Die zweite Runde im Cup bescherte der Wiener Austria ein Los der schwereren Sorte, denn man traf im Duell zweier Bundesligisten auf die... Analyse: Austria blamiert sich in Wattens

 

Die zweite Runde im Cup bescherte der Wiener Austria ein Los der schwereren Sorte, denn man traf im Duell zweier Bundesligisten auf die WSG Tirol. Mit dem Aufsteiger hatten die Violetten keine guten Erfahrungen gemacht, verlor man doch zum Saisonauftakt sang- und klanglos mit 1:3 und setzte damit den Startschuss zu einem desolaten Saisonstart. Seither hat sich nicht viel verändert und die Austria blieb unter den Erwartungen, wobei man am vergangenen Wochenende immerhin den zweiten Saisonsieg feierte. Daher hoffte man auch darauf, den endgültigen Befreiungsschlag gelandet und den Weg aus der Krise gefunden zu haben. Doch stattdessen sollte es einen weiteren Rückschlag geben, der seinesgleichen sucht.

Austria von Beginn an von der Rolle

Im Vergleich zum 2:0-Heimsieg gegen den SCR Altach, sah sich Austria-Trainer Ilzer nicht dazu veranlasst, Veränderungen vorzunehmen und hoffte klarerweise, das erfolgreiche 4-3-3-System weiter optimieren zu können. Einzig Jeggo rutschte für den verletzten Ebner in die Startelf. Prinzipiell ist die gewählte Struktur auch eine Formation, die dem gegnerischen 3-4-1-2 der WSG aufgrund der drei violetten Angreifer wehtun kann. Doch dazu sollte es kaum kommen, denn die Austria war nahezu exklusiv damit beschäftigt, in der Defensive nicht völlig auseinanderzubrechen.

Von der ersten Minute an wackelten die violetten Gäste so gewaltig, dass sich die Balken nur so bogen. Bereits in den ersten zehn Anfangsminuten kamen die Tiroler zu einer Vielzahl an guten Möglichkeiten, um sich eine komfortable Führung herauszuspielen. Die beiden Innenverteidiger der Austria leisteten sich zu Beginn bereits jeweils schwerwiegende Querschläger und die Abwehr zeigte im Vergleich zu den letzten beiden Spielen keinerlei Stabilität – und das obwohl dieser Bereich zuletzt am meisten überzeugen konnte. Daher ist es auch nur schwer zu erklären, warum man so verunsichert und fehlerhaft in die Begegnung starten kann, obwohl man auf gute vergangene Partien als Einheit zurückblicken kann.

Doch es wäre zu einfach, den Fehler nur bei der Abwehr der Austria zu suchen. Im gesamten Mannschaftsverbund passte es von vorne bis hinten überhaupt nicht. Die drei Angreifer liefen zigmal die gegnerische Abwehr an, doch Unterstützung aus dem Mittelfeld erhielten sie kaum oder sie zeigten ein schlechtes Anlaufverhalten. Es war eher oft so, dass die Mittelfeldspieler und Angreifer alleine den Gegner attackierte und nicht im Verbund verschoben wurde, weshalb die Wattener die Violetten oftmals mit einem einzigen simplen Haken bereits ausspielen und große Räume zum weiterspielen vorfanden. Exemplarisch kann dazu die Szene im Vorfeld des 4:1 genommen werden, als Turgeman den Gegenspieler attackiert und mit einem simplen Haken ausgespielt wird, ehe der Verteidiger alle Zeit der Welt hatte, einen punktgenauen Seitenwechsel auf Rieder zu spielen, der nur noch auf Yeboah querlegen musste.

WSG dominiert die Flügelzone

Dieses Muster zog sich quasi die gesamte Spieldauer bei der Austria durch. Weder die Abwehr, das Mittelfeld, noch der Angriff verschoben als Einheit zum Ball, sondern jeder Mannschaftsverbund kochte sein eigenes Süppchen, weshalb man leere Kilometer um Kilometer abspulte, ohne wirklichen Zugriff auf den Gegner zu bekommen. Am schlimmsten war der fehlende Zugriff der Wiener allerdings am Flügel, wo die größte Problemzone in diesem Spiel lag. Die WSG baute strategisch geschickt im 3-4-1-2 eine konstante Überzahl auf den Außenbahnen auf, indem die Halbverteidiger sehr breit standen und wie Außenverteidiger agierten, die Flügelverteidiger nach vorne schoben und von den ausweichenden Stürmern Yeboah und Pranter unterstützt wurden. Speziell die beiden WSG-Angreifer Yeboah und Pranter hatten freie Hand bei ihren Aktionen, da sie sich im Rücken der gegnerischen Außenverteidiger bewegten und dort immer wieder angespielt werden konnten.

Für die beiden Außenverteidiger der Austria war das quasi eine unlösbare Aufgabe, da man konstant in Unterzahl agierte und vor dem Problem stand, auf welchen Gegenspieler man sich zuerst konzentrieren sollte. Selbst wenn die Flügelstürmer Fitz und Turgeman nach hinten arbeiteten, so hatte die WSG dennoch eine Drei gegen Zwei-Überzahl, die man auch oft ausspielen konnte. Aufgrund des mangelhaften/schlechten Verschiebens der zentralen Mittelfeldspieler, fehlte es da an Unterstützung, um Zugriff auf die Flügelzone zu bekommen.

Und obwohl das zentrale Mittelfeld versuchte, das Zentrum zu verdichten und mit Fortdauer (nach Adaptionen des Austria-Trainers) auf den Flügelzonen zu attackieren, man kam nur selten in den Zweikampf und stattdessen fast immer einen Schritt zu spät – egal ob im Zentrum, oder auf dem Flügel. Es schien so, als wäre die WSG der Austria immer einen Schritt voraus und hätte man stets eine Lösung parat, weshalb sich die Gäste auch häufig nur mit einem Foulspiel helfen konnten (über 20 Fouls in diesem Spiel von der Austria).

Ein ebenfalls großes Problem für die Austria waren die vielen Spielverlagerungen, die die Tiroler einsetzten. Immer wieder konnten sich die Wattener in Positionen bringen, wo sie mit viel Zeit am Ball Seitenwechsel schlagen konnten, um die Austria aufzureißen. Dieses Stilmittel nutze die WSG bereits im ersten Spiel erfolgreich und konnte der Austria und der damaligen Raute damit große Schwierigkeiten bereiten. Die Folge war, dass die Veilchen dem Ball von links nach rechts hinterherjagten und oftmals nicht einmal in einen Zweikampf hineinkamen. Das Resultat war, dass man sich drei Gegentreffer nach simplen langen Bällen einhandelte und es dem Gastgeber so leicht wie nur möglich machte.

Eklatant war dabei vor allem das Stellungsspiel der Abwehr, was nicht einmal Regionalliga-Format an diesem Nachmittag hatte. Schaut man sich alle vier aus dem Spiel erzielten Treffer der Tiroler an, so fällt auf, wie weit auseinander die Abwehrspieler der Austria agierten. Von Kompaktheit war weit und breit keine Spur und in manchen Situationen deckten die beiden Innenverteidiger alleine eine breite von 15-20 (!) Metern ab. Es war dann in Wirklichkeit oft so, dass die Außenverteidiger die Innenverteidiger und umgekehrt in Stich ließen – und diese dann vom Mittelfeld – und diese wiederum vom Angriff und umgekehrt. Wie man sieht, es passte überhaupt nichts zusammen bei der Austria, weshalb man über 20 (!) Schüsse der Tiroler zuließ und der xG-Wert der Gastgeber wohl durch die Decke ging.

Offensive ebenfalls ungenau oder harmlos

Da man viele leere Kilometer in der Defensive abspulen musste, hatte das klarerweise auch Auswirkungen auf das Spiel mit dem Ball. So bekamen die Violetten nur selten wirklich Ruhe in ihre Ballzirkulation hinein und agierten zu hektisch, weshalb man vor allem im Angriff sehr viele Bälle leichtfertig und schnell wieder verlor. Dabei hätte die WSG durchaus einiges an Räumen angeboten. Die Gastgeber versuchten viele Spieler in die gegnerische Hälfte zu bringen und blieben in der Defensive oft im 3-4-1-2 stehen, was als durchaus mutig bezeichnet werden kann. Die Austria hatte auch die richtige Lösung dagegen in der Hand, denn Fitz rückte sehr stark ins Zentrum ein und ließ sich von Turgeman und Monschein den Raum „freiblocken“, um nicht verfolgt zu werden und anspielbar zu sein. Dieses Mittel konnte man allerdings nicht stabil nutzen, da man auch im Vorfeld bereits viele Bälle verlor.

Die WSG konnte auch deshalb so hochstehen, da man (bis auf Monschein) keine Sorge vor den Kontern des Gegners haben musste, aufgrund der bekannten Tempodefizite der Austria. Vor allem Turgeman konnte man sehr eng attackieren und zustellen, weshalb dieser sich auf dem linken Flügel quasi nie durchsetzen konnte und ständig einen Gegenspieler im Rücken hatte. Daher mussten sich die Wiener oft mühsam durchspielen und in engen Räumen behaupten, da die WSG quasi den Tiefgang der Austria-Offensive nicht respektierte und keine Furcht davor hatte. Doch bis auf den technisch beschlagenen Fitz, verfügt man über kein wirklich geeignetes Personal, um diese Situationen erfolgsstabil zu lösen. Daher blieb auch das Ballbesitzspiel der Austria harmlos, ganz zu schweigen vom Aufbauspiel, was äußerst fehlerhaft und behäbig vonstattenging. Daher auch nicht überraschend, dass man in der Offensive nicht die Power hatte, um die fünf Gegentreffer auszugleichen. Die Folge war davon war dann eben, dass man sang- und klanglos vom Aufsteiger vorgeführt und gedemütigt wurde.

Fazit

Zusammengefasst kann man konstatieren: Die Austria legte im wahrsten Sinne des Wortes einen katastrophalen Auftritt hin. Von Beginn an war man de facto nicht auf dem Feld anwesend, präsentierte sich im Defensivverbund wie ein ängstlicher Hühnerhaufen und ermöglichte dem Gegner damit Chance um Chance, da man weder in Zweikämpfe kam, noch kompakt als Einheit verschob. Dabei funktionierte in der Arbeit gegen den Ball rein gar nichts, angefangenen von der Abwehr, bis hin zum Angriff. Man hatte fortlaufend das Gefühl, es würden 11 Einzelspieler auf dem Spielfeld stehen und jeder kocht dabei sein eigenes Süppchen. Von einer mannschaftlichen Einheit war nichts zu sehen und da Fußball ein Mannschaftssport ist, bekam man auch das entsprechende Resultat ausgehändigt. Mit der schlechtesten Saisonleistung wird man nun wieder tief in die Krisenregion gestoßen und man fragt sich, ob es aus diesem Teufelskreis überhaupt noch einen Ausweg gibt. Bei der Austria muss sich jedenfalls vieles ändern und so kann es nicht weitergehen.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic