunft gab, war es doch er, der den Weg mit seiner Karriere für viele seiner Nachfolger, beispielsweise Patrick Vieira, ebnete.

Tim Bosnjak