Am neunten Spieltag der österreichischen Bundesliga, kam es zum vermeintlichen Spitzenspiel zwischen Red Bull Salzburg und der Wiener Austria. Für die Bullen war das... Analyse: Salzburgs B-Elf fertigt die Austria ab

Am neunten Spieltag der österreichischen Bundesliga, kam es zum vermeintlichen Spitzenspiel zwischen Red Bull Salzburg und der Wiener Austria. Für die Bullen war das die Generalprobe vor dem Auftritt beim Champions-League-Sieger Liverpool und man wollte nicht nur zusätzliches Selbstvertrauen tanken, sondern auch den zweiten Wiener Verein innerhalb kürzester Zeit bezwingen. Dass diese Begegnung kein Topspiel mehr ist, liegt vordergründig an der Austria, die sich in einer handfesten Krise befindet. Nach dem Heimerfolg gegen Altach, folgte ein blamabler Auftritt im Cup gegen Wattens, wo man sang- und klanglos mit 2:5 unterging. Daher lautete die Devise für das Spiel beim Meister, so gut es geht Schadensbegrenzung zu betreiben.

Fünferketten hüben wie drüben

Es gibt wesentlich einfachere Aufgaben, als auswärts beim Liga-Krösus Red Bull Salzburg antreten zu müssen. Doch für die Wiener Austria kam dies ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als man unter der Woche mal wieder einen kräftigen Nackenschlag abbekam und folglich mental am Boden lag. Aus dieser Resignation und Tristesse musste Austria-Trainer Ilzer einen Ausweg finden und eine Lösung präsentieren, um gegen die Salzburger nicht völlig unter die Räder zu kommen. Man entschied sich daher eine Systemumstellung vorzunehmen, um die eigene Defensive zu verstärken und zu stabilisieren, die sich gegen Wattens in einem katastrophalen Zustand präsentierte.

Ilzer wählte daher ein 5-Raute-1 System als Grundordnung aus und versuchte damit, die Stärken der Salzburger besser bändigen zu können. Überraschenderweise rückte Kapitän Grünwald in die Zentrale der Fünferkette, was der Blondschopf bereits in der letzten Saison anlernen durfte. Der Matchplan dahinter war recht klar: Mit der Fünferkette und den vier Mittelfeldspielern davor, sollte eine enge und kompakte Formation ermöglicht werden, um die Räume für den Gegner so gut es geht zuzustellen und ihn vor allem aus dem Zentrum fernzuhalten.

Strategisch wichtig war es für die Violetten daher, die Salzburger Offensivspieler in den Griff zu bekommen und sie in Manndeckung zu nehmen. Das fing schon bei den zwei Halbspielern Jeggo und Prokop an, die für den Halbraum zuständig waren und die einrückenden Okugawa und Ashimeru im Auge behalten und auch mal verfolgen sollten. Die drei Innenverteidiger waren angehalten, aktiv aus ihren Positionen nach vorne zu stechen und die Fallbewegungen von den Stürmern aufzufangen, damit diese nicht aufdrehen und nur unter Druck die Bälle prallen lassen konnten. Mit dieser strategischen Ausrichtung und den vielen (losen) Mannorientierungen, sorgte man für eine klare und unkomplizierte Zuordnung, wo jeder sein Aufgabengebiet kannte.

Zusammen mit den beiden Flügelverteidigern Klein und Cavlan, die ihre gegnerischen Positionskollegen übernahmen und „Zehner“ Fitz, der Sechser Camara deckte, hatten quasi alle Violetten direkte Gegenspieler (nur Monschein versuchte  die Passwege ins Zentrum abzudecken). Damit wollten die violetten Gäste das Spiel der Dreierkette der Salzburger auferlegen und diese zu Lösungen zwingen, den dicht gestaffelten Abwehrverbund zu destabilisieren. Zu Beginn gab es auch situativ 5-2-3 Staffelungen bei der Austria zu sehen, sofern man etwas weiter nach vorne als Verbund stand und Prokop auf eine Höhe mit den beiden Offensivkräften Fitz und Monschein rückte, um die Passwege für die Dreierkette nach vorne zuzustellen.

Mit diesen beiden Varianten, konnte die Austria den Salzburgern das Leben im Ballbesitzspiel in der Anfangsphase doch ziemlich erschweren. Auftrieb gab den Wienern vor allem der frühe Führungstreffer nach nur zwei Spielminuten, als nach einem schönen Angriff Vallci das Spielgerät im eigenen Kasten der Gastgeber unterbrachte. Das gab den Violetten einen zusätzlichen Schub und man zeigte sich bissig und engagiert in den Zweikämpfen. Die Salzburger hatten in ihrem neuen 3-3-2-2 artigen System zunächst Schwierigkeiten, in ihren gewohnten Rhythmus zu kommen. Die Austria verdichtete das Zentrum mit sieben Spielern, drei Innenverteidigern und vier zentrale Mittelfeldspielern, recht gut und zwang die Gastgeber dazu, über den Flügel für Lösungen zu sorgen. Situativ konnte man mit den andribbelnden Halbverteidigern die Defensivformation der Austria destabilisieren, doch der Gegner stellte sich auch darauf ein und setzte die eigenen Achter darauf an, um diese Vorstöße zu unterbinden. Die Folge war, dass die Bullen zwar viel Ballbesitz hatten, jedoch kaum in die gefährlichen Zonen kamen.

Da für Salzburg das Zentrum durch den dichtgestaffelten und mannorientierten Block der Austria wenig Raum vorhanden war, versuchten die Gastgeber über die Flügelzonen nach innen zu kommen. Die beiden Halbverteidiger standen sehr breit und speziell Ramalho agierte oft quasi wie ein Rechtsverteidiger, um die Austria aus dem Zentrum hin zum Flügel zu locken. Doch auch das klappte nicht so wirklich und hatte stattdessen Auswirkungen auf die Konterabsicherung der Bullen, da nun sehr viele Salzburger vor dem Ball standen. Die Austria spielte nach Ballgewinn schnell und schnörkellos nach vorne und suchte immer wieder den pfeilschnellen Monschein, der dem Gegner in den Umschaltmomenten wehtun sollte. Das gelang auch einige Male und die Austria bekam auch die Möglichkeiten auf 2:0 zu stellen. Unter anderem kam nach einem Eckball Cavlan völlig frei am Elfmeterpunkt zum Abschluss und setzte den Ball über das Tor, während Stankovic einen schönen Konter der Austria und einen Fitz-Schuss sehenswert parieren konnte. Wenige Augenblicke später fuhr die Austria über Monschein einen weiteren Konter in Überzahl, der Stürmer brachte den Ball jedoch nicht auf den mitgelaufenen Fitz, der alleine vor dem Torhüter aufgetaucht wäre.

Ramalho rückt auf die Sechs

In dieser Phase wackelten die Salzburger gewaltig und von der eigenen Stabilität und offensiven Durchschlagskraft war wenig zu sehen. Salzburg-Trainer Marsch war daher dazu gezwungen, Adaptionen vorzunehmen und Abstand von der Systemumstellung auf die Fünferkette zu nehmen. Innenverteidiger Ramalho wurde neben Camara auf die Sechs beordert, um für eine verbesserte Konterabsicherung zu sorgen und die Umschaltmomente der Austria besser in den Griff zu bekommen. Damit kehrte man zum nominellen 4-2-2-2 System zurück und erhoffte sich, das eigene Spiel stabilisieren zu können. Und tatsächlich war es dann auch so, dass sich die Spieler plötzlich wohler fühlten. Durch die verbesserte Konterabsicherung, konnten sich die beiden Offensivspieler Okugawa und Ashimeru etwas freier und sorgloser bewegen, da hinter ihnen nun zwei Sechser im Gegenpressing zur Stelle waren und für eine verbesserte Struktur sorgten.

Ashimeru nutzte diese neu gewonnene Freiheit prompt dazu aus, sich aus der Etappe mit einem dreifachen Doppelpass und mittels Direktspiel durch das engmaschige Netz der Austria durchzuspielen und alleine vor dem Tor das 1:1 zu erzielen. Da blitze die individuelle Qualität der Salzburger auf und die Gäste waren dagegen schlicht machtlos, obwohl man in einer klaren Überzahl agierte. Dieser Gegentreffer brachte die Defensive der Violetten ins Wanken und man geriet plötzlich in einige Konterangriffe der Gastgeber, die man Verteidigen musste. Lucic rette noch in höchster Not gegen Okugawa und verhinderte den Rückstand, ehe einige Minuten später ein weiterer Konter kurz vor der Halbzeitpause zum 2:1 der Salzburger führte. Die Austria wurde damit quasi mit den eigenen Waffen geschlagen und ging trotz guter 30 Minuten letztlich mit einem Rückstand in die Kabine.

Austria findet nicht mehr zurück in die Spur

Nach dem Wiederanpfiff kehrten die Bullen überraschenderweise wieder mit der Anfangsformation und dem 5-3-2-2 zurück, obwohl man in dieser Grundordnung einige Probleme hatte. Vermutlich wollte man im Hinblick auf das Liverpool-Spiel diese Variante verfeinern und weiter ausprobieren, um es unter Wettkampfbedingungen austesten zu können. Und nach dem Wiederanpfiff und der Führung im Rücken, wirkte das gesamte Konstrukt nun auch wesentlich stabiler. Die Dreier/Fünferkette agierte proaktiver in der Konterabsicherung und deckte die beiden Umschaltspieler des Gegners Fitz und Monschein enger und man konnte vor allem nach Ballverlust das Spielgerät in der gegnerischen Hälfte rascher zurückgewinnen, da nicht mehr so viele Spieler vor dem Ball positioniert wurden.

Wie reagierte die Austria auf den Rückstand? Man war schlicht zu limitiert, um dem Gegner noch mehr Paroli bieten zu können. In Ansätzen zeigte man immer wieder schöne Passstafetten und speziell über den spielerisch starken Bokrovic konnte man im Spielaufbau auch Löcher beim Gegner generieren. Allerdings fehlte es im Anschluss oft an einer passenden Folgeaktion und die gesamte Last lag quasi auf den Schultern von Fitz, der jedoch zu wenig Unterstützung von seinen Mitspielern bekam, da auch der formstarke Monschein nicht seinen besten Tag erwischte und nicht wirklich spritzig wirkte.

Die Folge der mangelnden Entlastungsangriffe und der vermehrten Ballverluste in der eigenen Hälfte war, dass die Salzburger die Partie völlig unter ihre Kontrolle brachten und über die bestens aufgelegten Ashimeru, Okugawa und Koita mit individuellen Aktionen immer wieder für Gefahr sorgten. Kurz nach dem Wiederanpfiff setzte Koita mit einem schönen langen Pass Okugawa in Szene, der Lucic sehenswert zum 3:1 überheben konnte. Damit war auch der letzte Bann der Austria gebrochen und es war klar, dass die Salzburger als Sieger vom Feld gehen würden. Austria-Torhüter Lucic konnte mit einigen Paraden lange Zeit eine höhere Niederlage verhindern, ehe ein Cavlan-Fehler zum 4:1 durch Koita führte, der den Schlusspunkt in dieser Partie bedeutete.

Fazit

Was bleibt für die Austria nach diesem 1:4 zu sagen? Man zeigte sich zuallererst im Vergleich zum Cupspiel immerhin stark verbessert und präsentierte ein anderes Gesicht, was allerdings auch nicht wirklich schwer war. Das Defensivkonzept und der ausgedachte Matchplan mit der Fünferkette funktionierte über weite Strecken der ersten Halbzeit recht gut und man konnte damit die eigene Defensive merklich stabilisieren. Die Schlüsselszene in diesem Spiel war sicherlich die vergebene Möglichkeit auf das 2:0, wodurch man die Chance auf einen Punktegewinn drastisch erhöht hätte. Letztlich konnte man jedoch der individuellen Klasse der Salzburger zu wenig entgegensetzen und nach dem Rückstand fehlte es der angeschlagenen Austria an Glaube, um das Ruder doch noch rumreißen zu können. So endete dieses Spiel in einer standesgemäßen deutlichen Niederlage und setzt sich die Talfahrt der Wiener weiterhin fort.

Und bei den Salzburgern? Diese bewiesen, dass selbst der zweite Anzug in der Liga wohl ausreichen würde, um letztlich den Titel einfahren zu können. Spieler wie Ashimeru, Okugawa und Koita zeigten ihre Klasse und drückten dem Spiel ihrer Mannschaft den Stempel auf, wodurch man letztlich komfortabel gewinnen konnte – auch wenn man die erste halbe Stunde nicht gut spielte. Das ausgetestete 5-3-2-2 bedarf noch einiger Nachjustierungen, sofern man dieses System gegen Liverpool zum Einsatz bringen möchte, wobei in der Champions League natürlich das beste Personal auf dem Feld stehen würde. Erfreulich ist jedenfalls, dass Innenverteidiger Pongracic sein Comeback feiern konnte und damit ein potenzieller Schlüsselspieler wieder zur Verfügung steht.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic