Sechs Innenverteidiger stehen derzeit im Kader des SK Rapid – gleich mehrere von ihnen sind entweder langzeitverletzt oder spielen keine Rolle mehr. Martin Moormann... Rapids Innenverteidigung und die Aufbauflexibilität

Sechs Innenverteidiger stehen derzeit im Kader des SK Rapid – gleich mehrere von ihnen sind entweder langzeitverletzt oder spielen keine Rolle mehr. Martin Moormann ist derzeit quasi der „siebte“ – und er gab dem Spiel Rapids gegen Austria Klagenfurt durchaus gute Impulse.

Maximilian Hofmann machte sein letztes Spiel für Rapid vor fast genau einem halben Jahr, fällt seitdem aufgrund einer langwierigen Hüftverletzung aus. Christopher Dibon ist aufgrund seiner langen Verletzungshistorie kein Thema für die „Erste“, Kevin Wimmer aufgrund seiner weitgehend enttäuschenden Leistungen. Youngster Mario Dijakovic kommt derzeit nicht über die zweite Mannschaft hinaus, nachdem auch er immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte.

Von sechs blieben zwei übrig

Bleiben also noch Leopold Querfeld und Michael Sollbauer. Das 19-jährige Top-Talent der Hütteldorfer ist gesetzt und spielt grundsätzlich solide Partien. Sein großes Entwicklungspotential sieht man dem zweikampf- und kopfballstarken Innenverteidiger stets an. Michael Sollbauer kam im vergangenen Sommer, um der Defensive der Wiener mehr Routine zu verleihen. Gegen den Ball zeigt der Kärntner auch immer wieder gute Leistungen – mit dem Ball ist er allerdings eine Bremse für das Aufbauspiel der Grün-Weißen.

Sollbauers problematische Passmuster

Die Aufbaumuster von Michael Sollbauer machen es Rapid sehr schwer, ihre Gegner zu dominieren. Der 32-Jährige leitet den Aufbau Rapids zumeist auf die Seite, spielt kaum progressive Pässe, nimmt nur wenig Risiko. Gerade qualitativ starke, aber vor allem taktisch disziplinierte Gegner wissen dies gut auszunutzen, was speziell den häufigen Passabnehmer Jonas Auer immer wieder in schwierige Lagen bringt. Die Gegner müssen Rapid nicht mal wirklich dazu zwingen, den Aufbau auf die Seiten zu lenken. Sollbauers Passmuster sorgen zumeist „ohne Not“ ohnehin dafür.

Moormann ersetzt Sollbauer

Bis letzte Woche spielte Sollbauer in allen Spielen des Kalenderjahrs 2023 von Beginn an. Seine Zweikampfwerte und das Spiel gegen den Ball sprechen grundsätzlich für ihn – sein Passspiel macht Rapid jedoch verletzlich. Wohl auch deshalb kam am vergangenen Sonntag gegen Austria Klagenfurt Martin Moormann auf der Position des linken Innenverteidigers zum Einsatz. Und der 21-Jährige machte seine Sache ordentlich.

Progressiveres Aufbauspiel

Schon im vergangenen Jahr spielte Moormann auf dieser Position einige gute Partien, in denen er durch intelligentes, tiefes Passspiel auffiel. Zudem ist Moormann auf der inneren Position gegen den Ball stärker, als auf seiner etatmäßigen Position als Linksverteidiger. Auch gegen Klagenfurt spielte er die Rolle als progressiver Aufbauspieler gut – zwar teilweise noch mit Präzisionsproblemen, aber grundsätzlich so, wie Rapid es bräuchte.

Mehr Fokus auf Kontrolle in höheren Zonen

Moormann spielte gegen Klagenfurt 32 Pässe nach vorne und 16 progressive Pässe, wobei etwa die Hälfte einen Abnehmer fand. Damit ein Pass als progressiv gewertet wird, muss er eine gewisse Mindestdistanz zum gegnerischen Tor überbrücken, die je nach Start- und Zielpunkt des Abspiels variiert. Zehnmal versuchte er es, Bälle ins letzte Drittel zu spielen – viermal war er erfolgreich. Auffällig war dabei speziell, dass Moormann diese Bälle zumeist nicht hoch nach vorne schlug, sondern tempiert und flach zu einem konkreten Abnehmer spielte. Dadurch war das Konzept Rapids nicht auf den zweiten Ball oder unkontrollierte Verlängerungen ausgerichtet, sondern mehr auf Kontrolle und sauberes Angriffsspiel.

„Unliebsame“ Pässe verhindert

Auch in Moormanns Körpersprache sah man das klare Signal, dass er Querpässe auf Querfeld und auch den zuletzt überstrapazierten Passweg zu Jonas Auer verhindern wollte. Diese Bälle spielte er nur dann, wenn es unbedingt nötig oder auch spielerisch sinnvoll war, drehte aber stets in eine andere Richtung ab, wenn sich Räume öffneten. So spielte er Auer nur fünfmal an, was deutlich weniger ist, als es zuletzt Sollbauer zumeist tat. Den Pass auf seinen Innenverteidigerkollegen Querfeld gab es im gesamten Spiel nur ein einziges Mal. Selbst auf Hedl spielte Moormann öfter (zweimal).

Stärkere Bindung zum zentralen Mittelfeld

Der in der veränderten Mittelfeldkonstellation stärker abkippende Kerschbaum war mit sechs Pässen von Moormann einer der häufigeren Abnehmer und bekam auch von Querfeld sieben Bälle. Auf Moritz Oswald spielte Moormann fünfmal. Diese logischen, den Aufbau deutlich unterstützenden Bälle sorgten dafür, dass Rapid endlich wieder einen Gegner dominieren konnte und sowohl gut zwischen, als auch hinter die Linien der Klagenfurter kam.

Grüll als häufigster Passabnehmer

Der überraschende, häufigste Pass der gesamten Partie war jedoch der von Martin Moormann auf Marco Grüll. Ganze neunmal suchte der Innenverteidiger den Linksaußen und zumeist tat er dies mit den bereits beschriebenen, tempierten Flachpässen. Die effektive Fehlerquote ist dadurch natürlich höher als beispielsweise in Sollbauers Spielweise, aber angekommene Bälle sind dadurch auch grundlegend gefährlicher und sorgen für Unordnung beim Gegner, anstatt in der eigenen Mannschaft, wenn man den Gegner praktisch zum Pressen einlädt.

Noch mehr Präzision nötig

Verbesserungspotential gibt es natürlich noch reichlich und vor allem das Niedrighalten der Fehlerquote und präzisere Pässe sind essentiell, um dominantes Spiel aufzubauen. Aber grundsätzlich ist die Herangehensweise, die Mittelfeldlücken des Gegners punktuell aus der Innenverteidigung heraus zu bespielen, eine sehr sinnvolle und sollte Rapid auch im weiteren Verlauf der Meistergruppe bissiger machen.

Die Passmatrix vom Spiel gegen Austria Klagenfurt zeigt praktisch auf den ersten Blick, dass das Aufbauspiel Rapids dank eines Wechsels in der Innenverteidigung und einer Adaptierung im zentralen Mittelfeld, die wir in einem Extraartikel beleuchten werden, flexibler wurde.

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Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen