Im Cup geht’s ums Weiterkommen und nicht darum, Schönheitswettbewerbe zu gewinnen. Das hat Rapid gestern gegen Ried geschafft – aber mit einigen taktischen und... Analyse: Rapid wirft Ried aus dem Cup

Im Cup geht’s ums Weiterkommen und nicht darum, Schönheitswettbewerbe zu gewinnen. Das hat Rapid gestern gegen Ried geschafft – aber mit einigen taktischen und auch kämpferischen Schönheitsfehlern.

Das kämpferisch starke 2:0 gegen den LASK war eine willkommene Reaktion auf die laxen Leistungen der vorangegangenen Wochen. Nun war die Frage, ob Rapid diese Intensität gegen die SV Ried bestätigen kann. Haben die Hütteldorfer verstanden, worum es geht, oder nicht?

Ried kampfeslustiger

Im Eiskasten Weststadion waren die niedrigen Temperaturen und der harte Boden ein Problem für beide Teams. Aber die Rieder entpuppten sich als größere „Drecksäue“, die sich für keinen Zweikampf zu schade waren. Bei Rapid hatte man häufig wieder den Eindruck, dass man die Partie mit 90% Leistungsvermögen herunterspulen möchte.

Schmutzige Partie nicht zu 100% angenommen

Bei manchen Spielern konnte man vermuten, dass Zweikämpfe, die einen unangenehmen Bodenkontakt zur Folge haben könnten und sogar der eine oder andere Kopfball wenn möglich vermieden oder nicht intensiv geführt werden sollten. Irgendwie kamen wieder die Schönwetterader und der Rückfall in eine gewisse Komfortzone zum Vorschein. Nicht beim Großteil der Rapid-Spieler, aber bekanntlich ist eine Kette immer nur so gut, wie ihr schwächstes Glied.

Rieder Führung als wichtiger Weckruf für Rapid

Bis kurz vor dem Ausgleich in der 75.Minute war das Spiel für den geneigten Rapid-Sympathisanten schlichtweg nicht anzusehen. Man möchte fast sagen, grauslich wie die Temperaturen. Dass die Djuricin-Elf kurz vor der Pause aus einem Wießmeier-Elfmeter das 0:1 kassierte, war dabei fast schon ein Glücksfall, weil Rapid dadurch in der zweiten Halbzeit stärker unter Druck stand und das bedächtige Spiel der ersten Halbzeit nicht fortführen konnte.

Ried lässt schwache Rapidler leben

Zu Beginn der zweiten Hälfte hatte Rapid Glück: Ried hätte in mehreren Situationen das zweite Tor erzielen müssen – der Tabellenführer der sky go Erste Liga ließ den Gastgeber am Leben. Eine Instinkthandlung und ein Brechstangentor drehten das Spiel dann innerhalb von zwei Minuten zugunsten der Hütteldorfer.

Instinkt und Brechstange

Boli Bolingoli entschied sich nämlich in einer entscheidenden Szene nicht für den vorauszuahnenden Standard-Flügelpass auf den sehr schwachen und teilweise lustlos agierenden Schobesberger, sondern für eine Flanke aus dem Stand – trotz schlechterer Positionierung. Wießmeier wurde zu einer unglücklichen Handbewegung gezwungen, stand auch zu nah an Bolingoli, um diese noch zu korrigieren – den Handelfmeter verwertete Joelinton, einer der Stärksten, souverän. Unmittelbar danach flogen im Zuge einer langgezogenen Szene mehr Bälle in den Ried-Strafraum als in den 75 Minuten zuvor. Die letzte Hereingabe von Murg, die nur zustande kam, weil Ried so stark unter Druck gesetzt wurde, dass der Rapid-Rechtsaußen noch einmal an den Ball kam, fand Kvilitaia und der netzte trocken zum Siegtreffer ein. Erst danach fand Rapid die Sicherheit, um den Vorsprung nach Hause zu spielen.

Taktische Probleme im Raum

Allerdings sollte man nicht über die Minuten 75 bis 77 sprechen, sondern über die 74 Minuten zuvor. In dieser Zeit war Ried nämlich die konkretere, kämpferisch stärkere Mannschaft. In der ersten Halbzeit hatte der Bundesliga-Vierte mit schweren Problemen im Raum zu kämpfen. Djuricins In-Game-Coaching war unzureichend und auch die Spieler selbst, konnten ihre durchgängigen Stellungsfehler nicht eigeninitiativ abstellen. Gepaart mit der fehlenden Dynamik und Zielstrebigkeit erinnerte die erste Halbzeit in ihrer Gesamtheit an einige schwache Partien in der Barisic-Ära.

Staffelungsprobleme auf der Zentralachse

Zunächst passte die Staffelung auf der Zentralachse nicht. Ljubicic, der einen äußerst schwachen Tag erwischte, war weitgehend für die Gestaltung des Spiels zuständig. Thanos Petsos wirkte etwas sicherer als Ljubicic, nahm sich aber selbst zu häufig aus dem Spiel. Der Grieche orientierte sich entweder stark zu den eigenen Innenverteidigern, um eine absichernde Rolle zu spielen, oder aber auf den passiven Flügel. Rapid baute das Spiel häufig über die Seiten auf, Petsos fehlte aber in mehreren Szenen am aktiven Flügel. Joelinton musste sich demnach auf der ballnahen Halbposition oder auf der zentralen Position stärker anbieten. Gleichzeitig hatte der Brasilianer einen natürlichen Drang nach vorne, weshalb die Absicherung nach hinten fehlte. Joelinton musste praktisch zwei Positionen gleichzeitig bekleiden, was er nicht schaffen konnte. Die Rieder kamen dadurch immer wieder in recht gefährliche Kontersituationen.

Mehr Überzahlsituationen für Ried

In der ersten Halbzeit schaffte es Rapid nicht, dieses Problem per In-Game-Coaching oder in Eigeninitiative abzustellen – viel problematischer war jedoch, dass sich das Problem zu Beginn der zweiten Hälfte sogar noch vergrößerte, was den Riedern große Chancen eröffnete. In zahlreichen Situationen sahen sich Rapid-Spieler einer verteidigenden Überzahl an Riedern gegenüber. Nur selten schaffte Rapid ballnahe Überzahlsituationen. Dieses Staffelungsproblem der Positionen 6, 8 und 10, sowie das unzureichende Verschieben der „gegenüberliegenden“ Mannschaftsteile sorgten dafür, dass aus dem Spiel heraus nur wenige Szenen erarbeitet werden konnten. Ein Elfmeter und eine Flankenserie sorgten folgerichtig für die Entscheidung zugunsten Rapid – extrem glücklich, denn diese Gelegenheiten bekommt man nicht in jeder Partie.

Szantos Einwechslung bringt Positionsstabilität in der Mitte

Djuricin sah dies nach einer knappen Stunde auch: Der spielverändernde Wechsel war die Auswechslung des schwachen Ljubicic zugunsten von Tamas Szanto. Der junge Ungar interpretierte seine Rolle als Achter wesentlich freier und wirkte in den Zweikämpfen entschlossener. Szanto legte sein Laufspiel stärker in die Breite an, wodurch Petsos sich durchgängig zentraler positionieren konnte und auch Joelinton entlastet wurde. Dadurch deckte Rapid gruppentaktisch größere Bereiche des zentralen Mittelfelds ab und als Resultat dessen wurden auch die Flügelspieler stärker.

Entlastung für die Flügelspieler

Thomas Murg sah sich einer ähnlichen Situation wie gegen den LASK gegenüber. Er kam nicht gut ins Spiel und musste sich Stück für Stück hineinkämpfen. Nach Szantos Einwechslung stellte Rapid mehr Überzahlsituationen her. An Auers Offensivdrang auf der rechten Seite mangelte es ohnehin nicht. Der 23-Jährige wurde dadurch freier und hatte mehr Möglichkeiten für Flanken und tödliche Pässe. Auch Schobesberger wurde mit Szantos Einwechslung etwas besser und hatte neben Bolingoli auch zentral besser gestaffelte Anspielstationen. Dennoch muss der Oberösterreicher seine Leistung hinterfragen, denn was er in der ersten Stunde ablieferte, war eines „Starspielers“ erneut nicht würdig.

Vorne festgesetzt – Partie gedreht

Die veränderten Staffelungen in der Zentrale sorgten schließlich dafür, dass sich Rapid endlich im letzten Drittel festsetzen und so den Sieg erzwingen konnte. Über die erste Stunde sollte aber dennoch nicht der Mantel des Schweigens gehüllt werden, auch wenn im Cup nur eines zählt: Der Aufstieg.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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