Am vierten Spieltag der Meistergruppe kam es zum Duell der beiden Austrias, nämlich jenen aus Wien und aus Klagenfurt. Dabei waren die Wiener Violetten... Taktikanalyse: Wiener Austria erleidet herben Rückschlag

Am vierten Spieltag der Meistergruppe kam es zum Duell der beiden Austrias, nämlich jenen aus Wien und aus Klagenfurt. Dabei waren die Wiener Violetten unter Zugzwang, spielte man doch dreimal in Serie Remis und hat dadurch etwas den Anschluss nach oben verloren. Genau das gleiche galt aber auch für den SK Austria Klagenfurt, der bislang nur Niederlagen kassierte und in der Rolle als Underdog nicht wirklich für Überraschungen sorgen konnte. Daher stand für beide einiges auf dem Spiel und Spannung war garantiert.

„Veilchen“ mit Versuch, 33 Scorerpunkte zu ersetzen

Für die Wiener Austria war im Vorfeld klar, dass dieses Spiel als Pflichtsieg einzuordnen ist, sofern man noch ein Wörtchen im Kampf um den dritten Rang mitreden wollte. Allerdings musste man mit einer gehörigen Hypothek in dieses wichtige Spiel gehen, fehlten doch mit Tabakovic und Fitz die zwei wichtigsten Offensivspieler in dieser Spielzeit, die an 42 Prozent der Tore der Wiener direkt beteiligt waren. Doch nicht nur das, so ist auch das Spiel auf Zielspieler Tabakovic zugeschnitten und der Angreifer hat sich zu einem sehr wichtigen Puzzleteil für die Violetten entwickelt. Da die „Veilchen“ allerdings keinen ähnlichen Spieler mit diesem Profil als Ersatz zur Verfügung hatten, war klar, dass man die Spielanlage etwas anpassen wird müssen. Das geschah auch und Trainer Michael Wimmer entschied sich, mit Jukic und Dovedan zwei neue Spieler in den Angriff zu bringen und damit auch das System etwas zu adaptieren.

Vom zuletzt präferierten 3-4-1-2 kehrte man wieder zum 3-4-3 zurück und versuchte hier die Last auf mehreren Schultern zu verteilen. Dovedan gab den „schwimmenden“ Mittelstürmer, Jukic bearbeitete die linke Seite und Gruber kam über seine angestammte rechte Seite, nachdem er zuletzt vermehrt im Sturmzentrum zum Einsatz kam. Sicherlich ein klein wenig überraschend, da speziell Jukic unter Wimmer meist über das Zentrum kommt, aber man dürfte beim Gegner in der Spielvorbereitung etwas gesehen haben, was letztlich zu dieser Entscheidung geführt hat. Ob die Überlegungen aufgingen sei dahingestellt, man merkte den Spielern jedoch an, dass man sich auf eine Viererkette des Gegners vorbereitet hatte. Doch Austria Klagenfurt hatte andere Pläne.

Die Kärntner wechselten schon zuletzt gegen Sturm Graz das System von einem 4-3-3 zu einem 5-3-2, weshalb es nicht gänzlich überraschend kam, dass man erneut auf diese Anordnung vertraute. Klagenfurt-Trainer Pacult dürfte auch mit dem Auftreten in dieser Formation zufrieden gewesen sein und gleichzeitig auch Möglichkeiten gesehen haben, wie man nun gegen die Wiener zum Erfolg kommen könnte. Die Favoritner haben gegen die Klagenfurter in den direkten Duellen bislang auch meist Probleme gehabt und taten sich gegen die mannorientierte Spielweise der Kärntner sehr schwer. Daher hatte Trainer Peter Pacult sicherlich auch kaum Überlegungen, dahingehend etwas zu verändern.

Klagenfurter spiegeln die Wiener

So liefen die Gäste erneut mit einem 5-3-2/5-2-1-2 System auf, mit dem klaren Ziel, mit den vielen Mannorientierungen den favorisierten Favoritnern das Leben möglichst schwerzumachen. Daher „spiegelte“ man auch die Formation der Gastgeber. Die erste Pressinglinie formten die beiden Stürmer Soto und Binder, die von Mittelfeldspieler Irving unterstützt wurden, der im Spielaufbau des Gegners nach vorne schob und zwischen den beiden in die Mitte rückte. Damit stellte man mit den drei Innenverteidigern des Gegners Gleichzahl her. Auch dahinter sah es ähnlich aus und Wernitznig und Benatelli verfolgten ihre Gegenspieler Fischer und Braunöder im Zentrum quasi auf Schritt und Tritt. Die defensive Formation der Klagenfurter kann man auf dem nächsten Bild gut erkennen:

Austria Wien im Spielaufbau, Klagenfurt empfängt sie mit einem 5-2-3-Block und drei Angreifern in der ersten Pressinglinie, die frontal vor den Verteidigern stehen, damit diese nicht nach vorne gehen oder passen können. Klare Zuteilungen sind hier zu sehen und sorgen für vereinfachte Abläufe, da jeder einen direkten Gegenspieler hat.

In erster Linie wollten die Kärntner also wie man sieht mit einem kompakten Zentrumsblock diese Region verschließen und die Gastgeber nach außen treiben. Hier hatte man sich interessanterweise noch etwas überlegt, nämlich die Flügelverteidiger der Wiener auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Dafür brachte Pacult sogar mit Rechtsverteidiger Bonnah einen neuen Spieler in die Mannschaft, der allgemein in der Lage ist, mit seiner Geschwindigkeit für Unruhe zu sorgen. Da die Wiener mit Polster einen der wohl schnellsten Spieler der Liga in den Reihen haben, versuchten die Klagenfurter dies zu egalisieren und Polster einen ähnlich schnellen Spieler entgegenzusetzen. Auch auf der anderen Seite bekam der meist dominante Ranftl mit Moreira einen Aufpasser vorgesetzt, wodurch der Flügelverteidiger nur wenige Freiräume vorfand.

Es gab jedoch noch einen dritten wichtigen Aspekt im Matchplan der Klagenfurter. Die Gäste rückten etwas überraschend mit der Abwehrlinie und der Mannschaft sehr weit nach vorne und ließen sich nicht nach hinten fallen, um den Gegner kommen zu lassen. Man versuchte sogar, die violetten Gastgeber situativ weiter vorne zu attackieren und hier ins Pressing zu kommen. Das tat man natürlich aus einem Kalkül heraus, denn man wollte lange Bälle der Wiener Austria provozieren, damit diese aus dem spielerischen Rhythmus gebracht wird. In dem Fall fehlte den Favoritnern durch den Ausfall von Tabakovic der klassische Zielspieler und Abnehmer für die langen Bälle, weshalb man hier mit dem deutlich kleineren Dovedan gegen die großgewachsene Innenverteidigung der Klagenfurter klar unterlegen war.

Auch wenn man gleich nach wenigen Sekunden die Latte traf und die große Möglichkeit hatte, in Führung zu gehen, tat sich die Wiener Austria sehr schwer nach vorne zu kommen und Lösungen zu finden. Immer wieder wurde man von den Klagenfurtern aggressiv angelaufen und in Zweikämpfe verwickelt, wodurch man entweder sehr genau agieren oder sich im Duell Mann gegen Mann durchsetzen musste. Durch den massiven Zentrumsblock und die Manndeckungen auf den Flügeln, bekam Klagenfurt eine gewisse Statik ins Spiel und beide Teams rieben sich aneinander ab. Die Favoritner versuchten hier den Ball flach zu halten, was aber aufgrund des Raumdrucks und der hohen Abwehrlinie nicht so einfach war.

Realtaktische Formation der beiden Teams (Alle Daten von Wyscout S.p.a.) Man erkennt hier das 3-4-3 der Wiener und die hohe Abwehrlinie und den kompakten Zentrumsfokus der Klagenfurter. Eine Randnotiz ist auch die hohe Positionierung von Linksverteidiger Moreira, der weit auf Ranftl herausrückte.

Erst nach gut 25 Minuten gelang es den Gastgebern, sich etwas aus der Umklammerung zu befreien und Angriffe ins letzte Drittel zu initiieren. Man bekam das Zentrum und vor allem Fischer und Braunöder besser ins Spiel, da diese ihre Positionen öfter verließen und sich etwas freier auf dem Feld bewegen konnten bzw. aus der Etappe mit nach vorne gingen und sich immer wieder offensiv einschalteten.

Noch dazu versuchte man aus der Abwehr heraus direkt die Stürmer flach anzuspielen und mit Steil-Klatsch-Steil Kombinationen schnell hinter die hohe Abwehrlinie der Gäste zu gelangen. Das gelang auch Jukic einige Male dank seines starken Raumgefühls und Timings bei den Laufwegen, wodurch er in dieser Phase zu drei sehr guten Torchancen kam. Es hätten auch fünf sein können, doch misslang Dovedan in diesen Szenen der letzte Pass. Jukic scheiterte jedoch mehrmals an Torhüter Menzel, der seine Mannschaft vor einem Rückstand bewahrte, welcher in dieser Phase sicherlich auch verdient gewesen wäre.

Auch wenn man zu einigen Chancen kam, wirkte es dennoch so, als hätten die „Veilchen“ nicht den üblichen Zugriff aus den letzten Wochen auf den Gegner. Das lag auch daran, dass das Pressing nicht so in Fahrt kam, da die Klagenfurter entschieden, dieses schlicht nicht provozieren und auslösen zu wollen. Daher gab es auch de facto keinen Spielaufbau der Gäste zu sehen und jeder Ball von hinten heraus wurde quasi lang auf Zielspieler Binder geschlagen. So verwundert es auch nicht, dass Klagenfurt-Torhüter Menzel letztlich die meisten (!) Pässe in die gegnerische Hälfte spielte (39) und Zielspieler Binder die mit Abstand meisten Zweikämpfe führte (33). Es stellte sich als ein Geduldspiel ein, was sich auch im zweiten Durchgang bewahrheiten sollte.

Spiel nimmt dank Toren an Fahrt auf…

Nach dem Wiederanpfiff konnten sich die Mannschaften noch nicht mal richtig sortieren, ehe schon der erste Treffer fiel. Nach einem Corner ließen die Gastgeber den aufgerückten Innenverteidiger Gkezos völlig frei zum Kopfball kommen und dieser erzielte unter Mithilfe des Austria-Torhüters Früchtl das etwas überraschende 1:0 für die Gäste. Das war natürlich eine kalte Dusche für die Favoritner und ihre Bemühungen, weshalb man nun nochmal zwei Gänge hochschalten musste.

Weiterhin musste man sich mühsam durch die vielen Mannorientierungen durchspielen und Lösungen kreieren, was jedoch an diesem Tag nicht so einfach war, da einige Akteure nicht ihren besten Tag erwischten und es oftmals an der Genauigkeit im Passspiel mangelte. Oftmals fehlt hier auch ein Verbindungsspieler und die Abwesenheit von Fitz machte sich klar bemerkbar. Er ist gerade gegen einen Gegner wichtig, der auf Manndeckungen setzt, da er ein gutes Raumgefühl hat, auch unter Druck ruhig bleibt und Freiräume findet.

Vor allem hätte es aber jemanden gebraucht, der das Statische aus dem Spielaufbau heraus aufheben hätte können, indem er sich aus der Offensive fallenließ oder zumindest im Zwischenlinienraum Präsenz zeigt. Das fehlte an diesem Nachmittag, weshalb auch das gesamte Offensivspiel etwas schwerfällig wirkte. Dennoch kamen die violetten Gastgeber zum Ausgleich, als nach einem Ballgewinn von Dovedan Gruber von diesem auf die Reise geschickt wurde, der anschließend alleine vor dem Tor die Nerven behielt und zum 1:1 traf. Zwischen Minute 55 und 65 entwickelte sich dann (ähnlich wie im ersten Durchgang) eine kleine Drangphase, in der man mehrmals in den Strafraum kam und drei bis vier gefährliche Situationen vorfand. Die beste Möglichkeit vergab Braunöder, der einen Schuss an die Stange setzte.

..und bricht mit Austrias Dreifachwechsel zusammen

Genau in dieser Phase, als es ganz so schien, als wären die Gastgeber am Drücker, entschied sich Trainer Wimmer für einen Dreifachwechsel, um frische Kräfte ins Spiel zu bringen. Überraschend war hier vor allem, dass man die durchaus aktiven Braunöder und Jukic aus dem Spiel nahm, was leistungstechnisch kaum nachvollziehbar war. Vor allem da man mit Holland jemanden ins Zentrum brachte, der sehr positionstreu agiert und diese auferlegte Statik des Gegners nicht mit einem großen Aktionsradius durchbrechen kann.

Womöglich war Wimmer diese Periode im zweiten Durchgang zu wild und wollte er etwas mehr Stabilität und Balance ins Zentrum bringen, um nicht einen tödlichen Konterstoß verpasst zu bekommen. Doch diese Umstellung würgte letztlich auch die letzten Offensivbemühungen der Gastgeber ab und stattdessen wurde von nun an die Austria statischer.

So wurden die Anspielstationen immer weniger und es häuften sich die Ballverluste im Spielaufbau der Wiener, da die Abwehrspieler teils hohes Risiko im Passspiel nehmen musste, um durch den gut organisierten Abwehrblock durchzukommen. Hier hätte es mehr Rochaden im Positionsspiel gebraucht und kluge Überladungen, die jedoch ausblieben. So gelang es kaum noch Durchbrüche zu kreieren und stattdessen verfing man sich eher im formativen „Spinnennetz“ des Gegners.

So plätscherte das Spiel in der Schlussphase auch nur noch so dahin und auch die Klagenfurter wirkten nicht wirklich in der Lage, für gefährliche Momente in der Offensive zu sorgen. Einen der wenigen Momente nutzte man dann doch noch eiskalt, als der junge Flügelverteidiger Polster sich zum wiederholten Male ein dummes Foul in Strafraumnähe leistete, gegen den schnellen Bonnah zu spät kam und somit kurz vor Schluss einen kostbaren Elfmeter verschuldete. Der Grieche Gzekos ließ sich diese Einladung nicht nehmen und traf zum 2:1-Siegestreffer und zu den wichtigen drei Punkten der Klagenfurter.

Fazit

Insgesamt war es ein durchwachsener Auftritt der Wiener Austria und man konnte die guten Leistungen der letzten Wochen nicht bestätigen. Ein großer Faktor war sicherlich dabei der Ausfall der beiden wichtigsten Offensivspieler Fitz und Tabakovic, die es Klagenfurt nicht erlaubt oder zumindest nachhaltig erschwert hätten, eine solche Spielanlage gegen die Favoritner zu praktizieren. Hätten die Gastgeber ihre Torchancen im ersten Durchgang genutzt, wäre es dennoch eventuell dazugekommen, allerdings präsentierte man sich hier nicht kaltschnäuzig genug und es fehlte eben der Torjäger, der diese Möglichkeiten verwertet.

Im zweiten Durchgang egalisierte man dann zwar recht schnell den zwischenzeitlichen Rückstand, konnte jedoch die Druckphase nicht ausnutzen, um das Spiel komplett zu drehen. Hier muss sich auch Trainer Wimmer an der eigenen Nase nehmen, da er diesmal nicht wie in den letzten Spielen den Umschwung herbeiführte, sondern stattdessen ein zartes Pflänzchen mit seinen Wechseln im Keim erstickte. Allerdings kam auch von den eingewechselten Akteuren zu wenig und sie ließen ihren Trainer in Stich, was die ganze Problematik nur erschwerte und für nicht gerade großes Vertrauen in die Ergänzungsspieler sorgt. So haben die „Veilchen“ nicht nur einem Konkurrenten Leben eingehaucht und zurück in den Kampf um den Europacup gebracht, auchder dritte Tabellenrang ist damit in weite Ferne gerückt.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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