Acht Punkte aus sieben Spielen, die beiden Top-Teams Salzburg und Sturm noch vor der Brust – Rapid verpatzte den Saisonauftakt auf nationaler Ebene mit... Analyse: Rapid, die Struktur, zu kurze Druckphasen und das „M-Wort“

Acht Punkte aus sieben Spielen, die beiden Top-Teams Salzburg und Sturm noch vor der Brust – Rapid verpatzte den Saisonauftakt auf nationaler Ebene mit dem 1:2 gegen die Admira nun endgültig.

Wie schon nach den bisherigen Saisonniederlagen gegen Hartberg und Altach verfiel man auch nach der Pleite gegen die Südstädter in Unverständnis. Man hätte „den Sack früher zumachen müssen“, konstatierte Rapid-Coach Kühbauer. Eine etwas oberflächliche Herangehensweise an größere strukturelle Probleme, die Rapid auch gegen die Admira wieder offenbarte.

Denkbar schlechter Zeitpunkt

Das dichte Programm vor der Länderspielpause wollte Kühbauer nicht als „Ausrede“, sondern vielmehr als „Auflistung von Fakten“ verstanden wissen. Die körperliche Belastung war phasenweise zu groß, speziell wenn nur drei Tage Pause zwischen zwei Spielen waren. Zudem konnte Rapid nie wirklich trainieren, sondern war primär mit Regeneration beschäftigt. Das 1:2 gegen die Admira unmittelbar nach der Länderspielpause kommt natürlich zu einem schlechten Zeitpunkt, denn nun fallen plausible Ausreden und auch die „Fakten“ noch mehr flach, als sie in der öffentlichen Wahrnehmung ohnehin schon kritisiert wurden. Im Zuge der rasanten Entwicklung von Trainingsmethoden, Regenerationshilfen, medizinischer Optionen, Ernährung und vielen anderen Studien ziehen die gerne herangezogenen „jeder, der schon mal selbst Fußball gespielt hat“-Argumente in der Öffentlichkeit nicht mehr so wie früher…

Weit weg von „Sack zu“

Auch wenn einige Rapidler in der Länderspielpause bei ihren Nationalteams aktiv waren, standen gegen die Admira acht Spieler in der Startelf, bei denen das nicht der Fall war. Grundsätzlich konzeptuelle Probleme führten schließlich dazu, dass Rapid weit davon entfernt war, „den Sack zuzumachen“. Tatsache ist hingegen, dass die Hausherren das Spiel beim Stand von 1:1 weitgehend dominierten, aber nur dreimal richtig gefährlich wurden, ehe das 1:2 zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt fiel.

Problem in zweiter Pressinginstanz

Wie so oft wäre der logische Schlüssel noch größerer Druck gewesen. Den konnte Rapid aber nicht aufbauen und die Dreifachsechs der Admira schaffte es immer wieder sich zu befreien und mit tiefen Bällen in die Spitze zumindest phasenweise Nadelstiche zu setzen. Gründe dafür gab es mehrere. Unter anderem, dass Rapid in zweiter Pressinginstanz weiterhin nicht mannschaftlich geschlossen agiert. Da und dort liefen die Hütteldorfer gut an, aber wenn die Admira die erste Pressinginstanz der Wiener überspielte, fand man sofort Räume vor, weil Rapid gerade im Zentrum nicht gut nachrückte und die Abstände im Spiel gegen den Ball deutlich zu hoch waren.

Zu kurze Druckphasen

Hierbei handelt es sich um ein Problem, das sich bereits länger hinzieht. Es kam in den letzten Jahren äußerst selten vor, dass Rapid einen Gegner auf längere Dauer „jagt“. Man kreiert immer wieder Phasen, in denen die gruppentaktischen Abläufe im Pressing gut funktionieren, aber über eine volle Spieldauer – oder zumindest eine längere Phase, ehe man für eine Entscheidung sorgen könnte – gelingt dies kaum. Weiterhin mangelt es hier also an „kämpferischen Automatismen“, die eine Grundvoraussetzung sein sollten, gegen die Admira aber wieder weitgehend fehlten.

Zu wenige spielerische Lösungen und Überraschungsmomente

Auch mit dem Ball mangelte es an Ideen. Kelvin Arase startete gut in die Partie, hatte einige gute Balleroberungsmomente, aber auch den offensiv nur selten wirklich dynamischen Thorsten Schick hinter sich. Aber nicht nur die rechte Seite sorgte zu wenig für Gefahr bzw. fand zu wenige Lösungen. Auch die dynamischere linke Seite mit Ullmann und Grüll war nicht zielstrebig genug, versuchte es häufig mit dem Kopf durch die Wand, anstatt die Admira-Schnittstellen mit mehr spielerischer Dynamik zu bespielen. Häufig verspielte sich Rapid am gegnerischen Strafraum im „Handball-Stil“, was angesichts der möglichen Verlagerungssituationen nicht schlecht sein muss, allerdings fehlte es in letzter Instanz erneut an klarer Marschrichtung. Etwa beim unüberlegten Abschluss von Thorsten Schick nach cleverem Pass von Ercan Kara.

Rapid ist zu einfach zu verteidigen

Unterm Strich ist Rapid derzeit einfach leicht ausrechenbar und die Gegner wissen, dass man den Wienern die Schneid abkaufen kann, wenn man ihnen mit ausreichend Robustheit begegnet. Die Abläufe, mit denen sich Rapid vom Flügel zur Mitte kombiniert, sind stets recht ähnlich, es gibt nur wenige Überraschungsmomente und in der Zentrale ist es die halbe Miete, Ercan Kara gut zuzustellen. So brachte es Rapid nur auf fünf Schüsse aufs Tor, davon einen aus einem Freistoß, der zum 1:0 führte. Zu wenig gegen einen individuell unterlegenen Gegner mit einem durchschnittlichen Feldspieleralter von nur 23,3 Jahren.

24 weite Bälle aus der Innenverteidigung heraus

Auch wenn die Doppelsechs von Rapid mit Grahovac und Petrovic diesmal etwas stärker agierte, als man es in einigen der letzten Spiele sah, verfiel Rapid auch wieder in ein Aufbauproblem, spielte aus der Innenverteidigung heraus 24 weite Pässe, anstatt sich unaufgeregt und mit kühlem Kopf, Schritt für Schritt durch die Linien zu kombinieren. Die Admira trachtete nicht danach, Rapid auf die Seiten zu lenken, sondern ließ es zu, dass der Gegner den Aufbau durch die Mitte suchen konnte. Durch die Dreifachsechs und das Loch Rapids zwischen Sechser- und Zehnerraum konnte man immer wieder Etappensiege in der Balleroberung feiern und das Spiel beruhigen. Rapid schaffte es nie, die Admira über längere Zeiträume zu stressen und das schlug sich schließlich auch in der Körpersprache der Gastgeber nieder.

Das ungeliebte M-Wort

Neben all den taktisch-spielerischen Baustellen, die sich gegen die Admira wieder offenbarten, ist es für den Rapid-affinen „Normalo“ am wenigsten verständlich, warum man nun unweigerlich und schon wieder die leidige Mentalitätsfrage stellen muss. Rapid bäumte sich einfach nicht ausreichend auf, war in manchen Situationen nicht hungrig genug, ließ sich vom zähen Spielverlauf eher herunterziehen, als noch ein Schippchen draufzupacken. Hier muss sich jeder Spieler selbst hinterfragen – vor allem die, die in absehbarer Zeit von einem großen Transfer träumen. Im Vergleich zu den Heimspielen im Europacup hatte man nämlich nur bei wenigen Akteuren das Gefühl, dass sie auf das „täglich Brot Liga“ besonders heiß waren…

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen