In der Theorie sah alles ganz einfach aus. Nachdem die hügelige Basilikata durchquert wurde, sollten die letzten 40 Kilometer im flachen Apulien auch keinen... Groundhopping: Italiens temperamentvoller Süden (2)

In der Theorie sah alles ganz einfach aus. Nachdem die hügelige Basilikata durchquert wurde, sollten die letzten 40 Kilometer im flachen Apulien auch keinen großen Aufwand mehr darstellen. Doch da haben wir die Rechnung ohne eine Straßensperre zur Autobahn gemacht, was dann bedeutete, im Dunkeln über apulische Feldwege mit Wannen und Schlaglöchern zu fahren. Garniert wurde dieses Abenteuer noch dadurch, dass unser Wagen, in der einzigen Ortschaft weit und breit, noch von einem Rudel wildgewordener Hunde angegriffen wurde.

S.S. Audace Cerignola – FC Crotone 4:2 (0:2)

Somit erreichen wir das in der Provinz Foggia liegende Cerignola doch erschöpft und mit etwas Verspätung, aber immerhin unversehrt. Unser Zeitpolster war zum Glück so groß, dass sich der Anpfiff im Stadio Domenico Monterisi noch rechtzeitig ausgehen sollte. In einem Spiel der Serie C, Girone C, traf der S.S. Audace Cerignola auf den FC Crotone. Die Gäste aus Kalabrien sind als ehemaliges Serie A-Team wohl eher ein Begriff, als Audace Cerigola. Aber auch die Gastgeber müssen sich in keiner Weise verstecken, haben sie doch neben einer guten Mannschaft auch ein nettes Kleinstadion und eine sehr gute Fanszene.

Vor 1.867 Zuschauer legen die beiden Fanblöcke Audaces auch richtig los und überzeugen mit tollen Choreographien. Auf der Gegentribüne gibt es zwar keinen lautstarken Support, dafür aber zu Beginn eine Rauch- und Pyroshow. Die Curva Sud sorgt für den lautstarken Support und hat zusätzlich auch Fahnen und Pyrotechnik dabei. Apropos dabei. Das ist auch eine Abordnung aus Crotone, die mit rund 30 Mann einen kompakten Block bildet. Das ist auch ganz in Ordnung, haben sie doch eine eher beschwerliche Reise aus Kalabrien nach Apulien auf sich genommen.

In einer ausgeglichenen Partie hatte Crotone das Momentum in der ersten Spielhälfte auf seiner Seite. Gonnelli befördert in der 26.Minute einen Stanglpass ins eigene Tor und als D’Ursi in der 40.Minute per Kopf gegen Laufrichtung des Tormanns auf 2:0 erhöht, scheint Crotone, das in der Tabelle auch im oberen Tabellendrittel und damit vor dem Mittelständler aus Ceringnola liegt, auf der Siegerstraße zu sein.

Auch nach dem Seitenwechsel sind die Gäste aus Kalabrien Spielbestimmend. Dies ändert sich erst, als ein Befreiungsschlag der Verteidigung Audaces an der Strafraumgrenze Crotones landet und Malcore aus 17 Metern einfach abzieht und zum Anschlusstreffer Cerignolas trifft. Danach ist Audace wie ausgewechselt und übernimmt das Kommando. Immer wieder Stürmer Filippo D’Andrea gesucht und er ist auch in der 78.Minute zu Stelle, als einen Schuss von der Strafraumgrenze zum Ausgleich im Tor unterbringen kann.

Es scheint nun so, als wären beide Teams mit der Punkteteilung zufrieden, doch in der 89.Minute kommt erneut ein weiter Ball Cerignolas auf die linke Seite. Von dort wird der Ball aufs Tor geschossen, wo ihn Crotones Keeper nur abklatschen kann. D’Andrea steht goldrichtig und hat keine Mühe die erstmalige Führung Audaces zu erzielen.

Crotone wirft in der Nachspielzeit nun alles nach vorne, um doch noch einen Punkt zu ergattern. Doch solche Unterfangen sind selten von Erfolg gekrönt. Cerignola bekommt nun viel Platz und weiß diese Räume auch zu nutzen. Ein erneuter Angriff über die linke Seite landet im Strafraum bei D’Andrea, der in der sechsten Minute der Nachspielzeit nun so viel Platz hat, dass er sich den Ball gemütlich herrichten kann, um den Endstand von 4:2 zu erzielen.

Der Stadionsprecher ist nun völlig aus dem Häuschen und feiert den Hattrick-Schützen „Bippo“ D´Andrea enthusiastisch. Dies auch völlig zu Recht. Die Verabschiedung der Mannschaft bekommt dann natürlich zu einem völlig unerwarteten Freudenfest, das wir natürlich genießen. Aber wir können auch mit Crotone mitfühlen, dessen Spieler beim Abgang eigentlich nicht wirklich wissen, wieso diese Begegnung doch eine so unerwartete Wendung genommen hat. Aber so ist eben Fußball, wo es immer wieder Überraschungen gibt und nicht unbedingt immer das bessere Team als Sieger vom Platz geht.

Don Uva Calcio 1971 – AS Troia 1967 4:1 (2:1)

Da unser Rückflug aus Bari erst am Nachmittag des Sonntags stattfand, gab es noch die Möglichkeit am Vormittag einem Spiel der sechstklassigen Promozione Puglia, Girone A, beizuwohnen. Das Spiel in Molfetta kam wegen des späten Spielbeginns um 11.30 Uhr leider nicht in die Ziehung, sodass wir uns nach Trani begeben wollten, wo ein beeindruckendes Stadion steht. Da Trani allerdings nicht in diesem, sondern im 50 Kilometer entfernten San Ferdinando antrat, blieb nur mehr eine Option offen. Dies war das Spiel Don Uva Calcio 1971 gegen AS Troia 1967. Der Austragungsort war das Campo Sportivo Comunale „Francesco di Liddo“. Dieses Stadion befindet sich im Zentrum der Stadt Bisceglie.

In Bisceglie befindet sich auch das Stadio Gustavo Ventura, wo vor einigen Jahren noch in der Serie C gespielt wurde. Derzeit ist der AS Bisceglie allerdings nur mehr fünftklassig in der der Eccelenza Puglia unterwegs. Dieses Stadion muss so, wie die weiteren bekannten Spielstätten an der Küste nördlich von Bari, wie etwa Bitonto, Trani, Molfetta oder Barletta, noch etwas gedulden, bis es unsererseits besucht werden wird.

Vor etwa 150 Zuschauern erwischen die Gastgeber in diesem Duell zweier Mittelständler den besseren Beginn. Camporeale ist mit einem Doppelschlag in der 15. und 20.Minute zur Stelle und so hat Don Uva eine komfortable Führung, ehe Iddi eine Minute vor dem Halbzeitpfiff für Troia verkürzen kann.

Verkürzt wird uns die Pause dadurch, dass eine örtliche Pizzeria heute Kostproben zur Verfügung stellt, die von emsigen Mitarbeiterinnen des Vereins unter die Zuschauer gebracht werden. Da es etwas mehr Pizzastücke als Zuschauer gibt, kommen wir sogar in den Genuss einiger Kostproben.

Fünf Minuten nach dem Wiederbeginn sorgt Preziosa für das 3:1 des Teams aus Bisceglie und somit ist der alte Zwei-Tore-Vorsprung. Dieser Treffer sollte das Spiel auch schon vorentscheiden, denn danach gibt es in der Mittagssonne bei durchaus angenehmen Temperaturen um die 15°C Ende Jänner schon etwas Sommerfußball.

Wir entscheiden uns 15 Minuten vor dem Spielende das Gelände zu verlassen, um am Flughafen und rund um die Mietwagenrückgabe in keine Stresssituation zu gelangen. Mit diesem Unterfangen sind wir sehr erfolgreich, sodass wir zeitgerecht am Gate des Flughafens in Bari eintreffen. Dort erfahren wir, dass Lorusso in der zweiten Minute der Nachspielzeit mit seinem Tor für den Endstand von 4:1 für Don Uva gesorgt hat. Diesen Treffer verpasst zu haben, ist aber – nach all den Eindrücken der letzten beiden Tage – verkraftbar.

Es folgen Impressionen, die sich per Klick vergrößern lassen:

 

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.