Im Achtelfinale des ÖFB-Cup stand das Nachtragspiel zwischen dem FK Austria Wien und dem TSV Hartberg auf dem Programm. Für beide ging es dabei... Analyse: Austria gewinnt Torspektakel gegen den TSV Hartberg

Im Achtelfinale des ÖFB-Cup stand das Nachtragspiel zwischen dem FK Austria Wien und dem TSV Hartberg auf dem Programm. Für beide ging es dabei um sehr viel, stand doch einerseits der Einzug in das Viertelfinale des Pokals auf dem Spiel, womit man andererseits die bislang enttäuschende Saison der beiden Vereine in der Bundesliga etwas abmildern könnte. Beide Teams holten am vergangenen Wochenende immerhin Punktgewinne, die moralisch wichtig waren. Das letzte Duell vor wenigen Wochen gewann Hartberg mit 2:1, weshalb sich die Austria auch für diese schmerzvolle Niederlage revanchieren wollte.

Austria tritt auf, wie eine Austria auftreten sollte

Beim letzten Duell der beiden Teams vor wenigen Wochen, enttäuschte die Austria vor allem in offensiver Hinsicht und konnte die vielen defensiven Geschenke und die Verunsicherung der Hartberger, aufgrund von eigenen Unzulänglichkeiten nicht wirklich ausnutzen. Diesmal sollte alles anders und die Violetten versuchten mit einem anderen Ansatz dafür Sorge zu tragen, dass man in diesem Spiel wesentlich griffiger agierte. Personell gab es im Vergleich zum vergangenen Wochenende kaum Veränderungen, einzig der stark aufspielende Jukic rückte in die Startelf und auf den linken Flügel. Der Jungspund bewies auch prompt seinen positiven Einfluss auf das Spiel der „Veilchen“ und war einer der Mitgründe dafür, dass die Austria eine starke Anfangsphase hinlegte. Jukic war an mehreren guten Aktionen und Abschlüssen beteiligt und hätte bereits nach wenigen Augenblicken das 1:0 besorgen können. Dass der Jungspund so gut zur Geltung kam, lag auch daran, dass die Austria ihren strategischen Ansatz änderte und vom passiven Verhalten abrückte, welches im letzten Duell gegen die Steirer ja bekanntlich nicht funktionierte.

Also gingen die violetten Gastgeber dazu über, die Hartberger von Anfang an anzupressen. Aus dem 4-4-2 heraus versuchte man das 4-2-3-1 der Hartberger mit einer klaren Zuteilung aggressiv anzulaufen und so zu Fehlern und zu langen Bällen zu zwingen. Dabei orientierten sich die beiden Stürmer direkt an den Innenverteidigern, während ein violetter zentraler Mittelfeldspieler zusätzlich nach vorne rückte, um den „Ankersechser“ der Steirer abzudecken. Dadurch deckte man die aufbauende Achse der Gäste recht gut ab und erhoffte sich so, Zugriff zu erlangen. Es war jedoch auch ein zweischneidiges Schwert, denn die Hartberger verstehen es wie nur wenige Mannschaften in der Liga, sich selbst unter Druck spielerisch von hinten befreien zu können. Das zeigten die Steirer bei ihrer ersten guten Chance, in der man das Pressing der Austria aushebelte, sich von hinten bis ganz nach vorne kombinierte und durch Rep zum Abschluss kam. Hartberg setzte den eigenen Torhüter Swete geschickt im Aufbauspiel ein, wodurch man gegen die drei anlaufenden Austria-Spieler eine Überzahl kreieren konnte. Attackierte einer der Violetten den Torhüter, wurde prompt ein Spieler frei und konnte so angespielt werden. Das passierte bei dieser Gelegenheit und so mussten die „Veilchen“ auf der Hut sein.

Hartberg überzeugt spielerisch, Austria zeigt sich eiskalt

Hilfreich war natürlich, dass man recht früh in Führung ging. Nach einem Ballgewinn in der eigenen Hälfte, schaltete die Austria gut um und über Sarkaria und Jukic kam der Ball zu Grünwald, der freistehend aus wenigen Metern zur Führung traf. Damit belohnten sich die Violetten auch für die gute Anfangsphase, wo man mehrere gefährliche Situationen kreieren konnte. Speziell über die Flügel konnten Jukic und Sarkaria viel Gefahr erzeugen und immer wieder für Durchbrüche sorgen. Sie rückten aber immer wieder auch geschickt in die Halbräume ein und besetzten den Zwischenlinienraum passend, wodurch sie die Lücken in der gegnerischen Formation bespielen konnten. Vor allem die Umschaltsituationen bekamen die Hartberger nicht wirklich in den Griff und man kam im Gegenpressing immer einen Schritt zu spät, wodurch es der Austria gelang Tempo aufzunehmen. Doch auch das Angriffspressing der Wiener zeigte Wirkung, wie etwa im Vorfeld des 2:0: Die Gastgeber erzwangen beim Attackieren einen langen Ball, den der starke Palmer-Brown abfing und nach vorne spielte, wo in weiterer Folge der im Pressing aufgerückte Zwierschitz an vorderster Front lauerte und im Nachschuss für das 2:0 sorgte.

Mit diesem Doppelschlag war die Austria nicht nur perfekt in die Partie gestartet, sondern erzielte zum ersten Mal in dieser Saison mehr als einen Treffer im ersten Durchgang. Doch wer jetzt dachte, dass die Hartberger die Köpfe hingen ließen, der irrte. Durch die Führung der Wiener, veränderte sich die Dynamik des Spiels etwas, da die Austria nämlich das Pressing zurückfuhr und passiver wurde. Man kehrte zur bekannten Grundhaltung zurück und setzte auf eine tiefe Kompaktheit, die in dieser Saison nicht wirklich erfolgreich war. Und Hartberg zeigte diese Schwachstellen direkt auf und übernahm nicht nur die Kontrolle des Spiels, sondern war am Drücker den Anschluss wiederherzustellen. Mit einem breit angelegten 4-2-3-1 schafften es die Steirer, mit einem strukturierten Positionsspiel die Austria horizontal zu strecken, um dann die entstandenen Lücken zu bespielen, oder sie anzulocken. Beispielsweise baute Hartberg auf der linken Seite ein Dreieck auf und zwang damit die Austria, mit dem Mittelfeld zum Ball zu verschieben, um Druck aufbauen zu können. So musste dann etwa der ballferne Mittelfeldspieler Jukic weit einrücken, um das Zentrum halbwegs dicht zu bekommen und die strategische Unterzahl auszugleichen (4-4-2 vs. 4-2-3-1), wodurch allerdings der ballferne Flügel wiederum offenstand.

Hartberg gelang es immer wieder, die ballfernen Flügel zu bespielen und über diese Zonen ins letzte Drittel einzudringen. Dadurch mussten die violetten Gastgeber viel hinterherlaufen und bekamen defensiv nicht wirklich passenden Zugriff, wodurch man darauf angewiesen war, dass zumindest die Strafraumverteidigung funktionierte. Das tat sie oftmals auch, denn zumeist schlugen die Steirer Flanken in den Strafraum, die die großgewachsenen Palmer-Brown und Handl gut verteidigen konnten. Dennoch war das (defensive) Fundament der Austria auf wackligen Beinen und Hartberg kam zu mehreren gefährlichen Situationen, wo man den Anschlusstreffer hätte erzielen können. Ergo viel Sicherheit strahlten die Violetten trotz der Führung nicht aus und man hatte das Gefühl, dass mit einem Anschlusstreffer das Spiel wieder völlig offen wäre. Genau in dieser Phase gelang den Violetten jedoch das 3:0, welches äußerst glücklich zustande kam. Den Wienern dürfte dies egal gewesen sein und so ging man trotz einer engen Partie mit einem komfortablen Vorsprung in die Halbzeitpause.

Beide Teams stellen System um

Vor dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit, nahmen beide Teams noch Veränderungen vor und wechselten neue Spieler ein. Die Austria brachte Spielmacher Fitz und stellte auf ein 4-2-3-1 um, womit man auch das System des Gegners von nun an spiegelte. Hartberg stellte mit den Wechseln auf ein offensiveres 4-3-3, wobei man vor allem strategisch im Aufbauspiel zu einer interessanten Variante griff: Die Steirer bauten nun nämlich mit einer „Dreierkette“ auf, da sich Linksverteidiger Klem auf die Höhe der beiden Innenverteidiger zurückfallen ließ. Damit wollte man einerseits dem Rechtsverteidiger Gölles ein weiteres Aufrücken ermöglichen, der mit Flügelspieler Ried im Duett für Durchbrüche sorgen sollte, andererseits sollte Horvath auf der linken Seite freigeschoben werden, da man die Austria ins Zentrum lockte. Vereinfacht gesagt sollte dadurch das System der Violetten noch stärker destabilisiert werden, indem die Gäste in den entscheidenden Räumen Überzahl kreierten.

Doch bevor die ganzen Überlegungen ihre Wirkung entfalten konnten, schlug die Austria erneut eiskalt zu. In den ersten Minuten nach dem Wiederanpfiff, kehrte man wieder zum Pressing zurück und setzte die Gäste früher unter Druck, was sich prompt bezahlt machte. Erneut war es der starke Palmer-Brown, der sich mit seiner energischen Vorwärtsverteidigung auszeichnen konnte und den Ball eroberte, ehe nachfolgend Fitz mit einem wunderbaren Chipball Sarkaria bediente, der staubtrocken den Ball ins Tor drosch. Mit dem 4:0 war das Spiel de facto entschieden, sollte man zumindest meinen. Doch die Austria zeigte auch weiterhin in der Defensive ein anfälliges Verhalten und den Hartbergern wurde es überhaupt nicht schwer gemacht, in das letzte Drittel einzudringen. Dadurch stellte sich auch trotz der hohen Führung das Gefühl der Sicherheit nicht wirklich ein und Hartberg kam weiterhin zu Chancen und erzielte das 1:4. Die Austria konterte später dies mit dem 5:1 durch den eingewechselten Fitz, wodurch zumindest etwas Ruhe einkehrte.

Austria-Trainer Stöger wechselte danach mehrmals und versuchte einigen Akteuren Spielpraxis zu geben, weshalb man eher offensiver als defensiver wurde, was den Steirern nochmal zusätzlich Aufwind gab. In der Schlussviertelstunde wackelten die Wiener gehörig, ließen einige gefährliche Situationen zu und Hartberg machte noch zwei Treffer und verkürzte damit auf 3:5. Vor allem die Flügel bekam die Austria gar nicht mehr verteidigt und verlor da die Zweikämpfe und da man hier auf Manndeckung setzte, wurde es meist prompt gefährlich. Hartberg bekam dann kurz vor Schluss noch einen weiteren Elfmeter zugesprochen und damit die Möglichkeit, auf 4:5 zu verkürzen. Chabbi scheiterte jedoch an der Stange und vergab damit die letzte Chance, doch noch für die Sensation zu sorgen, weshalb die Violetten den Sieg in trockene Tücher brachten.

Fazit

Es war letztlich ein Tor-Spektakel bei dem Duell zweier kriselnder Teams, mit dem keiner so richtig rechnete. Vor allem deshalb, da die Austria in der Liga bislang nur acht Treffer erzielte und in einem Spiel mehr als 50 Prozent davon egalisierte. Noch dazu wurden alle Tore aus dem laufenden Spiel heraus erzielt, womit man in dieser Kategorie mehr als in der bisherigen ganzen Saison zusammenbrachte. Ausschlaggebend dafür war sicherlich, dass die Violetten einen wesentlich aktiveren strategischen Ansatz wählte und die Steirer in vielen Phasen frühzeitig unter Druck setzte. Das machte sich nicht nur im Spiel bemerkbar, sondern führte auch zu zwei direkten Treffern, die man dadurch einleiten konnte. Doch beide Teams hatten auch große Probleme in der Defensive und boten dem Kontrahenten viele Möglichkeiten und Räume an, wodurch eine Hülle und Fülle an Torchancen entstand. Die Austria muss danach trachten, besser im Block zu verteidigen, die Abstände knapper zu halten und vor allem nicht zu tief zu stehen, um nicht in Gefahr zu laufen, eingeschnürt zu werden. Dennoch zeigten die „Veilchen“ erste Ansätze in die richtige Richtung und demonstrierten erneut, dass der Mannschaft eine aktivere Spielweise wesentlich besser liegt, als passiv und destruktiv zu agieren.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic