Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (87) – Liebe Beteiligte des Spiels PSG gegen Basaksehir!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an die Spieler, den Staff und die Verantwortlichen der Vereine PSG und Basaksehir…

Liebe Spieler von Paris Saint German und Basaksehir, liebe Verantwortliche der Klubs!

„Es geht hier jetzt auch in eine ganz unschöne Richtung.“, hat der Kommentator eines TV-Senders diese Woche anlässlich der Tumultbildung beim Champions League-Spiel eurer beiden Mannschaften gesagt. Was war passiert? Aufgeregt rief der Istanbuler-Assistenztrainer, der frühere kamerunische Nationalspieler Pierre Webo, dem Vierten Offiziellen Sebastian Coltescu immer wieder: „Why [do] you say Negro?“ zu. Schließlich seid ihr – unter Begleitung – von Applaus in die Kabinen gegangen und das Spiel wurde abgebrochen.

Das war ein echtes Zeichen gegen Rassismus. Es schlug vor allem im Internet Wellen, denn seien wir ehrlich: „Say no to rascism!“ war lange Zeit eine ungehörte Parole in der Fußballwelt. Genauso wie der Kampf gegen Homophobie und Sexismus in den Stadionsektoren erst jetzt begonnen hat, wurde Xenophobie lange Zeit weitgehend ungeniert als Spielart einer rauen Männerwelt verkauft. Von Worten bis zu Taten dauerte es Jahrzehnte. Gerade deswegen war euer Einsatz in einem Spiel, in dem es um sehr viel Geld ging/geht, so wichtig. Die pure Verweigerung mitzumachen ist immer noch die effektivste Art Protest zu üben.

Als TSG-Mäzen Präsident Hopp einst mit Schmährufen beleidigt wurde, waren die Beteiligten rasch bemüht die Wogen zu glätten. Bayern-Spieler Thomas Müller tat virtuell kund, dass sei nicht der Fußball, den „wir“ „uns“ wünschen und verwunderte damit viele Fans, die sich fragten, wieso Fußballmillionäre sich problemlos für einen Milliardär einsetzen, aber Angriffe auf deutlich Schwächere meist nicht mit der gleichen Entschlossenheit zurückwerfen. Das ist natürlich ein Punkt, der stutzig macht.

Gemeinsam haben diese Arten des Protests aber die Öffentlichkeitswirksamkeit: Ihre Durchführung straft all diejenigen Lügen, die behaupten, so etwas würde nicht gehen. So etwas sei unmöglich. Nie würden alle in einer solchen Situation an einem Strang ziehen. Ihr habt das Gegenteil bewiesen und dafür bin ich euch dankbar. Es zeigt, wie sensibel die Gesellschaft geworden ist. Es zeigt, dass Worte nicht nichts bedeuten, sondern Ausdruck von Machtverhältnissen sind, die unser Denken prägen. Tja, womit wir wieder bei der Bundeshymne wären.

Es dankt euch

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag