Red Bull Salzburg hat’s eine Runde vor Schluss geschafft. Das Mateschitz-Team holt mit einem 5:1-Auswärtserfolg in Wiener Neustadt den vierten Titel der Red Bull... Der Meister, der es werden wollte: Warum RB Salzburg Meister wurde und was daran gefährlich ist

Red Bull Salzburg hat’s eine Runde vor Schluss geschafft. Das Mateschitz-Team holt mit einem 5:1-Auswärtserfolg in Wiener Neustadt den vierten Titel der Red Bull Ära. Böse Zungen behaupten, dass die Salzburger in einer unterdurchschnittlichen Bundesligasaison die Einäugigen unter den Blinden waren, aber der Titel kam dennoch nicht von ungefähr.

Die Qualität der Liga nahm über die letzten drei Jahre stetig ab – die Hauptkonkurrenten der Salzburger verloren zahlreiche Stützen an internationale Klubs und auch Salzburg konnte sich angesichts der sinkenden Attraktivität der Liga (zumindest auf nationaler Ebene, denn die internationalen Erfolge der Bundesligateams können sich sehen lassen) nicht mehr auf so hohem Level verstärken, wie in den Jahren zuvor. Das Spielermaterial der Roten Bullen war seinen Gegnern auf dem Papier weiterhin überlegen, aber eine gewisse Anpassung an das mittlere Liganiveau war kaum zu übersehen.

Moniz als guter Mentalstratege

Trotzdem wurden die Salzburger in den letzten Jahren immer wieder überraschend bezwungen. Die Austria schaffte es 2005/06, Rapid 2007/08, Sturm in der Vorsaison. Der einzige klar überlegene Meistertitel gelang den Bullen 2006/07, als man sich mit 19 Punkten Vorsprung auf die SV Ried durchsetzte. Es war nicht immer alles Gold was glänzte, aber in der Saison 2011/12 zweifelten die Experten dennoch kaum am letztendlichen Erfolg der Salzburger. Schließlich bewies Trainer Ricardo Moniz gutes Gespür für unruhige Situationen, nahm seine Mannschaft zu den richtigen Zeitpunkten aus der Schusslinie, lenkte das Medieninteresse auf sich, statt auf einzelne Spieler – und wurde schließlich mit einem außerordentlich starken Frühjahr belohnt, in dem Salzburg mittlerweile seit 15 Pflichtspielen unbesiegt ist.

„JA! Wir wollen Meister werden“

Auch einen psychologischen Vorteil hatten die Salzburger auf ihrer Seite, denn als einziger Verein wurde von Saisonbeginn an klar deklariert, dass man Meister werden möchte. Die ersten Verfolger gaben als Ziel „nur“ einen Europacupplatz aus, was in mehreren Phasen der Meisterschaft zu gefährlicher Zufriedenheit führte. Rapid hatte es mehrmals selbst in der Hand, Salzburg von der Tabellenspitze zu stürzen. Doch immer wenn man auf bittere Art und Weise in diesem Vorhaben scheiterte, versicherte man über die Medien, dass man ohnehin im Plan sei. Niemand außer den Salzburgern wollte sich selbst als „Challenger“ darstellen, schlechte Leistungen wurden von den Konkurrenten nicht ausreichend kritisiert, sondern mit Hilfe des Tabellenstands schöngeredet. Vor allem Rapid und die Austria erwiesen sich in dieser zweifelhaften Motivationsart als meisterlich. Am Ende wurde also das Team Meister, das tatsächlich Meister werden wollte.

Red Bull will Europa erobern

Doch damit erfüllten die Roten Bullen nur ihre Mindestpflicht. Anders als bei anderen Klubs ist bei Red Bull Salzburg der nationale Meistertitel Jahr für Jahr als Saisonziel ausgegeben. Die Bullen erreichten ihr Ziel, weil andere Vereine nicht dazu imstande waren, phasenbedingt umzudenken, etwa als Salzburg nach der 15.Runde nur auf Platz fünf lag, sieben Punkte Rückstand auf Tabellenführer Rapid hatte. Die größeren Ziele des Red Bull Konzerns sind klar: Man möchte in Europa Fuß fassen, wird dieses Unternehmen über kurz oder lang mit RasenBallsport Leipzig in Angriff nehmen. Bis jedoch die Leipziger europacuptauglich sind wird es noch einige Jahre dauern, auch weil die Pacult-Elf den Aufstieg in die 3.Liga am vergangenen Wochenende verpasste. Passive Begleiterscheinungen dessen könnten wiederum für Red Bull Salzburg in gefährlicher Unzufriedenheit gipfeln…

Fans mobilisieren? Es ist ja nicht Europa League…

…denn als Salzburg am Sonntag in Wiener Neustadt Meister wurde, interessierte es kaum jemanden. Etwa 200 Fans folgten der Mannschaft nach Niederösterreich, nachdem schon bei der vorentscheidenden Partie gegen Kapfenberg nur knapp 8.000 Zuschauer den Weg ins Stadion fanden, obwohl man wusste, dass der Titel im Falle eines vollen Erfolgs praktisch fix wäre. Während auf der großen Fußballbühne Millionen Menschen den ersten Meistertitel von Manchester City seit 44 Jahren verfolgten und Borussia Dortmund in Meisterschaft und Pokal Geschichte schrieb, ist es um den jungen Salzburger Klub, dessen Führungsriege stets um das perfekte Event für die ganze Familie bemüht ist, äußerst ruhig. Natürlich wird der Meistertitel nach dem letzten Spiel der Saison gegen die Admira in der Mozartstadt mehr oder weniger gebührend gefeiert werden – aber Meister wurde man eben schon gestern. Womöglich war es die Enttäuschung über den Misserfolg des Leipziger Liebkindes, vielleicht war es die Selbstverständlichkeit mit der dieser Titel aufgenommen zu werden schien – aber gerade für das Spiel in Wiener Neustadt, bei dem man in Salzburg davon ausgehen konnte, den Titel rechnerisch zu fixieren, wäre eine Aktion der Marke „Gratislava“ angemessen gewesen, um der Mannschaft eine gebührende Erstparty zu verschaffen. Es ist traurig genug, dass nur 200 Fans ihrer Mannschaft nachreisen, wenn diese den Titel einsackt, aber die Wertigkeiten des Vereins erweisen sich in derartigen Situationen (das meisterschaftsentscheidende Spiel im Vergleich mit einem vorentscheidenden Gruppenspiel in der Europa League) als äußerst fragwürdig.

Meistertitel darf nicht selbstverständlich sein

Klar, es ist „nur“ die österreichische Liga und der Titel ist für den Krösus dieser Liga absolute Pflicht. Aber es sei davor gewarnt einen solchen Erfolg als so selbstverständlich hinzunehmen, wie es in Salzburg eindeutig zu viele Leute taten. Um einen Tag wie den gestrigen zu sehr gering zu schätzen, ist die Zukunft der Bullen aus der Mozartstadt zu stark von Faktoren abhängig, die weder Trainer, noch Spieler, noch Fans beeinflussen können. An dieser Stelle möchte abseits.at Red Bull Salzburg zum Meistertitel gratulieren und empfiehlt Feierlichkeiten, die ob dieses großen Erfolges von Donnerstag bis Sonntag andauern mögen, wie es etwa Kevin Großkreutz vor einer extatischen „Gelben Wand“ im Berliner Olympiastadion – 500 Kilometer von Dortmund entfernt – im Namen seiner Mitspieler und ehemaligen Blockkollegen ankündigte!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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