Nach dem blamablen Ausscheiden beim Asian Cup wurde Javier Aguirre als Trainer der japanischen Nationalmannschaft entlassen. Sein Nachfolger Vahid Halilhodžić hatte nur wenige Wochen... Umbruch im japanischen Nationalteam – Halilhodžić als Aguirre-Nachfolger

Japan - FlaggeNach dem blamablen Ausscheiden beim Asian Cup wurde Javier Aguirre als Trainer der japanischen Nationalmannschaft entlassen. Sein Nachfolger Vahid Halilhodžić hatte nur wenige Wochen Zeit sich ein Bild über das vorhandene Spielermaterial zu machen. Im folgenden Artikel wird ein kleiner Überblick über den Verlauf der Länderspielwoche gegeben und versucht einen kleinen Einblick über die Leistungen einzelner Spieler und die Spielanlage Japans zu geben.

Kader

Tor: Eiji Kawashima (Standard Lüttich), Masaaki Higashiguchi (Gamba Osaka), Shusaku Nishikawa (Urawa Red Diamonds), Shuichi Gonda (FC Tokyo)
Verteidigung: Hiroki Mizumoto (Sanfrecce Hiroshima), Yuto Nagatomo (Inter Mailand), Tomoaki Makino (Urawa Red Diamonds), Masato Morishige (FC Tokyo), Kosuke Ota (FC Tokyo), Atsuto Uchida (FC Schalke 04), Maya Yoshida (FC Southampton), Hiroki Fujiharu (Gamba Osaka), Hiroki Sakai (Hannover 96), Gotoku Sakai (VfB Stuttgart), Gen Shoji (Kashima Antlers)
Mittelfeld: Yasuyuki Konno (Gamba Osaka), Makoto Hasebe (Eintracht Frankfurt), Toshihiro Aoyama (Sanfrecce Hiroshima), Shinji Kagawa (Borussia Dortmund), Hiroshi Kiyotake (Hannover 96), Hotaru Yamaguchi (Cerezo Osaka), Gaku Shibasaki (Kashima Antlers)
Sturm: Shinji Okazaki (1.FSV Mainz 05), Keisuke Honda (AC Mailand), Shinzo Koroki (Urawa Red Diamonds), Yu Kobayashi (Kawasaki Frontale), Takashi Inui (Eintracht Frankfurt), Kensuke Nagai (Nagoya Grampus), Yuya Osako (1. FC Köln), Takashi Usami (Gamba Osaka), Yoshinori Muto (FC Tokyo)

Weitere Teilnehmer des Trainingscamps, welches direkt vor den Länderspielen stattfand:

Tor: Akihiro Hayashi (Sagan Tosu)

Verteidigung: Kazuhiko Chiba (Sanfrecce Hiroshima), Tsukasa Shiotani (Sanfrecce Hiroshima), Daisuke Suzuki (Kashiwa Reysol), Shintaro Kurumaya (Kawasaki Frontale)

Mittelfeld: Takuji Takahagi (Western Sydney Wanderers), Shogo Taniguchi (Kawasaki Frontale), Kotaro Omori (Gamba Osaka)

Sturm: Yohei Toyoda (Sagan Tosu), Kengo Kawamata (Nagoya Grampus), Yoichiro Kakitani (FC Basel)

Yu Kobayashi verletzte sich im letzten Ligaspiel und wurde durch Kengo Kawamata ersetzt. Außerdem musste Halilhodžić aus Verletzungsgründen auf Yuto Nagatomo und Shinzo Koroki verzichten. Hier wurde jedoch niemand nachnominiert.

Trainerwechsel nach dem Asian Cup

Während man sich direkt nach dem peinlichen Ausscheiden beim Asian Cup noch zum Trainer Javier Aguirre bekannte und ihm das Vertrauen aussprach, wurde er nur eine Woche später entlassen. Man analysierte die Situation und anscheinend waren das Abschneiden in Australien, verbunden mit den Manipulationsvorwürfen in Spanien, zu viel für die Verbandsspitze, rund um Kuniya Daini, Masahiro Shimoda und Hiromi Hara. Die drei beschlossen für die nächsten vier Monate auf 30-50% ihres Gehalts zu verzichten um die Entlassung zu finanzieren und Shimoda wurde beauftragt einen neuen Trainer zu finden. Es wurde eine Liste von 10 Wunschkandidaten erstellt, unter denen sich jedoch kein Japaner befand. Es sickerten Namen wie Felix Magath, Luciano Spalletti oder Michael Laudrup durch. Da jedoch Letzterer absagen musste, weil er bis Sommer noch in Katar bei Lekhwiya SC unter Vertrag steht, fiel die Wahl auf Vahid Halilhodžić. Der Bosnier, der davor die Nationalmannschaften der Elfenbeinküste und Algeriens betreute und gerade erst bei Trabzonspor entlassen wurde, wurde am 12.03 offiziell vorgestellt. Nun hatte der 62-Jährige zwei Wochen Zeit sich auf die ersten Länderspiele vorzubereiten.

Er wurde in mehreren Stadien gesichtet und berief einen relativ großen Kader für die Freundschaftsspiele gegen Tunesien und Usbekistan ein. Außerdem organisierte er davor noch ein Trainingscamp, bei dem einige andere Spieler zusätzlich die Chance bekamen sich zu empfehlen.

Die einzige auffällige Änderung im Vergleich zum Asian Cup Kader war der Verzicht auf Yasuhito Endo, womit schon der zweite Trainer in Folge einen Umbruch ohne den in die Jahre gekommenen Spielmacher startete.

Japan – Tunesien 2:0

Japan startete mit dem 4-3-3, welches auch schon unter Aguirre praktiziert wurde. Die Startelf bestand aus Gonda – H. Sakai, Yoshida, Makino, Fujiharu – Hasebe, Yamaguchi, Kiyotake – Nagai, Kawamata, Muto. Somit waren mit Yoshida, Hasebe und Muto nur drei Spieler dabei, die auch beim Asian Cup eine tragende Rolle spielten. Auch taktisch wurde einiges umgestellt bei den Japanern. Während unter Aguirre der Spielaufbau von einem 8er (meist Endo oder Shibasaki) übernommen wurde, waren nun zwei 6er auf dem Feld, die mit den beiden Innenverteidigern einen defensiven 4er-Block bildeten. Dadurch konnten die Außenverteidiger etwas höher agieren, ohne die Stabilität des Systems zu gefährden. In der ersten Hälfte stand die Mannschaft meist etwas höher als unter Aguirre und die Flankenspieler bildeten im Defensivspiel mit den 6ern eine Viererkette, welche ein paar Meter hinter der Mittellinie postiert war. Dadurch wurde der Gegner vom Tor ferngehalten und Kiyotake und Kawamata konnten den Spielaufbau des Gegners stören. Während man früher nach einer Balleroberung meist direkt gekontert hat, wurde nun der Ball zuerst mit ein paar kurzen Pässen gesichert und dann, sobald sich eine Lücke ergab, vertikal nach vorne gespielt. Besonders im Zusammenspiel von Nagai, H. Sakai und Kiyotake funktionierte dieses Offensivspiel sehr gut. Kawamata konnte sich jedoch in der Mitte nie anbieten, wodurch das Spiel der Japaner oft „brotlose Kunst“ war.

In der 60. Minute kamen dann Honda und Kagawa für Nagai und Kiyotake. Besonders Kagawa übernahm sehr viel Verantwortung und zeigte sich im Vergleich zum Asian Cup stark verbessert. Seine Körpersprache war viel selbstbewusster, er suchte die Zweikämpfe und konnte so das Offensivspiel beleben. Da jedoch weiterhin kein Tor erzielt werden konnte, brachte Halilhodžić Usami und Okazaki für die eher schwachen Muto und Kawamata. Dieser Schritt wirkte und nur fünf Minuten später erzielte Okazaki nach einer Honda-Vorarbeit das 1:0. Obwohl die Wechsel alle positionsgetreu waren, veränderte der Trainer damit seine Taktik. Die Verteidigung stand nun viel defensiver und die verbleibenden Offensivspieler hatten nun keine festen Positionen mehr, sondern attackierten ständig den ballführenden Gegenspieler, liefen die nächstgelegenen Schnittstellen an und ordneten sich, sofern sie nicht angespielt wurden, sofort wieder im Mittelfeld ein, um sich bei der nächsten Gelegenheit wieder anzubieten.

Somit wurde eine sehr spezielle Kontertaktik in das System eingebaut, für die die Japaner früher in Asien berühmt waren. Nur fünf Minuten nach dem ersten Tor erhöhte Honda auf 2:0. Danach wurden noch Uchida und Konno für H. Sakai und Yamaguchi eingewechselt, doch es änderte sich nichts mehr am Ergebnis. Japan besiegte in Oita Tunesien mit 2:0.

Japan – Usbekistan 5:1

Das zweite Freundschaftsspiel gegen Usbekistan wurde mit einer komplett umgestellten Startelf bestritten. Nun durften Kawashima – Uchida, Shoji, Morishige, G. Sakai – Konno, Aoyama, Kagawa – Honda, Okazaki, Inui beginnen.

Die taktische Ausrichtung war ähnlich der Anfangsphase gegen die Tunesier, wobei hier schon nach sechs Minuten das erste Tor fiel. Nach einer Ecke erzielte Aoyama mit einem Kunstschuss sein erstes Tor im Nationaldress. Das Spielsystem funktionierte ein bisschen besser als im ersten Freundschaftsspiel, was unter anderem daran lag, dass Okazaki für das Pressing an vorderster Front besser geeignet ist als Kawamata. Die Japaner konnten einige Chancen herausspielen und die Strategie, die Usbeken aus der eigenen Hälfte herauszuhalten ging perfekt auf.

Zur Pause wechselte Halilhodžić trotzdem Mizumoto für Konno und Ota für Uchida ein. Während der erste Wechsel positionsgetreu ablief, wechselte G. Sakai auf die andere Seite um Ota auf der linken Spielfeldseite Platz zu machen. Nun wurde wieder die Taktik der 2. Hälfte des Spiels gegen die Tunesier angewendet, wobei mit fortschreitender Spieldauer auch ein stärkerer Fokus auf das Defensiv- und Konterspiel gegeben war. Schon nach knapp zehn Minuten zeigte sich der erste Erfolg als Okazaki eine Ota-Flanke zum 2:0 verwandelte.

Mit den weiteren Wechseln Usami für Inui, Shibasaki für Kagawa und Osako für Honda wurde nun ein unheimlich extremes Spiel vollzogen. Shoji, Morishige und Mizumoto bildeten nun situativ eine Dreierkette, vor der Aoyama als Abräumer agierte. G. Sakai und Ota waren defensiv meist ebenfalls im Strafraum zu finden, sprinteten aber abwechselnd bei den Kontern mit nach vorne. Die Offensivspieler Usami, Shibasaki, Osako und Okazaki hatten nun keine festen Positionen mehr, sondern attackierten im Kollektiv die ballführende Seite der Usbeken. Ein Musterbeispiel für dieses etwas riskante Spiel ist des 3:0, welches Shibasaki in der 79. Minute erzielte.

Doch quasi im Gegenzug traf der Verteidiger Islom Tukhtakhodjaev für Usbekistan und stellte den Zwei-Tore-Abstand wieder her. Kawamata wurde nun für Okazaki eingewechselt und fand nun endlich die Räume, die er gegen Tunesien vermisste. In der 83. Minute traf erzielte Usami nach einem schönen Solo zum 4:1 und kurz vor Schluss machte Kawamata noch das 5:1 per Kopf. Somit besiegte Japan in Tokyo Usbekistan mit 5:1.

Fazit

Halilhodžićs Debüt als Trainer der japanischen Nationalmannschaft scheint gelungen zu sein. Er konnte beide Spiele gewinnen und überzeugte dabei vor allem mit seiner Experimentierfreudigkeit. Während die letzten Trainer meist nur eine gewisse Anzahl an Spielern ausprobierten, versuchte er von Anfang an möglichst viele Spieler kennenzulernen und so die am besten für sein Spielsystem geeigneten Spieler zu finden. Schon bei Algerien zeigte er ein besonderes Gespür dafür Legionäre und in der heimischen Liga aktive Profis gleich zu behandeln und eine faire Verteilung der Einsatzzeiten vorzunehmen. Außerdem gefällt einigen Fans, dass es sich mit der traditionellen Spielweise Japans beschäftigte und sie mit seinem defensiven Konterspiel adaptierte.

Spieler wie Usami und Fujihara konnten debütieren und andere wie Yamaguchi, Aoyama, Makino oder Nagai wurden zurückgeholt. Auch bei diesen Entscheidungen zeigen sich die Fans eher erfreut, da diese Entwicklung zeigt, dass unter Halilhodžić ein Neuanfang beginnt, bei dem jeder Spieler gleiche Chancen hat. Über das Spielsystem kann man noch nicht viel sagen, da sich noch zeigen muss, ob das sichere Aufbauspiel auch gegen pressingstarke Mannschaften funktioniert und besonders ob das riskante Chaospressing auch in wichtigen Spielen praktiziert wird. Diese Fragen werden frühestens Anfang Juni geklärt, wenn für Japan die Qualifikation für die WM 2018 und den Asian Cup 2019 beginnt.

Andreas Mejavsek, abseits.at

Andreas Mejavsek

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert