Das erste von zwei Derbies in vier Tagen geht an den SK Rapid. Eine Derbyanalyse in zwei Akten von Dalibor Babic und Daniel Mandl.... Eine Derby-Analyse in zwei Akten

Das erste von zwei Derbies in vier Tagen geht an den SK Rapid. Eine Derbyanalyse in zwei Akten von Dalibor Babic und Daniel Mandl.

Personalsorgen und eine wacklige Defensive

Durch die vielen Ausfälle bei den Veilchen, blieben die Handlungsmöglichkeiten für Trainer Fink stark eingeschränkt. Dadurch gab es auch wenige Möglichkeiten, für Überraschungen zu sorgen, geschweige denn Experimente zu wagen. Im Vergleich zum Rijeka-Spiel rückten mit Alhassan, Lee, Prokop und Tajouri einige frische Kräfte in die Mannschaft, während Serbest erneut in die Verteidigung ausweichen musste, da Kadiri eine Pause benötigte.

Man lief erneut in einer 4-1-4-1-Anordnung auf, in welcher Holzhauser den alleinigen Sechser vor der Abwehr gab. Zunächst schien man zu Beginn eher auf Sicherheit bedacht und ließ Rapid erstmal kommen, um sich anzusehen, was der Gegner so anzubieten hatte. Man formierte sich gegen den Ball in einem tiefen 4-1-4-1 und versuchte die Abläufe sauber zu gestalten und einigermaßen kompakt zu stehen. Wie gewohnt agierte man dabei raumorientiert und bekam jeder Spieler seine Zonen zugewiesen, die er zu verteidigen hatte.

Jedoch war das Defensivspiel erneut mit einigen Problemen behaftet. Einerseits bekam man nicht immer ausreichend Druck auf den Gegenspieler und Rapid gelang es immer wieder sich mit wenigen Kontakten zu befreien, um dann das Spiel auf die andere Seite zu verlagern. Diese Problematik mit den vielen Seitenwechseln bekam man, wie bereits in den letzten Spielen, erneut nicht in den Griff und nach demselben Muster fing man sich auch erneut einen Gegentreffer ein.

Andererseits mangelte es an der passenden Absicherung der eigenen Angriffe, wodurch Rapid viele Kontergelegenheiten bekam und vor allem Schobesberger oft mit Tempo auf die Abwehr zulaufen konnte. Das lag vordergründig an der schlechten Balance und zu vielen Spielern vor dem Ball, wodurch man nicht so gut ins Gegenpressing kam. Aber auch Holzhauser blieb zu oft hinten hängen und rückte nicht gut nach, wodurch zwischen Abwehr und dem Rest immer wieder ein Loch klaffte.

Etwas besser sah es zumindest aus, als man nach ungefähr zwanzig Minuten vermehrt ins Pressing überging und höher attackierte. So konnte man immer wieder lange Bälle des Gegners erzwingen und auch einige gute Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte verbuchen.

Verbessertes Positionsspiel und bessere Anbindung des Zentrums

Nachdem vor allem die letzten beiden Spiele viele Probleme im Ballbesitzspiel der Veilchen offenbarten, war es zunächst spannend, ob und wie man diese Schwierigkeiten lösen will. Das Trainerteam schien dies ebenfalls erkannt zu haben und nahm dementsprechend einige Anpassungen vor. Zunächst einmal wurde das Abkippen von Holzhauser dosiert und dieser sollte den Sechserraum vermehrt besetzten, um für bessere Verbindungen und Stabilität im Zentrum zu sorgen.

Darüber hinaus übernahm der Südkoreaner Lee eine Schlüsselrolle im Aufbauspiel und sollte darin seine Stärken zur Geltung bringen. Er zeigte eine deutliche Steigerung im Vergleich zu seinen bisherigen Einsätzen – was sein Bewegungsspiel anbelangt – und sollte als Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Mittelfeld fungieren. Die lässt sich auch anhand des folgenden Bildes gut nachvollziehen:

Lee kommt entgegen und positioniert sich gut, kann dadurch angespielt werden.

Diese Aufgabe meisterte der junge Mittelfeldspieler zumeist mit Bravour. Immer wieder konnte er enge Situationen dank seiner technischen Stärke auflösen und blieb für seine Gegner allgemein schwer zu pressen. Die besten Szenen kamen dann zustande, wenn Lee vor allem gemeinsam mit Prokop kombinieren konnte und die beiden sich suchten.

Aber auch abgesehen davon, schien das Positionsspiel der Austria etwas verbessert und nun sauberer zu sein. Tajouri rückte immer wieder ein und sorgte so für bessere Strukturen im Zentrum, aber auch Prokop bewegte sich äußerst klug und variierte zwischen in die Mitte ziehen und außen Breite geben. Dies kann man auch anhand des nächsten Bildes gut sehen:

Tajouri rückt ein, Prokop gibt Breite und Salamon besetzt klug den Halbraum und sorgt für Verwirrung

Durch diese Anpassungen wurde der Übergang im Aufbauspiel besser und flüssiger, was sich positiv auf die Ballzirkulationen auswirkte. Einzig Alhassan schien in der Positionsfindung etwas Probleme zu haben und agierte auch sonst zu fehlerhaft. Was der Austria in dem Spiel abging, war einerseits das Tempo in der Offensive bzw. die fehlende Tiefe im eigenen Spiel.  Rapid bot immer wieder viel Rückraum an und rückte weit auf, jedoch konnte Friesenbichler daraus wenig Kapital schlagen, auch wenn er dennoch drei gute Szenen hatte.

Da wäre für die Veilchen Pires oder Monschein von Vorteil gewesen, was Letzterer auch nach seiner Einwechslung bewies, als er Galvao zur Notbremse zwang. Dadurch fehlte es bei der Austria auch im letzten Drittel an Durchschlagskraft, da auch Tajouri zu ineffizient blieb und einzig Prokop mit seinen Dribblings für Gefahr sorgte. Daran wird man im Hinblick auf das nächste Spiel ansetzen müssen.

Austria im Vergleich zu Sturm und Rijeka verbessert

Die Austria zeigte im Vergleich zu den letzten beiden Spielen eine Leistungssteigerung und trat insgesamt verbessert auf. Speziell auf das Ballbesitzspiel wurde scheinbar Augenmerk gelegt und man zeigte gute Ansätze, die es noch zu verfeinern gilt. Positiv für die Veilchen ist es jedenfalls, dass mit Pires ein Spieler mit viel Tempo zurückkehrt und damit wieder mehr Durchschlagskraft in die Mannschaft kommt, die in dem Spiel sichtlich gefehlt hat.

Im Spiel gegen den Ball zeigte man noch größere Probleme, wenn man etwas tiefer verteidigt und bekommt da noch zu selten Druck auf den Ball, wodurch der Gegner öfter in Ruhe die Seite wechseln kann. Auch die Absicherung der eigenen Angriffe muss besser und das Stellungsspiel angepasst werden, sodass man bei Ballverlusten nicht offen wie ein Scheunentor dasteht, sondern gleich ins Gegenpressing kommen kann.

Am stabilsten wirkte man noch am ehesten, wenn man weiter vorne attackierte und einen langen Ball erzwingen konnte. In den anstrengenden Wochen mit einer dünnen Personaldecke wird man jedoch nicht dauernd pressen können, weshalb man danach trachten sollte, die Abläufe beim tiefen Verteidigen zu verbessern. Aufgrund der mangelnden Zeit und begrenzten Trainings, wird dies jedoch nicht gerade leicht werden.


Kvilitaia als Rapid-Solospitze

Rapid stellte sich nach den erfolgreichen Spielen der vergangenen Wochen praktisch von selbst auf – allerdings rotierte Trainer Goran Djuricin auf der Stürmerposition. Giorgi Kvilitaia durfte wieder ran, nachdem zuletzt eher Joelinton und Berisha zu ihren Einsätzen kamen. Obwohl Kvilitaia als bester „Box-Stürmer“ Rapids gilt, erwies sich diese Änderung als nicht effizient, zumal der Georgier das Spiel immer wieder verschleppte und phasenweise langsamer machte.

Allgemein hatte Rapid das Problem, das gleich mehrere Spieler nicht ihren besten Tag erwischten. Vor allem die offensive Dreierreihe war unausgewogen: Vieles lief über Philipp Schobesberger, während Schaub und Murg ihren punktuellen Erfolgserlebnissen lange hinterherliefen. Auch die Doppelacht mit Ljubicic und Schwab spielte nicht so präsent wie zuletzt.

Hoher körperlicher Aufwand

Dies war sicher auch dem hohen körperlichen Aufwand geschuldet. Bei Rapid wusste man, dass die Austria nach dem Rijeka-Spiel drei Tage vor dem Derby, körperlich nicht auf demselben Level wie die Hütteldorfer sein wird. Somit konzentrierte sich die Djuricin-Elf auf alte Tugenden und kämpfte, kratzte, biss – teilweise am Rande des Legalen. Allgemein kam Rapid in der ersten Halbzeit mit der phasenweise gehässigen Partie besser zu Recht und kam am Ende auf doppelt so viele Fouls wie die Austria (24:12). Gleichzeitig sah man zweimal weniger Gelb als die Veilchen (3:5), weil viele Fouls der Rapidler wohltempiert warten – so etwa die gelben Karten für Murg und Auer, die als clevere taktische Fouls durchgingen und in der jeweiligen Situation sehr wichtig waren.

Höhere Ballsicherheit, aber am Ende doch nur der Lucky Punch

Insgesamt konnte Rapid mehr Chancen generieren, weil die Ballsicherheit in den Halbräumen und an den Flügeln höher war, als die der Austria. Schobesbergers Treffer war ein klassischer Lucky Punch und hätte genauso gut umgekehrt passieren können. Somit lässt sich zusammenfassen, dass Rapid sich diesen Derbysieg klassisch erkämpfte – auch vor dem Hintergrund der etwa viertelstündigen Unterzahl, die neuerlich eine Stresssituation für die Hütteldorfer darstellte.

Rapid gereift

Aber an der Art und Weise wie Rapid das 1:0 über die Zeit brachte, konnte man erkennen, dass die Mannschaft schlussendlich doch gereift ist. Zu Saisonbeginn wäre eine solche Partie wohl noch gekippt, wie man bereits im Weststadion-Derby schmerzlich erfuhr. Das Paradoxon in der Statistik sind die 58,3% gewonnenen Zweikämpfe der Austria, die jedoch in den entscheidenden Momenten einen Schritt zu spät kamen. Die Rapid-Automatismen sind zwar weitgehend noch immer vorhersehbar, gleichzeitig scheinen die Grün-Weißen aber im Kopf schneller zu sein, als noch vor einigen Wochen.

Am Mittwoch wieder mit Joelinton?

Dennoch gibt es im Spiel Rapids großes Verbesserungspotential in allen Belangen und vor dem Cup-Derby am Mittwoch wird es dahingehend definitiv Veränderungen geben. Angefangen im Sturmzentrum: Kvilitaia ist nach seiner gelb-roten Karte im Spiel gegen Elektra für das zweite Derby innerhalb von vier Tagen gesperrt. Der logische Starter ist nun Joelinton, der mit Sicherheit der kompletteste Rapid-Stürmer ist, aber wie auch alle anderen das typische Stürmer-Gen vermissen lässt. Berisha darf in seiner aktuellen Verfassung nicht als Solospitze beginnen – der Norweger wirkt unverändert wie ein Fremdkörper.

Dreiecksbildung im Mittelfeld verbessern

Im zentralen Mittelfeld fehlten Rapid immer wieder die Verbindungen untereinander. Anders als in den letzten Partien passte diesmal die Staffelung zwischen Schwab und Ljubicic nicht. Schwab ließ sich durchschnittlich zu weit nach links ziehen, Ljubicic hatte seinen Fokus im rechten Halbraum und seine gefährlichen Vertikalpässe hinter die erste gegnerische Linie mussten zumeist lange Distanzen zurücklegen, weil die Dreiecksbildung der grün-weißen Mittelfeldzentrale nicht immer passte. Somit war die Fehlerquote des 20-Jährigen etwas höher als in den letzten Spielen.

Mit Galvao fällt die wichtigste Aufbauinstanz weg

Die wohl markanteste Änderung für das Spiel Rapids wird die Defensive betreffen. Lucas Galvao sah nach seinem einzigen schweren Fehler nach einer Notbremse gegen Christoph Monschein Rot. Zuvor hatte er nahe der Mittellinie mit einer ungünstigen Bewegung die Abseitsfalle aufgelöst, danach Monschein nach einem beherzten Sprint nicht clever genug attackiert.

Nun ist Galvao allerdings mit großem Abstand die wichtigste Aufbauinstanz bei Rapid. Seine Ruhe am Ball, das Gespür für Situationen und nicht zuletzt seine Lucio’esken Vorstöße in die gegnerische Hälfte, können die Ordnung jedes Gegners massiv beeinträchtigen. Seit Galvao diese Rolle innehat, müssen Schwab und Ljubicic weniger abkippen, um Bälle nach vorne zu tragen – Rapid hat plötzlich mehr Möglichkeiten, wie man aus der Abwehr ins Mittelfeld kommt. Da der Brasilianer im Cup-Derby fehlen wird, heißt die Innenverteidigung Sonnleitner-M.Hofmann.

Chance für passsicheren Petsos

Um die damit einhergehende Aufbauschwäche, die man am Beispiel Sonnleitner nicht nur im Derby beobachten konnte, abzufedern, wäre Thanos Petsos ein logischer Starter für die abkippende Sechs. Es gab bereits im Meisterschaftsderby Situationen, in denen der Grieche den Hütteldorfern gut getan hätte. Im Cup dürfte ihm eine wichtige Aufbaurolle zukommen, während eine kleine Matchpause für Ljubicic nicht unerwartet kommen würde.

Diese personelle Änderung könnte auch die Staffelung im Rapid-Mittelfeld verbessern. Schwab wäre hier der klassische Achter, Petsos der Sechser und ein Duo aus dem prinzipiell zentralen Murg und dem gerne nach innen pendelnden Schaub eine Art „Zehner-Gespann“. Dass die Verbindungen zwischen ebendiesen Positionen nicht immer ideal war, ermöglichte es der Austria mit der Zeit die Mitte zu stabilisieren.

Gezielte Vernachlässigung der rechten Angriffsseite als Chance

Mit Ausnahme von Schobesberger hatten auch die Flügelspieler Rapids so ihre Probleme im Spiel mit dem Ball. Bolingoli wurde nicht konkret genug, Auer hatte mit Prokop alle Hände voll zu tun und Schaub lief sich häufig fest, sorgte dann aber doch mit einer guten Flanke für den Assist zum entscheidenden 1:0. Durch die Rückkehr von Felipe Pires steht Auer erneut vor einer schwierigen Partie, ist gegen den Brasilianer dennoch der geeignetere Gegenspieler als Pavelic. Es ist also zu erwarten, dass Auers Offensivdrang auch im Cup nicht hoch sein wird – gleichzeitig birgt das für Rapid die Chance das Zentrum zu überladen, weil man auf rechts keine idealen Voraussetzungen für Linienspiel hat. Das Pendeln von Schaub in den Halbraum könnte durch die veränderten personellen Vorzeichen sogar zu einem Trumpf für Rapid werden.

Das zweite Derby wird ganz anders!

Allgemein ist zu erwarten, dass uns im Cup ein völlig anderes Derby bevorsteht. Die Austria wird nicht mehr so tief verteidigen, sich heraustrauen und damit auch Rapid Räume öffnen. Die Möglichkeit einer Solospitze Monschein, wird hingegen Rapid durchschnittlich ein paar Meter nach hinten zwingen. Rapid kann abwartender spielen und die Austria kommen lassen, da der Faktor Kraft auf Seiten der Grün-Weißen liegt. Für die Veilchen wird das Cup-Derby das dritte schwierige Spiel in nur sieben Tagen sein und je länger Rapid das Spiel offen gestalten kann, desto schwerer werden die Beine der Austrianer werden. Man sagt, dass ein Derby eigene Gesetze hat – und gerade aufgrund der Ausgangslage vor dem Cup-Derby muss man davon ausgehen, dass diese beiden Partien taktisch, wie spielerisch nicht viel miteinander zu tun haben werden.

Dalibor Babic (Austria) & Daniel Mandl (Rapid), abseits.at

Dalibor Babic

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